Sonntag, 8. Juni 2025

Albanien-Rundreise 2025 - Teil 1

Vor drei Jahren entdeckte ich den albanischen Schriftsteller Ismail Kadare für mich. Nachdem ich die Lektüre von "Geboren aus Stein" beendet hatte, wollte ich am liebsten meine sieben Sachen packen und Albanien erkunden – so interessant und lebendig wie er dieses Land schilderte.

Letztes Jahr kam mir auch noch die beste Autobiografie, die ich bis jetzt las, unter die Hände, nämlich die von Lea Ypi "Frei". Nach diesem Buch gab es praktisch kein Halten mehr, ich musste unbedingt nach Albanien, um dieses Land zumindest ein bisschen kennenzulernen!

Jetzt, Anfang Mai, war es soweit!

Wir buchten eine Rundreise, die nur eine Woche dauerte, die aber mit Programm und Stationen vollgepackt war.

Bei so vielen Haltestellen entstehen natürlich auch wieder zahlreiche Fotos! Ich hab mich wirklich redlich bemüht, aber den ganzen Packen auf 200 Bilder zusammenzustreichen, ist mir einfach nicht gelungen. Dafür hatten wir einfach zu viele Haltepunkte!

Die Fotos stelle ich wie immer in einem Web-Album bereit. Und auch diesmal wieder der Hinweis auf die Anleitung, wie man so ein Album "bedient" und welche Informationen da drinnen stecken!

So, genug der Einleitung. Auf nach Albanien!

Das inzwischen gewohnte Reisequartett


Einleitung, Motivation

Zu meiner Schulzeit war Albanien ein weißer Fleck auf der Landkarte. Nach dem Bruch des Regimes mit sämtlichen Nachbarn, der Sowjetunion und später sogar mit China, war Albanien das "Nordkorea Europas": Völlig abgeschottet, Informationen drangen nur sehr spärlich nach draußen. Enver Hoxha hatte das Land fest im Griff – ganz nach seinem großen Vorbild Stalin. 

Selbst nach Enver Hoxhas Tod (1985) konnte sich das Regime noch weiter halten, bis es als letztes der Ostblockländer 1990 ebenfalls zusammenbrach.

Die Nachrichten, so es sie gab, wurden aber nicht unbedingt besser. Das Land versank in Korruption und in einem Strudel von Pyramidenspielen, der nach deren Zusammenbruch direkt in einen Bürgerkrieg mündete (lies nach bei Lea Ypi). Erst ein militärisches Eingreifen (mit internationaler Unterstützung) beendete das anarchische Chaos.

Das war 1997. Erst seither kommt Albanien in halbwegs geordnete Bahnen und in ruhigeres Fahrwasser. Korruption ist zwar immer noch ein Riesenthema, aber andere Felder, wie Justiz, sind schon recht aufgeräumt. Der Ausblick auf einen EU-Beitritt ist unheimlich motivierend und die Verhandlungen sind, wenn ich das richtig sehe, schon sehr weit fortgeschritten.

Edi Rama, der das Land als Premier seit 2013 anführt, hat als Ziel einen EU-Beitritt für 2030 angepeilt. Möglicherweise ein etwas ambitioniertes Ziel, aber mal sehen.

Ich wiederhole mich: Höchste Zeit also dieses Land kennenzulernen!


Samstag, 3. Mai


Nach der Ankunft am "Mutter Teresa"-Flughafen in Tirana fuhren wir mit dem Bus gleich einmal in den Norden des Landes, begleitet von unserem Reiseleiter Erion Avllazagaj

Der ist promovierter und habilitierter Philologe / Kommunikationswissenschaftler und fachlich unglaublich kompetent, was Land und Leute betrifft. Reiseleitung macht er nebenbei so etwa drei Monate im Jahr. 

Allerdings kam es schon vor, dass er sich in dem einen oder anderen Museum etwas verzettelte und in Zeitnot kam und damit den eh schon dichten Reiseplan etwas durcheinanderwirbelte. Sein umfangreiches Wissen war ihm auch manchmal im Weg, wenn er uns im Bus etwas erzählte und dabei etwas den roten Faden verlor, weil ihm dazu und noch dazu und auch noch dazu was Interessantes einfiel. Aber sei's drum, wir sind überall hingekommen und haben alles gesehen, was wir geplanterweise sehen sollten.

