Sonntag, 24. November 2013

"Mutter Courage" im Burgtheater

Gestern gab es im Burgtheater Bert Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder".
Brechts Holzhammertheater ist normalerweise nicht so mein Geschmack, aber ich wurde positiv überrascht - es war ein gelungener Theaterabend!

In der Wikipedia gibt es einen kilometerlangen Artikel über dieses Stück - samt Aufführungsgeschichte, Interpretationen, Kaffeesudlesen, Brecht-Astrologie und Psychoblabla. Natürlich wird auch der Inhalt ausführlich erzählt, sodass ich mich hier kurz fassen kann.

Bereits seit einigen Jahren herrscht in Europa Krieg, den sie später "den 30jährigen" nennen werden. Anna Fierling (genannt "Mutter Courage") zieht mit ihren drei Kindern auf einem Planwagen im Tross der Armeen mit und hält sich mit Handel so einigermaßen über Wasser. Obwohl sie sich geschäftlich recht geschickt verhält und ihr die Kinder über alles gehen, verliert sie zuletzt doch alles: die Kinder sind tot, ihr Begleiter der Feldprediger ist wieder als solcher aktiv und aus dem Plan, gemeinsam mit dem Koch ein Wirtshaus in Utrecht zu führen, wird auch nichts. Am Ende bleibt sie allein zurück.

Aber jetzt wird's interessant. Was will uns dieses Stück, was will uns der Autor sagen? Brecht selbst sieht seine Courage als Sinnbild des Kapitalismus, der versucht, am Krieg zu verdienen und daran scheitern muss so wie alle anderen auch. Am Krieg können alle nur verlieren.

Jutta hat die Aufführung auch eher in dieser Richtung verstanden; sie meint auch, dass der Mutter das Geschäft immer wichtiger ist, als die Kinder. Schlüssel dazu wäre die Szene, als sie versucht, mit der Armee über den Preis des Lösegeldes für ihren Sohn zu verhandeln bis es zu spät ist.

Bei mir ist es aber ganz anders angekommen: da ist eine Mutter, die versucht, sich selbst und die Ihren irgendwie durchzubringen. Mit ihrem kleinen Handel im Schatten der Armeen gelingt ihr das so grade. Die Kinder gehen ihr über alles: als der Feldwebel versucht, ihre Söhne anzuwerben, stellt sie sich mit dem Messer dazwischen; als der Koch ablehnt, die stumme und von einer bösen Narbe entstellte Tochter Kattrin mit nach Utrecht zu nehmen, lehnt sie das attraktive Angebot ab. Als Sinnbild für den Kapitalismus ist mir Mutter Courage nie erschienen, dazu ist sie mit ihrem Planwagen einige Nummern zu klein. Da hätten für mich schon Flick oder Krupp oder die IG-Farben auftreten müssen.

Diese meine Auffassung des Stückes war schon zu Lebzeiten von Brecht für ihn ein Problem, denn er wollte sie ja eher als Kapitalistin sehen. Er hat daher nach den ersten Aufführungen sogar noch etwas nachgebessert bzw. nachgeschärft, um seine Meinung etwas deutlicher zum Vorschein treten zu lassen. Hat für mich aber nicht wirklich was gebracht, denn sonst hätte ich es nicht so verstanden, wie ich es eben verstanden habe.

Die inhaltlichen Schwächen (wie ich meine) sollen aber nicht auf die Inszenierung und auf die darstellerischen Leistungen abfärben! Denn beides war ausgezeichnet! Das Bühnenbild ist einfach und klar, und die Hauptpersonen sind erste Wahl; vor allem Mutter Courage selbst, der Feldprediger, der Koch, die Wanderhure Yvette, sowie die drei Kinder der Courage.

Probleme hatte ich nur mit der Musik und einigen Nebenrollen, wie zum Beispiel dem Feldwebel.
Die Musik war im Verhältnis zu den Gesängen einfach zu laut, die Texte der Lieder kaum zu verstehen; weniger wäre hier mehr gewesen. Und das Gekreische des Feldwebels machte ein Verstehen praktisch unmöglich - schade.

Etwas überraschend war für mich der etwas höfliche und durchschnittliche Schlussapplaus. Der hätte für meinen Geschmack für diese Leistung durchaus enthusiastischer und länger ausfallen können.

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