Freitag, 6. Juni 2025

Albanien-Rundreise 2025 - Teil 3

In Teil 3 besichtigen wir kurz Vlora. Danach folgen noch mit Apollonia und Berat zwei imposante Stätten und Städte. 

Berat, genannt die "Stadt der tausend Fenster", ist außerdem UNESCO-Welterbestätte.


Tja, und nach der letzten Übernachtung in Berat bleiben dann nur noch die Fahrt zum Flughafen Tirana und der Rückflug nach Wien!

Ganz unten hab ich noch eine Liste von Büchern angehängt, die mir bei der Vorbereitung und zum Verständnis von Land und Leuten sehr geholfen haben.



Freitag, 9. Mai


Vlora

Der 28. November 1912 war ein großer Tag für Albanien. Hier in Vlora wurde an diesem Tag die Unabhängigkeit des Landes vom Osmanischen Reich verkündet; eine 500-jährige Ära ging zu Ende. Für eine kurze Zeit war Vlora dann auch die Hauptstadt des jungen Staates.

Das Unabhängigkeitsdenkmal in Vlora

Südlich von Vlora gibt es zahlreiche Sandstrände, die sich bis Saranda und Ksamil erstrecken. Dieser Küstenabschnitt wird Albanische Riviera genannt und wird derzeit bereits stark touristisch genutzt – und wird es in Zukunft noch viel mehr werden. 


Apollonia

Apollonia wurde vor 2.600 Jahren von griechischen Siedlern, die aus Korfu kamen, gegründet. Als das römische Reich sich immer mehr ausbreitete, wurde die Stadt römisch und wurde als großes regionales Handelszentrum ausgebaut. Der Fluss Vjosa war nämlich (damals) nur einen Kilometer entfernt und war bis hierher schiffbar.

Den Namen erhielt die Stadt von den Griechen, die sie nach ihrem Gott Apoll benannten. Durch einen kleinen seitlicher Abstecher war die Stadt sogar an die wichtige Via Egnatia (s. Ohrid-Kapitel) angeschlossen.

Ein Erdbeben im 4. Jhdt. änderte alles: Die Vjosa änderte ihren Lauf, der Hafen der Stadt verlandete und wurde wertlos. Der Anfang vom Ende Apollonias.

Wir waren nicht die einzigen, die an diesem Tag Apollonia besuchten

Reste eines Warenlagers



Agonotheten-Monument, benannt nach zwei Kampfrichtern, die in einer Inschrift am Bauwerk erwähnt werden.

Odeon (überdachte Kulturstätte)

Die Große Stoa, ein ehemaliger Säulengang (Stoa), der zum Spazierengehen und Nachdenken einlädt.

Im 9. Jhdt. wurde dann mitten in den Ruinen der Stadt ein Marienkloster gegründet; im 14. Jhdt. wurde die Marienkirche gebaut, die auch heute noch existiert. In den Räumlichkeiten des Klosters ist heute unter anderem ein ethnografisches Museum untergebracht.


Eingang zum Kloster

Klosterkirche






Diese geflochtenen Mistkübel sind auf dem gesamten Areal aufgestellt





Römische Sandalen

Glasgefäße

"Porträt einer Matrone". Jedenfalls coole Frisur!




Berat

Wir fuhren wieder etwas mehr ins Landesinnere und etwas mehr nach Norden und sind somit an unserer letzten Station angekommen. Berat, die "Stadt der tausend Fenster" ist Welterbestätte und besonders geschützt. In mehreren Stadtteilen ist jeglicher Neubau verboten!

Wir besichtigten zunächst die Festung und die darin eingeschlossenen Gebäude und hatten einen schönen Blick auf die Stadt darunter.

Nach Bezug der Hotelzimmer machten wir noch einen Spaziergang durch die Altstadt und konnten die tausend Fenster aus der Nähe betrachten.