Mutter Teresa vor dem Flughafen Tirana.
Sie ist die National-Heilige des Landes


Shkodra

Shkodra ist das alte Zentrum des nördlichen Albaniens. Auf dem Hügel neben der Stadt thront die Festung Rozafa. Unsere erste Festung, etliche weitere werden noch folgen.

Der Legende nach war der Bau der Festung sehr mühsam, immer wieder stürzten die Mauern ein. Ein weiser Mann gab den Erbauern den entscheidenden Tipp, wie sie den Bau doch noch hinbekommen würden. Und so entstand die Sage von Rozafa, die in der Burg halb eingemauert wurde.


Mittags am Skutarisee, dem größten See des Balkans

Unser Reiseleiter Erion

Festung Rozafa

Wendeltreppe nach unten

Unser Hotel in Shkodra hatte einen sehr schönen Innenhof

Frühstücksraum

An der Hotelwand



Einschub: Bevölkerung, Religionen, Sprache

Albanien ist im wesentlichen zweigeteilt:

  • Die nördliche Hälfte ist archaischer als der Süden und spricht den Gegischen Dialekt. Shkodra war und ist ein katholisches Zentrum. Wenn man auf eine Kirche trifft, dann ist sie eher katholisch und nicht orthodox.
  • Die südliche Hälfte wurde von den Osmanen stärker geprägt, man trifft aber überall orthodoxe Kirchen an. Gesprochen wird hier der Toskische Dialekt des Albanischen

Es gibt in den Nachbarländern starke albanische Minderheiten. Sie wurden es erst durch die Grenzziehung  nach dem Ersten Weltkrieg. 

Die heutigen Albaner stammen wahrscheinlich von den Illyrern ab. Für diese These spricht vor allem die sprachliche Nähe des Albanischen zur Sprache der Illyrer. Es gibt auch noch andere Thesen, so ganz geklärt dürfte dieses Thema also noch nicht sein.

Der Islam ist im ganzen Land verbreitet (ca. 55% der Bevölkerung), tritt aber recht unaufgeregt in Erscheinung (kein Vergleich etwa zu Marokko, das wir letztes Jahr besuchten). Der Islam kam mit der Osmanischen Herrschaft und wer bei den Osmanen ein öffentliches Amt antreten wollte, musste zum Islam konvertieren.

Generell sind Religionen nicht soo wahnsinnig wichtig. Die Albaner sind etwa so religiös wie die Schäfchen in Österreich und Deutschland – also kaum. 

Das ist auch eine Nachwirkung des radikalen Verbots jedweder Religionsausübung während der Hoxha-Diktatur. Damals wurden Religionen nicht bloß nur verboten, sondern zahlreiche Kirchen und Moscheen wurden systematisch zerstört.



Sonntag, 4. Mai


Brücke von Mes

Nach dem Frühstück machten wir einen kurzen Ausflug zur Brücke von Mes (ura e Mesit), die etwas außerhalb von Shkodra liegt.

Diese Bogenbrücke aus dem 18. Jhdt. ist besonders lang und besonders gut erhalten. Deshalb ist sie auf vielen Abbildungen im Zusammenhang mit Albanien zu sehen (Buchcover, Reiseführer etc.)






Neben der alten Brücke läuft gleich eine neue parallel dazu.
Plötzlich war die sehr belebt!


Shkodra

Danach kehrten wir noch einmal nach Shkodra auf einen kleinen Stadtbummel zurück.


Ebu Bekr-Moschee von außen ...


... und innen
Sie ist die Hauptmoschee in Shkodra


Die Kathedrale von Shkodra ist dem Hl. Stephan gewidmet

Mutter Teresa darf nicht fehlen

In der Kathedrale gibt es eine Gedenk-Ecke für katholische Märtyrer des Hoxha-Regimes



Kruja

Georg Kastrioti (später Skanderbeg genannt) war ein albanischer Fürst, dem es 1443 gelang, seine Burg in Kruja von den Osmanen zurückzuerobern. Er sammelte ein paar Monate später weitere albanische Fürsten um sich; gemeinsam bildeten sie die Liga von Lezha und gemeinsam gelang es ihnen in mehreren Schlachten, die Osmanen für etwa 25 Jahre von Albanien fernzuhalten.

