Freitag, 21. Juni 2019

Standortbestimmung im Notfall - Stand 06-2019

Vor nicht ganz drei Jahren schrieb ich über die Standortbestimmung im Notfall und wie man diesen seinen Standort an eine Rettungsstelle übermitteln kann.

Dieser Post ist - erfreulicherweise - einer der am häufigsten gelesenen in meinem Blog. Das zeigt mir, dass dieses Thema nicht nur mich bewegt, sondern auch viele andere.

In diesen drei Jahren hat sich aber inzwischen sehr viel getan. Zeit also, über den aktuellen Status zu berichten. Die positive Message dabei: es hat sich sehr viel verbessert und es hat sich sehr stark vereinfacht. Allerdings nicht für alle: die Nutzung dieser Verbesserungen ist abhängig vom verwendeten Telefon, vom Standort und ev. auch vom Telefondienstleister.


Quelle: pixabay




Verbesserung durch AML / ELS

AML (Advanced Mobile Location) ist ein Standard, der ursprünglich von der British Telekom (BT) entwickelt wurde. Er ist quelloffen, dh. BT verlangt keine Lizenzgebühren dafür, der Standard kann von allen einfach so verwendet werden.

Google hat das sehr früh umgesetzt und nennt seine Implementierung ELS (Emergency Location Service). Wer sich näher dafür interessiert, sei an diese sehr gute Seite von Google verwiesen, dort wird das genau erklärt. Konkret ist ELS in android seit Version 4.0 (Jahr 2011) im System integriert, dh. man muss dafür keine eigene App installieren, sondern ELS ist einfach immer dabei. Über 99% der android-Smartphones laufen mit android 4.0 oder höher, sodass ELS bereits eine sehr hohe Verbreitung hat.

Apple hat sich ein wenig mehr Zeit gelassen und nahm AML erst im Frühjahr 2018 auf (iOS 11), nachdem Apple von zahlreichen Seiten dazu gedrängt wurde.

Ich werde mich in weiterer Folge nur noch auf ELS beziehen, weil mir die android-Welt geläufiger ist als das Apple-Biotop.

Der Ablauf ist so einfach, wie er nur sein kann:

  • Jemand setzt einen Notruf ab, indem er/sie eine der anerkannten Notrufnummern (etwa die europäische 112) anruft.
  • Das Smartphone schaltet selbstständig GPS (in Zukunft auch Galileo) und WLAN ein, falls das noch nicht der Fall ist - also ohne Zutun des Anwenders. ELS ist also insofern stromsparend, als es den Anwender nicht zwingt, ständig GPS und WLAN eingeschaltet zu haben!
  • Der Standort wird dann möglichst genau aus den GPS-Daten, den bekannten WLAN-Netzen und dem Standort des Telefonmasten, an dem das Telefon angemeldet ist, ermittelt.
  • Dieser Standort wird jetzt (ebenfalls automatisch) an die Notrufstelle übermittelt.
    Für Techies: entweder per DataSMS oder mittels http-Requests, das kann sich die Notrufstelle aussuchen.
  • Die Notrufstelle weiß also jetzt, wo der Anruf herkam - bis auf wenige Meter genau, aber das reicht in der Praxis bei weitem. Und jetzt kann sie die weiteren notwendigen Schritte setzen.
  • Nach Beendigung des Anrufs schaltet das Smartphone GPS bzw. WLAN wieder aus, falls das vor dem Anruf so war. Es stellt also den ursprünglichen Zustand wieder her.

Damit das auch wirklich so ablaufen kann, sind natürlich ein paar technische Voraussetzungen notwendig - und damit bin ich bei den Einschränkungen.


Telefon

Es muss ein Smartphone von Apple oder eines aus der android-Welt sein. Telefone, die keine Smartphones sind, also nur telefonieren und SMSen können, können daran nicht teilnehmen. Für sie bleibt alles unverändert, so wie in meinem ursprünglichen Post beschrieben (Ortung per Sendemast).

Falls es aber ein Smartphone ist, muss es eben mindestens android 4.0 oder iOS 11 haben; das sind inzwischen de facto alle.


Standort des Notrufs

Auch die Notrufstelle muss natürlich auf AML / ELS vorbereitet sein. Die gute Nachricht dabei: Österreich hat es bereits umgesetzt, dh. der oben beschriebene Ablauf funktioniert hier genau so!

Weitere Länder, in denen das bereits funktioniert, sind mit heutigem Stand (Juni 2019): Belgien, Dubai, Estland, Finnland, Irland, Island, Litauen, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Slowenien, Vereinigte Staaten (nicht flächendeckend, nicht durch alle Mobilfunknetzbetreiber unterstützt), Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland.

Deutschland ist leider noch nicht dabei. Da scheint der Notruf regional so zerstückelt zu sein, dass eine einheitliche Regelung schwieriger sein dürfte als in anderen Ländern.

Noch eine gute Nachricht gibt es zum Standort: Die EU-Kommission steht hinter diesem Standard und schreibt allen EU-Mitgliedsländern vor, AML bzw. ELS bis Ende 2020 eingeführt zu haben! Dh. spätestens mit Beginn 2021 ist dieser vereinfachte Notruf in der gesamten EU verfügbar!


Telefondienstleister

Auch die Provider müssen mitspielen und diesen Standard unterstützen. In der EU ist das, wie oben erwähnt, spätestens 2021 der Fall. Wie aber ebenfalls bereits oben erwähnt, ist das in den USA leider nicht der Fall. Dort ist man also darauf angewiesen, den "richtigen" Provider zu haben, damit AML funktioniert.

Im Ausland (Stichwort roaming) muss der gewählte Provider natürlich ebenfalls AML unterstützen.

Und man muss mit seinem Telefon natürlich überhaupt mit einem Provider verbunden sein. Wenn das Telefon keine SIM-Karte enthält, ist AML natürlich ebenfalls nicht möglich. Da bleibt dann nur noch die "alte" Technik, wie im ursprünglichen Post beschrieben.


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OLC bzw. Plus Code


In meinem alten Post aus 2016 hab ich noch what three words beschrieben. Das dürfte sich bei uns nicht verbreiten. Dafür scheint sich der Open Location Code (OLC) durchzusetzen. Das ist ebenfalls ein offener Standard, den insbesondere Google in seine Anwendung Google Maps integriert hat. Google nennt diese seine Implementierung Plus Code. Wie der genau funktioniert, ist im oben verlinkten Artikel der Wikipedia bzw. in dem sehr guten Hilfe-Artikel von Google ausführlich beschrieben. Ich möchte hier daher nicht näher darauf eingehen, in den beiden Artikeln ist meiner Meinung nach alles gesagt.



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Wenn also alle EU-Länder einmal AML/ELS umgesetzt haben, wird die Übermittlung des Standortes im Notfall also wesentlich einfacher sein als noch vor drei Jahren! In Österreich sind wir in der glücklichen Lage, dass das hier bereits erledigt wurde!

So soll es sein!

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