Erste Siedlungen gab es wohl schon vor 4.500 Jahren, der Burghügel wurde vor 2.400 Jahren erstmals befestigt. Danach folgte die typische Abfolge in diesem Gebiet: Illyrer, Römer, Bulgaren, Byzantiner, Serben und Osmanen.

Und ab 1943 die deutsche Wehrmacht. Die Bewohner der Stadt haben alle 600 jüdischen Mitbürger einfach dadurch gerettet, dass sie sie bei sich aufgenommen und den Deutschen gegenüber als Verwandte ausgegeben haben! 

Wie überhaupt einmal erwähnt werden sollte: Albanien war das einzige von den Deutschen besetzte Land Europas, das nach dem Krieg mehr jüdische Einwohner hatte als davor (s. auch Auskunft von perplexity.ai)!

Spaziergang durch die Festung


Eingang zu Museumskirche und Ikonenmuseum

Ikone mit Kaiser Konstantin und seiner Mutter Helena
In der orthodoxen Kirche sind sie Heilige (übrigens auch in der katholischen)






Der weitere Spaziergang führt uns immer weiter zum Rand der Festung, von wo aus man einen tollen Blick auf die Stadt zu Füßen des Burghügels hat.

Diese Ringe im Boden dienten zum Festbinden von Lasttieren





Nein, das ist nicht das Kapitol in Washington!
Sondern unser Hotel "Colombo" in Berat!



Einer der streng geschützten Stadtteile

Stadt der tausend Fenster


Wie bereits erwähnt, machten wir am Abend noch einen kleinen Spaziergang, diesmal durch die Stadt selbst.


Unser Hotel in Berat

Blick von der Promenade auf die Burg

Orthodoxe Kathedrale

In der Haupt-Moschee

Genaue Gebetszeiten

Junggesellen-Moschee

Die Halveti-Tekke, ein religiöses Zentrum der Bektashi

Pascha-Palast

Diese Hängebrücke führt zum gegenüberliegenden Ufer des Flusses Osum.
Von dort hat man dann Blick auf die andere Hälfte der Stadt.

Stadt der tausend Fenster

Der Burghügel


Auf dem Rückweg zum Hotel sind wir noch in eine Wahlveranstaltung geraten.
Zwei Tage später konnte Edi Rama seine Mehrheit bei der Parlamentswahl verteidigen.

* * * * * * *

Jetzt, nach der Rundreise, ist Albanien für uns also nicht mehr das völlig unbekannte Land. Wir durften ein Land kennenlernen, das landschaftlich unheimlich viel zu bieten hat und das unglaublich aufstrebend wirkt. Noch ist es eines der ärmsten Länder Europas; Erion hat immer wieder betont, dass "dem Land 50 Jahre gestohlen" wurden, die es nun aufholen möchte / muss.

Es hat sicher noch einen weiten Weg vor sich, aber ich denke, dass wir von Albanien in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel hören werden! Die Jahre der wilden Skipetaren sind jedenfalls vorbei!




Literatur, weiterführende Links

Albanien war für uns Westler jahrzehntelang ein unbekanntes Land. Vor unserer Reise wollte ich es daher ein bisschen näher kennenlernen und hab dafür auch etwas mehr zu diesem Land gelesen, als sonst üblich.

Oder war es gerade umgekehrt? Wollte ich nach Albanien, weil inzwischen doch einiges darüber gelesen hatte?

Wahrscheinlich eine Mischung von Beidem!

Die hier angeführten Bücher hab ich jedenfalls alle gelesen, für gut befunden und kann sie daher auch guten Gewissens weiterempfehlen.


Ismail Kadare: Geboren aus Stein

Mit diesem Sammelband hat mein Interesse an Albanien begonnen. Er beginnt mit Jugenderinnerungen und reicht bis zu den ersten Gehversuchen als Schriftsteller.

Im zweiten Teil (Die Puppe) bringt er ein sehr einfühlsames und witziges Porträt seiner Mutter und wie sie in das Kadare-Haus eingeheiratet hat.