Skanderbeg (sein Name ist übrigens eine Anspielung auf Alexander den Großen) gilt in Albanien als der Nationalheld schlechthin; von Rom bekam er sogar den Titel "Verteitiger des Glaubens". Zu dieser Zeit war der Islam in Albanien also noch nicht verbreitet!

10 Jahre nach dem Tod Skanderbegs gelang es den Osmanen 1478, Albanien endgültig unter ihre Kontrolle zu bringen: Kruja wurde 1478 eingenommen, Shkodra ein Jahr später.

Skanderbegs Name (im Albanischen auch "Kastrati") wird auch von einer Tankstellenkette geführt.
Sein Helm (mit Ziegenkopf) ist deren Logo.


Ein Bauwerk innerhalb der Festung ist eine monumentale Gedenkstätte für Skanderbeg. Die Entwürfe entstanden übrigens im Rahmen der Diplomarbeit von Enver Hoxhas Tochter Pranvera; eröffnet wurde sie 1982. 

Im Eingangsbereich sind überlebensgroße Statuen von Skanderbeg und den anderen Fürsten der Liga zu sehen. In den weiteren Räumen sind zahlreiche Gemälde und Gegenstände rund um Skanderbeg ausgestellt.


Festung von Kruje

Skanderbeg-Museum


Skanderbeg mit der Liga

Hier wieder mit dem charakteristischen Helm

Im Museum wird eine Kopie des Helms ausgestellt.
Das Original befindet sich in der Wiener Hofburg!



Ein weiteres Gebäude (ehemaliges großes Herrenhaus) beherbergt heute ein ethnografisches Museum. Zu sehen gibt es darin Gegenstände und Werkzeuge des Alltags sowie vollständig eingerichtete Zimmer, die das Leben einer hochgestellten Familie von damals erfahrbar machen.

Aufgang zum Ethnografischen Museum


Holzdecke



Olivenpresse, Trog mit Ölabscheider






Durres

Am späteren Nachmittag kamen wir noch in Durres an, nur um dort einen kleinen Spaziergang zu machen. So wahnsinnig viel gesehen haben wir von der Stadt also nicht. 

Allerdings ist der Tourismus in Durres nicht sehr entwickelt. Außer dem Amphitheater und Teilen der venzianischen Stadtmauer dürfte nicht allzu viel Sehenswertes da sein. 

Die Bedeutung von Durres ist einfach sein Hafen: Er ist Albaniens Tor zur Adria und somit zur weiten Welt!

Haus aus venezianischer Zeit, heute Hotel


Das Amphitheater war am späten Nachmittag bereits geschlossen.
Viel mehr als auf diesem Foto gibt es aber ohnehin nicht mehr zu sehen.

Das österreichische Schiff "Linz" wurde 1918 kurz vor Durres von italienischen Torpedos versenkt.
Mit 2700 Opfern gilt diese Versenkung als größte Katastrophe der österreichischen Seefahrt.



Skulptur des Rodon, dem illyrischen Gott der Wanderer und Seefahrer



Für den Rest des Tages blieb dann nur noch die Fahrt nach Tirana.


Montag, 5. Mai


Tirana

Gleich nach dem Frühstück brachen wir zu einem großen Stadtspaziergang durch Tirana auf.

Er führte uns zunächst zum Archäologischen Museum Tiranas; der Leiter des Hauses führte uns durch die Austellungsräume. Hier machte sich das etwas unterentwickelte Zeitgefühl unseres Reiseführers besonders bemerkbar: Er hielt sich bei den einzelnen Vitrinen viel zu lang auf und führte im Wesentlichen einen Dialog mit dem Museumsleiter. Die Gruppe wäre sehr viel schneller mit dem Museum fertig gewesen.

Nur 5-6 cm groß!


Beil aus der Bronzezeit


Aber irgendwann waren wir dann doch wieder draußen und konnten auch noch andere Gebäude sehen.


