Dienstag, 1. Oktober 2019

Bulgarien-Rundreise 2019 - Teil 3

Teil drei bringt uns zur Höhlenkirche von Iwanowo, nach Russe, der Grenzstadt an der Donau, nach Sweschtari zu einem beeindruckenden und gut erhaltenen Thrakergrab, nach Weliki Preslaw, an dessen Hof die Kyrillische Schrift erfunden wurde, zum Reiter von Madara und zum Schwarzen Meer. Zunächst nach Warna, wo es das weltweit älteste bearbeitete Gold zu sehen gibt; und zuletzt nach Nessebar, dem alten Handelszentrum auf der Halbinsel.


Der Reiter von Madara


Dienstag, 17. September


Iwanowo


Der Fluss Rusenski Lom hat hier bis zu seiner Mündung in die Donau bei Ruse (daher sein Name) tiefe Täler in den Fels geschnitten, die heute den Naturpark Rusenski Lom bilden. An den Hängen haben sich zahlreiche Höhlen ausgeformt; einige in der Nähe des Dorfes Iwanowo wurden ab dem 12. Jhdt. von Einsiedlern bewohnt und immer mehr und besser ausgestaltet. Die wichtigste davon ist öffentlich zugänglich: die Felskirche der Jungfrau Maria. Sie besteht aus dem Hauptraum (Naos), einer Vorhalle und einer Seitenkapelle, und alle Wände sind dicht mit Malereien bedeckt.

Die Höhle liegt in fast 40m Höhe.
Man muss aber nicht dort rauf klettern ...

... sondern es führt ein relativ einfacher Weg zum Eingang
von oben hat man einen schönen Blick über das Tal des Rusenski Lom.
Am gegenüberliegenden Ufer erkennt man schon zahlreiche Höhlen
Panoramablick von dort oben
Diese Felsspalte bildet den Eingang zur gut besuchten Höhle

Eine kleine Treppe führt in die Seitenkapelle hinunter
Dort zeigt die Malerei, wie der Hl. Hieronymus gerade einem Löwen einen Dorn aus der Pranke zieht. Der Löwe war ihm für diesen Dienst so dankbar, dass er ihn ab dann ständig begleitete und dabei völlig friedlich war.

Wände und Decken sind wie immer mit zahlreichen Darstellungen biblischer Szenen bedeckt.
  

Die Höhle ist von zahlreichen Rissen durchzogen, die großteils bei Erdbeben entstanden sin.

Manche Risse werden mit kleinen Glasplättchen überwacht. Sobald das Glas bricht, weiß man, dass der Berg in Bewegung ist.

Diese Tür führt zum Balkon, den wir schon von unten gesehen hatten.
Vom Balkon ...

... geht's senkrecht nach unten

Russe


Russe (bulgarisch nur mit einem S, also Ruse), liegt an der Donau, dem Grenzfluss zu Rumänien. Die Stadt war bereits zur Römerzeit ein wichtiger Hafen (sexaginta prista / sechzig Schiffe), wurde nach den Römern aufgegeben, später aber neu besiedelt. Von sexaginta prista sind nur noch Reste übrig. Wichtiger Hafen ist Russe immer noch; immerhin verlief die erste Bahnlinie Bulgariens von Russe nach Warna. Wegen der vielen Kaufleute brachte es die Stadt auch zu einem gewissen Reichtum, was sich in ihren Häusern immer noch ablesen lässt. All das haben wir bei einem recht ausgedehnten Stadtspaziergang gesehen. Der wahrscheinlich berühmteste Sohn der Stadt stammt ebenfalls aus so einer Kaufmannsfamilie, nämlich der Literaturnobelpreisträger Elias Canetti.


"Ruse", im Hintergrund die Freiheitsstatue
noch einmal bei Nacht

In der Fußgängerzone gibt es etliche sehr schöne Häuser, die von der alten Zeit erzählen





Viele wurden und werden renoviert
Viele warten noch darauf
Das "profitable Haus" beherbergt Theater und zahlreiche Geschäfte. Der Name ist Programm.