Ismail Kadare: Der General der toten Armee

Mit diesem Roman gelang ihm der Durchbruch als Schriftsteller.

Ein italienischer General kommt 20 Jahre nach dem Krieg mit einem Team nach Albanien, um gefallene italienische Soldaten zu exhumieren und nach Italien zu überstellen. Das geschieht nicht ohne Hindernisse und Reibereien. Als Leser erlebt man mit dem General mit, wie er Albaner unterschiedlicher Regionen kennenlernt.


Ismail Kadare: Chronik in Stein

Porträt der Heimatstadt Gjirokastra des Autors (*1936) aus der Sicht eines Kindes. Die harmlosen Kinderspiele werden abgelöst von Beobachtungen von Flugzeugen, Armee-Durchmärschen und Bombardierungen. Partisanen erscheinen immer öfter, bis sie nach dem Krieg die Herrschaft übernehmen und ein Terrorregime aufziehen.


Ismail Kadare: Der Palast der Träume

Ein junger Mann aus der mächtigen, aus Albanien stammenden, Familie Köprülü wird in den Palast der Träume eingeschleust. Aufgrund seines Namens macht er dort sehr schnell Karriere.

Der Sultan lässt nämlich im ganzen Reich Träume sammeln, weil sie als Botschaften Allahs betrachtet werden. Der Herrscher will wissen, ob und wo ev. rebellische Träume geträumt werden. Die Träume werden nach Istanbul gebracht, wo sie im Palast der Träume analysiert werden. Jede Woche wird dem Sultan der auffälligste Traum vorgestellt.

Die Beschreibung des Gebäudes, dessen Umgebung und weitere Details machten den einheimischen Lesern sofort klar, dass da Tirana und das Hoxha-Regime beschrieben werden. Dieser Roman brachte den Autor in ziemliche Schwierigkeiten. Er musste sich öffentlich entschuldigen und wurde nur deshalb nicht härter bestraft, weil Ismail Kadare zu diesem Zeitpunkt bereits zu berühmt war (auch im Westen) und das Regime keine Märtyrer schaffen wollte.


Lea Ypi: Frei

Wahrscheinlich die beste Autobiografie, die ich gelesen habe. Lea Ypi (*1979) entstammt einer regimekritischen Familie, ihre Eltern haben sich in einem Lager von Deportierten kennengelernt. Zu Hause kann nur verklausuliert über die Lage in Albanien gesprochen werden, damit sich klein Lea in der Schule nicht verplappert. Sie hat dort wegen ihres Namens eh schon genug Probleme.

Mit 11 Jahren erlebt sie die Wende mit, 1997 wird ihre Familie in den Lotterieaufstand hineingezogen.

Sehr lebendig und authentisch beschreibt sie das Leben in Albanien dieser Zeit: Von den Warteschlangen bis zu den leeren Coladosen als Statussymbol.


Christiane Jaenicke: Albanien

Christiane Jaenickes Mann war jahrelang Botschafter der DDR in Albanien. In dieser Zeit haben sie Land und Leute lieben gelernt. Sogar die Sprache haben sie so erfolgreich verinnerlicht, dass sie einen Sprachführer geschrieben haben.

Christiane Jaenicke beschreibt Land und Leute aus allen möglichen Perspektiven, sodass ein sehr ausführliches und stimmiges Bild entsteht! 


Robert Menasse: Die Erweiterung

Albanien ist inzwischen ja Kandidat für einen EU-Beitritt. In diesem Roman von Robert Menasse stehen genau diese Verhandlungen im Mittelpunkt. Weiters sehr zentral: Skanderbegs Helm!

Die erste Hälfte des Romans ist sehr witzig und informativ geschrieben, man sieht jedem Kapitel an, dass Robert Menasse weiß, worüber er schreibt.

Die zweite Hälfte franst dann leider zu sehr aus, weil er zu viele Seitenhandlungen in den Roman nimmt. Aber allein wegen der ersten Hälfte ist das Buch auf alle Fälle lesenswert!




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