Die Fassade zeigt die Umrisse und Höhenzüge Albaniens

Der Albanische Adler auf der Ampel.
Albaniens Version des Apfelmännchens.

Palast des Staatspräsidenten


Palast des Premierministers

Orthodoxe Kathedrale






Der Pope begrüßt den Täufling am Eingang der Kathedrale





Die Pyramide war einmal als Hoxha-Mausoleum gedacht.
Nach der Wende war lange Zeit nicht klar, was damit geschehen soll, sogar ein Abriss war in Rede.
Nach einer Umgestaltung wird sie seit 2023 als Kultur- und Lernzentrum für Jugendliche verwendet.


Der Weg führte uns dann zum wirklich großen und zentralen Skanderbegplatz. Das Monument Skanderbegs steht allerdings nicht mitten auf dem Platz (so wie ich das erwartet hätte), sondern ganz am Rand. 

Skanderbeg

Rund um den Platz gibt es teils sehr alte aber auch sehr neue und moderne Gebäude.


Im Volksmund "Das Gesicht des Edi Rama" (Premierminister) genannt.

Moschee am Rande des Skanderbegplatzes


Wir gingen seitlich an Skanderbeg vorbei und kamen ein paar Meter weiter bei einem eher gruseligen Denkmal an.

Ein alter, mehrere Stockwerke tiefer, Bunker (Bunk Art 2) ist heute Museum für die jüngere Geschichte Albaniens. Einen großen Teil nimmt da natürlich die Ära Enver Hoxhas und seines Terror-Regimes ein. Die Exponate und dazu die beklemmende Enge des Bunkers machen diese Gedenkstätte eben so gruselig. Dennoch – oder vor allem genau deswegen – ist sie aber für die Aufarbeitung dieser Zeit umso wichtiger.

Erbaut wurde der Bunker erst relativ spät. Fertiggestellt wurde er 1986, da waren seine Auftraggeber Enver Hoxha und Mehmet Shehu bereits tot. Gedacht war er als Wohn- und Arbeitsstätte für das Innenministerium nach einem Atom- oder Chemieangriff, benutzt wurde er allerdings nie. Die oberirdischen Ein- und Ausgänge wurden erst später als Zugänge zum Museum errichtet, zuvor war er nur über einen Tunnel direkt vom Innenministerium aus erreichbar. [Quelle]


Eingang in den Bunker

Karte mit den berüchtigten Internierungslagern

Über 5.500 Opfer des Regimes sind dokumentiert.
Wahrscheinlich waren es aber wesentlich mehr.

Typische Zelle

Wohnbereich für Beamte des Innenministeriums



Die ausgestellten Waffen sind zwar echt, aber gebrauchsunfähig gemacht.
Sicher ist sicher.

Ausgangsbereich

Nach dem Bunker war der Rundgang beendet. Wir gingen nur noch zum Bus, der uns nach Elbasan brachte.


Elbasan

Elbasan ist zwar die viertgrößte Stadt Albaniens, wir hielten uns aber dennoch nur sehr, sehr kurz dort auf.

Gleich gegenüber dem Südportal der alten Stadtmauer besichtigten wir kurz eine Basilika – bzw. was davon noch übrig ist.

Basilika

Ansonsten gingen wir in den befestigten Teil der Stadt, suchten aber lediglich ein Lokal für ein kleines Mittagessen – und schon waren wir wieder draußen. Sowohl aus der Festung als auch aus Elbasan. Wir waren wieder einmal ein wenig unter Zeitdruck.

Tor in der Festungsmauer

Festungsmauer


Innerhalb der Befestigung

Wir hatten nämlich noch eine etwas längere Fahrt mit dem Bus vor uns. Wir verließen sogar Albanien und reisten nach Nordmazedonien ein, denn unsere nächste Station war Ohrid, am gleichnamigen See gelegen. Bei solchen Grenzübertritten mit Wartezeiten, Passkontrollen und allem drum und dran merkt man erst, wie verwöhnt wir inzwischen von den freien Grenzübertritten im Schengenraum sind (ja, es gibt sie noch trotz allem populistischen Nationalismus)!