Das profitable Haus bei Nacht

Straßenlaterne

Opernhaus

Rathaus; unverkennbar ein Überbleibsel aus der sozialistischen Zeit

Denkmal für Elias Canetti


Vor dem Canetti-Haus am Canetti-Platz

Entlang des Donauufers ...

... wird gerade an einer neuen Promenade gebaut; wir waren dafür leider zu früh dran, dürfte aber sehr schön werden.

Donau, stromabwärts. Am gegenüberliegenden Ufer ist bereits Rumänien.

Von der alten römischen Stadt "sexaginta prista" ist nur noch sehr wenig erhalten. 
War am Nachmittag auch leider geschlossen.
  
Die Paulskirche ist eine der wenigen katholischen Kirchen in Russe.




Die Dreifaltigkeitskirche ist ein typischer Bau aus der Osmanenzeit:

bloß nicht auffallen

lieber nach unten bauen



Mittwoch, 18. September


Sweschtari


Das Thrakergrab in Sweschtari war einer der Höhepunkte dieser Reise, da waren wir uns hinterher alle einig. Nur leider, leider war gerade hier das Fotografieren strengstens verboten. Hier besichtigt man nämlich das Original, dementsprechend streng sind die Limits: eigenes Führungspersonal, nur kleine Gruppen, maximal 10 Minuten Aufenthalt in der Grabkammer, Plastiküberschuhe wie man sie von Krankenhäusern kennt. Und eben totales Fotografierverbot, sogar in der Vorhalle, in der ich ein Foto von unseren schicken Überschuhen machen wollte.

Dieser Grabhügel ist nur einer von vielen, die meisten sind noch mit Erde bedeckt. Der hier wurde 1982 entdeckt und sein Inhalt war derart sensationell und gut erhalten, dass er bereits drei Jahre später auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufschien.

Der thrakische Herrscher, der hier begraben war, war ein Fürst der Geten. Im Gegensatz zu den Odrysen (Kasanlak) durfte die Witwe bei den Geten weiterleben, bis sie eines natürlichen Todes starb; erst dann wurde sie in ebenfalls in das Grab gelegt. Und auch erst danach wurde die gesamte Anlage mit Erde zugeschüttet. In der Zwischenzeit war das Grab Schauplatz kultischer Handlungen.

Um das Grab für Touristen zugänglich zu machen, wurde außerhalb des Erdhügels eine Halbröhre aus Beton errichtet, die dann auf Schienen über das Grab geschoben wurde (ähnlich wie in Tschernobyl, nur aus einem erfreulicheren Anlass).

Hier in der Gegend gibt es noch dutzende Grabhügel, die auf ihre Erforschung warten

Grabhügel mit Eingang

Thrakerpaar

Auf diesen Schienen wurde die Röhre über das Grab geschoben

Im Umkreis des Hügels sind noch einige andere, einfachere Gräber zu finden.

Das Thrakergrab mit Zugang (Dromos).
Ganz außen kann man die Betonröhre erkennen.
[Von Interact-Bulgaria - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link]

Die Decke der Grabkammer wird scheinbar von Karyatiden gehalten; tatsächlich tragen sie aber keine Last.
[Von Interact-Bulgaria - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link]

Valtentina (rechts) erklärte uns das alles - wiederum in perfektem Deutsch.
Sie beantwortete unsere zahlreichen Fragen derart kompetent, dass die Führung 60 Minuten dauerte statt der geplanten 30.

Wir waren nach dieser einen Stunde wirklich tief beeindruckt; man bekommt schon ein eigenartiges Kribbeln, wenn man das alles so sieht und hört!


Weliki Preslaw


Weliki Preslaw war die Hauptstadt des Ersten Bulgarenreiches, dementsprechend wichtig ist diese Stätte für Bulgarien auch heute noch. Nach der Eroberung durch Kiew (ca. 970) war sie sogar Hauptstadt der Kiewer Rus, weshalb der Sitz der Bulgarenfürsten nach Ohrid (heute Nordmazedonien) verlegt wurde.