Ca. 20 min Wartezeit an der Grenze zu Nordmazedonien




Dienstag, 6. Mai

In Ohrid und Naum hatten wir Michael als unseren Reiseführer. Deutsch ist seine Muttersprache (wörtlich, seine Mutter ist Deutsche), was für das Verstehen natürlich sehr vorteilhaft war.

Das Hotel lag direkt am Ohrid-See und unsere Zimmer hatten direkten Blick darauf – sehr idyllisch.




Einschub: Nord-Mazedonien, Griechenland und der Ohrid-See

Nach dem Zerfall Jugoslawiens wollte sich die kleine Republik einfach "Mazedonien" nennen. Griechenland stand aber auf dem Standpunkt "Es kann nur ein Mazedonien geben, nämlich das griechische" und legte dem Land jeden nur erdenklichen Stein in den Weg. So musste es 20 Jahre lang mit dem etwas sperrigen Namen "FYROM – Former Yugoslavian Republic Of Macedonia" leben. Bis nach eben 20 Jahren Streit und Diskussion der einfache und geniale Name "Nord-Mazedonien" entstand. Na, Halleluja! "Die Berge werden kreißen, geboren wird eine lächerliche Maus" (Horaz)

Aber halt! Da ist ja noch die Flagge Nord-Mazedoniens! Eine Sonne mit genau so vielen Strahlen wie auf der griechische Mazedonien-Flagge? Wieder ein griechisches Veto! War erst alles in Ordnung, als die Nord-Mazedonier ihre Flagge so veränderten, dass die Griechen damit zufrieden waren. Sieht so aus wie vorher, hat aber weniger Strahlen. Alles gut.


Links die neue, rechts die alte Flagge Nordmazedoniens

Kaum hatte man sich darauf geeinigt, wurde in beiden Ländern der neue Name in den Verfassungen verankert und Nord-Mazedonien wurde sofort in die NATO aufgenommen. Na also, geht doch. Diesmal wirklich!


Unsere Seen in den Alpen sind vergleichsweise jung. Sie entstanden in der letzten Eiszeit und sind daher erst so ca. 20.000 Jahre alt.

Ganz anders der Ohrid-See. Er entstand vor 1,4 Millionen Jahren durch einen Grabenbruch (tektonisches Ereignis). Er liegt auf etwa 700 m Meereshöhe und ist im Mittel 150 m tief. Er friert im Winter nicht zu und ist für seine Umgebung eine Art Wärmespeicher für diese Jahreszeit. Er ist zwar UNESCO-Naturerbe, wird aber trotzdem touristisch stark genutzt. Allerdings beginnt die Badesaison erst Ende Juli / Anfang August.

Der wichtigste Zufluss des Ohridsees ist ein anderer, benachbarter See. Der Prespasee liegt etwa 200 m höher und dessen Wasser sickert durch das poröse Gestein und landet eben im Ohridsee. Dadurch wird nur wenig Material in den See eingetragen und er versandet deshalb kaum. Er bleibt uns also noch etwas länger erhalten.

Abfluss ist der Schwarze Drin, der in die Adria mündet.



Ohrid

Michael führte uns zunächst ans Seeufer und da zu einigen Denkmälern.

Die Brüder Method und Kyrill wirkten in Ohrid und enwickelten hier teilweise die nach ihnen benannte Schrift (genauer: die Glagolithika. Siehe auch hier)


Der Heilige Klement.
Er und Naum gründeten in der Umgebung zahlreiche Kirchen und Klöster (s. auch weiter unten)


Zu dieser Skulptur gibt es ein wenig mehr zu erzählen.

Erfolgreicher Kreuzschwimmer (Epiphanias-Denkmal)

Jedes Jahr am 6. Jänner (Epiphanie) gibt es hier ein Wettschwimmen im erfrischenden Wasser des Sees. Ein Pope (wir sind hier in einem orthodoxen Gebiet) wirft ein Kreuz in den See, worauf sich eine Menge kälteunempfindlicher Menschen auf die Suche nach diesem Kreuz macht. Wer es als erster findet, bringt es ans Ufer und darf dafür dann von Haus zu Haus gehen, um Spenden einzusammeln. Gerade der letzte Teil erinnert ein wenig an die Sternsinger bei uns.

Video von so einem 6. Jänner


Die Via Egnatia ist uns in Albanien schon ein paar Mal begegnet. Diese alte römische Straße führte von Durres über Ohrid weiter nach Osten ziemlich direkt bis nach Konstantinopel. Sie war die Verlängerung der Via Appia in die oströmische Hauptstadt.


Die alte Via Egnatia liegt nur etwa 50 cm unter dem heutigen Straßenniveau.
Die Sicht darauf ist durch das Gitter leider stark eingeschränkt.

In Ohrid gibt es zwei Familien, die das Rezept für die Ohrid-Perlen kennen. Im Wesentlichen werden dabei die zerriebenen Schuppen eines kleinen Fisches (Plashica) des Ohridsees mit einer geheimen Tinktur vermengt. Ergebnis ist eine glänzende, zähe Flüssigkeit. Auf einen Zahnstocher wird ein kleiner Rohling aus Muschelschale gesteckt und in diese Flüssigkeit getaucht. Nach dem Trocknen der ersten Schicht wird dieser Vorgang noch etwa zehn Mal wiederholt, bis eine glänzende Perle entstanden ist. Die wird dann weiter verarbeitet wie andere Perlen.

Die geheimnisvolle Tinktur


Fertige Perle

Unser nordmazedonischer Reiseführer Michael ... 

... mit einer ganzen Schale davon




Nächste Anlaufstelle war die Sophienkirche, einem religiösen Zentrum des Bulgarenreiches (10. Jhdt). Später wurden die Fresken mit einer zusätzlichen Putzschicht abgedeckt und übermalt, damit sie von den Osmanen nicht gefunden und zerstört werden konnten. im 14. Jhdt wurde die Kirche in eine  Moschee umgewandelt. In den 1950er-Jahren wurden die Fresken wiederentdeckt und freigelegt. Sie sind heute Teil des Weltkulturerbes Ohrid.




Die alten Fresken wurden mit einer Putzschicht überdeckt, um sie vor Zerstörung durch die Osmanen zu schützen.
Dazu mussten aber mit einem Meißel Löcher reingehackt werden, damit der Putz hält.

Katholische Geistliche werden ohne Bart dargestellt.

Die orthodoxen mit Bart.


Auch hier gibt es ein Amphitheater.
Es wird heute noch jeden Sommer bespielt!


Es geht weiter bergauf bis zum ehemaligen Kloster Sv. Klement, dessen Baugeschichte bis ins 9. Jhdt zurückreicht. In der Osmanenzeit war die Anlage Bischofssitz, bis der gesamte Klerus nach Elbasan deportiert und das Kloster samt Kirchen zerstört wurde. Ab dem Jahr 2000 wurde auf den Resten der Sv. Klement-Grabeskirche eine neue Kirche errichtet; Vorbilder waren dabei die alten orthodoxen Kirchen der Umgebung. Sie ist den Heiligen Klement und Pantaleon gewidmet.





Klement bei der Ausbildung junger Geistlicher in glagolithischer Schrift.


Grabstelle des Heiligen Klement

Wir haben den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht, jetzt geht es bergab, zumindest einmal bis zur Johanneskirche.

Ohrid ...

... am See


Diese Johanneskirche liegt sehr malerisch auf einem Hügel über dem Fischerdorf Kaneo. Sie ist nicht dem Täufer, sondern dem Apostel, Theologen und Evangelienautor geweiht.

Die Kirche wurde von den Osmanen mehrfach zerstört und letztlich aufgegeben. Ende des 19. Jhdts, als dem Osmanischen Reich schön langsam die Luft ausging, wurde sie von der lokalen Bevölkerung wieder aktiviert.



Das Fresko aus dem 14. Jhdt. konnte erhalten werden.


Inzwischen war es früher Nachmittag. Michael begleitete uns entlang des Sees bis zu unserem Bus. Gemeinsam fuhren wir noch an die Südspitze des Ohridsees, ganz nahe an der Grenze zu Albanien.

Laterne Ohrids mit dem "Vorbild"-Haus


Schnell vorbei, bevor was runterkommt.