Die beiden Mönche Method und Kyrill entwickelten das nach ihnen benannte Kyrillische Alphabet. Es ist aber nicht das Alphabet, das wir heute damit verbinden, sondern genau genommen erfanden sie die Glagolitische Schrift - mit vielen komplizierten Buchstaben und mit vielen Schnörkseln. Erst etwa 100 Jahre nach ihnen wurde am Hof von Weliki Preslaw das Alphabet wesentlich vereinfacht und sieht seither so aus, wie wir es als Kyrillisches Alphabet kennen. Laut Rumy ist also für einen Bulgaren nichts beleidigender, als wenn man das Kyrillische Alphabet als "Russisches Alphabet" bezeichnet. Nein, es ist eine bulgarische Entwicklung!

In Weliki Preslaw besuchten wir erst das Archäologische Museum und danach die Ausgrabungen der alten Stadt.

Eingang zum Archäologischen Museum

Hasen unter sich

Ikone des römischen Heerführers und Märtyrers Theodor Stratelates, Preslawer Keramik-Technik

Modell der alten Hauptstadt

Muss von Zeit zu Zeit entstaubt werden.

Antike Schlüssel



Spaten und Schaufeln waren nicht gänzlich aus Eisen, dazu war es zu wertvoll. Sie waren aus Holz, nur die Schnittkanten waren aus Eisen.


Goldschatz, der ...

... in diesem Tresorraum aufbewahrt wird.

Fotografierverbot - eigentlich.

Plan der Ausgrabungsstätte Weliki Preslaw




Bad


Kanalisation


Reiter von Madara


Letzte Station des Tages war das Felsrelief, das den Reiter von Madara darstellt und das auch bei uns nicht ganz unbekannt ist.

Es ist mit ziemlicher Sicherheit nicht aus thrakischer Zeit, sondern jünger; denn der Reiter benutzt einen Steigbügel, den die Thraker noch nicht kannten. Es stellt einen Reiter dar, der mit seiner Lanze gerade einen Löwen erlegt; begleitet wird er von seinem Hund. Rund um den Reiter gibt es noch griechische Inschriften, die von Feldzügen der Fürsten des Ersten Bulgarenreiches gegen Byzanz erzählen. Diese Inschriften sind am Original aus der Entfernung nicht mehr wahrzunehmen.

Auf dieser schematischen Zeichnung erkennt man die Szene besser als im Original, das schon ziemlich verwittert ist.
Reiter mit hervorhehobenen Inschriften

Man muss schon etliche Stufen überwinden, bevor man zum Reiter kommt

Die Plattform bringt einen noch näher heran, war aber leider gesperrt.

Der Reiter im Original


Donnerstag, 19. September


Warna


Wir sind jetzt bereits an der Schwarzmeerküste, dem östlichen Rand Bulgariens, nämlich in Warna.

Warna ist einerseits eine wichtige Hafenstadt im Norden des Landes, andererseits gibt es in und um Warna den Goldstrand, der intensiv touristisch genutzt wird.

Am Abend waren wir noch am Strand, Jutta war sogar bis zu den Waden im Wasser.

Unser Hotel in Warna

Unser Zimmer war relativ weit oben, wir hatten daher einen schönen Ausblick auf Warna
"Unglaublich, was es in Bulgarien alles zu sehen gibt", dachte ich in meinem Ohrensessel.
Im Hotel, frei sinnierend nach Thomas Bernhard: "Holzfällen"

Am Vormittag machten wir einen ausgedehnten Stadtspaziergang durch Warna. Es ging zunächst vom Hotel zum Strand, danach durch die Fußgängerzone bis zum Archäologischen Museum. Dort hielten wir uns eine ganze Weile auf, denn in  diesem Museum wird das älteste bearbeitete Gold weltweit ausgestellt. Die Exponate sind teilweise über 6.000 Jahre alt und daher noch aus vorthrakischer Zeit; aber natürlich gibt es auch wieder zahlreiche Goldschätze der Thraker zu sehen!