In der "Bucht der Knochen" wurden alte Pfahlbauten entdeckt. Die Häuser, die man heute sieht, sind nachgebaut. Diese Bucht ist Teil der UNESCO-Welterbestätte "Natur- und Kulturerbe der Ohrid-Region". Wir machten nur einen kleinen Foto-Stopp an der Straße oberhalb der Bucht.






Sv. Naum

Der Heilige Naum war Schüler von Method und Cyrill und war an der Entwicklung der neuen Schrift beteiligt. Gemeinsam mit Klement (s. oben) widmete er sich in und um Ohrid um die Ausbildung von Klerikern; außerdem gründeten sie zahlreiche Kirchen und Klöster.

So auch am Südende des Ohridsees an dessen Quellen. In diesem Kloster ist er auch begraben.

Auf dem Weg zum Kloster kommt man auch an den Quellen des Ohrid-Sees vorbei. Zur Erinnerung: Das Wasser kommt von dem 200 m höher liegenden, benachbarten Prespasees.

Die Quellen stehen unter strengem Naturschutz

Wasser fließt in den Ohridsee


Kirche des Naum-Klosters

Cyrill, Method und ihre fünf Schüler.
Genannt die "Glorreichen Sieben"


Ein Bauer wurde von einem Bären terrorisiert. Der Bauer wandte sich an Naum um Hilfe.
Der Legende nach befahl Naum dem Bären, mit einem der Ochsen Platz zu tauschen, sich selbst ins Joch zu werfen und dem Bauern gefälligst beim Pflügen zu helfen.
Geht doch!

Im Hof laufen ein paar Pfaue herum

Er ist die freundliche, gute Seele des Klosters!
Seit Jahrzehnten sperrt er jeden Tag bei Sonnenaufgang auf und bei Sonnenuntergang wieder zu!

Das Grab des Heiligen Naum

Irgendwas hört man da; Gläubige meinen, es sei das Herz des Heiligen.
Tatsächlich dürfte man eine Wasserwelle hören, die in der Nähe an einem Felsen anschlägt.

Solche Stände gehören zu einer Wallfahrtsstätte einfach dazu!


Nach dem Besuch des Klosters verließ uns Michael, und Erion übernahm wieder – wir kamen nach dem Grenzübertritt wieder in Albanien an.

Der Bus brachte uns zu unserer nächsten Station:


Korça

Die Stadt Korça war uns schon ein wenig bekannt. Von hier kommt nämlich das Bier, das es in ganz Albanien gibt. Auch wir hatten es schon ein paar Mal und es war ganz nach unserem Geschmack!

Wir fuhren aber nicht zur Brauerei, sondern in ein Ikonen-Museum (genauer: Nationalmuseum für mittelalterliche Kunst). Ich würde sagen, in das Ikonen-Museum Albaniens. Ca. 15.000 Ikonen wurden hier zusammengetragen! Freunden der Kultur sowie Beratern war das schier Unglaubliche gelungen: Sie überzeugten Enver Hoxha, diese Ikonen nicht zu zerstören wie die Kirchen, sondern zu erhalten! Aber nicht aus religiösen Gründen – denn das wäre umso mehr Anreiz für ihn gewesen, sie zu vernichten – sondern schlicht und einfach aus monetären! Jede Ikone ist mehrere tausend Euro wert!


Eingang ins Museum

Erzengel Michael


Auch eine große Ikonostase konnte gerettet werden.


Danach fuhren wir in unser Hotel. Es war sehr zentral gelegen und war einmal eine Karawanserei. Die Zimmer waren zwar winzig, aber die gesamte Anlage war schon sehr schön!




Inzwischen war es Abend geworden und es blieb nur noch Zeit, sich ein wenig für den Abend herzurichten.

Am Ende des Tages ein wenig food porn




Die Besichtigung von Korça fand dann am nächsten Tag statt.

* * * * *

Allerhand erlebt in diesen vier Tagen! Wir sind aber auch schon recht weit herumgekommen!

Wie unsere weitere Reise aussah, folgt dann in einem zweiten Teil. Vor uns liegen noch die UNESCO-Welterbestätten Gjirokastra, Butrint und Berat, sowie Appolonia und Vlora!


Teil 2 des Reiseberichts >>

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