Die Fußgängerzone führt direkt zum Strand

vorbei am Festival-Center








Mini-Fluss mit Mini-Canyon

Mutter Gottes-Kathedrale, Ende des 19. Jhdts.

Ikonostase

Krippenszene

Das Archäologische Museum Warna

Davor die beiden tschechischen Brüder Skorpil, die Begründer der Bulgarischen Archäologie
Das Museum war früher einmal eine Schule

Originelle Radiatoren

Werkzeuge aus der Bronzezeit
Grabsteine aus vorthrakischer Zeit


Urnen. Die mittlere ist mit einer Swastika, dem uralten Symbol verziert; von den Nazis auf wahrscheinlich noch lange Zeit unmöglich gemacht.

Verarbeitetes Gold aus dem 5. Jahrtausend BC !

Grab 43 mit zahlreichen Beigaben

Szepter, Armreifen, Ketten, Münzen,...

Gesichtsrekonstruktion des Mannes aus Grab 43

Weitere Goldschätze aus unterschiedlichen Epochen







Das waren unsere erklärten Lieblinge. Diese Figuren sind lediglich 6-7cm groß, aber so fein ausgearbeitet, dass sogar Muskeln, Fendern und Zehen zu erkennen sind!


Nach dem Besuch des Archäologischen Museums hatten wir noch ein wenig Zeit, auf eigene Faust durch die Fußgängerzone zu schlendern.





Theaterplatz mit Brunnen

Theater

Nessebar


Die letzten paar Tage hatten wir uns ausschließlich im Norden des Landes aufgehalten. An diesem Nachmittag überquerten wir das Balkangebirge und gelangten so nach Südbulgarien. Wir sind aber immer noch an der Schwarzmeerküste. Auch hier gibt es einen tourismusgeeigneten Strand, genannt Sonnenstrand. Am südlichen Ende dieses Strandes liegt dann Nessebar.

Wie ich in Teil 1 erzählt hatte, waren unser Aufenthalt am Sonnenstrand und das in Sichtweite gelegene Nessebar unser Auslöser für diese Rundfahrt. Das alte Nessebar liegt auf einer Halbinsel, die nur durch einen schmalen Steg mit dem Festland verbunden ist. Die Stadt war früher Handelszentrum und Schnittstelle zwischen dem bulgarischen Hinterland und dem Ägäischen Meer. Der Reichtum dieser Stadt ist an seinen Häusern und dutzenden (!) Kirchen immer noch zu abzulesen; die Halbinsel ist daher als Ganzes UNESCO-Welterbestätte!

Wir kamen am Nachmittag hier an und machten dann bis zum Abend einen ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt. Dabei kamen wir eben an vielen dieser sehenswerten Häuser und an zahlreichen Kirchen vorbei. Ich biete im Folgenden einfach etliche Fotos an, ohne viele Kommentare.


Der Hase war natürlich auch in Nessebar

Stadtmauer

Erzengel-Kirche

echt originell!




Stephanskirche

Johanneskirche

Die Johanneskirche ist wieder eine dieser tiefgelegten Kirchen aus osmanischer Zeit

Johannes Aliturgetos-Kirche
Pantokrator-Kirche

Pantokrator-Kirche

Pantokrator-Kirche

Sophien-Kirche

Hamam aus osmanischer Zeit

Baklava


Blick auf Nessebar bei Tag ...

... und bei Nacht. Links ist der schmale Steg erkennbar, der vom Festland zur Halbinsel führt

* * * * * * *

Aus Platzgründen möchte ich an dieser Stelle wieder unterbrechen und in einem weiteren Teil fortsetzen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten warten noch auf ihre Präsentation. Ja, wir haben wirklich viel gesehen und erlebt!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen