Freitag, 21. April 2017

Eine Woche in Breslau und Krakau - Teil 1

Die erste Aprilwoche verbrachten wir im Süden Polens. Dabei hatten wir je ein Quartier in Breslau und Krakau und machten von dort aus Ausflüge in die Umgebung.

Apropos "Breslau und Krakau". Ich werde in weiterer Folge die deutschen Ortsbezeichnungen verwenden, weil sie bei uns gängiger als die polnischen sind; wir sagen ja auch Prag und nicht Praha (ähnlich wären Rom/Roma, Lissabon/Lisboa etc.). Bei der ersten Erwähnung eines Ortes werde ich aber auch die polnische Bezeichnung anführen. Analoges gilt für Olmütz, das halt in Tschechien und nicht in Polen liegt.

Wir waren diesmal per Auto unterwegs - in einem Auto wohlgemerkt! Zu fünft war das schon eine gewisse Herausforderung ans Sitzfleisch, und beim An- und Ausgurten kam es zu Berührungen, die unter anderen Umständen wohl nicht toleriert würden. Aber es ging. Der Kofferraum war dichtest befüllt; dass wir aber überhaupt alles unterbrachten, war Gundis und Fritz' großartiger Idee zu verdanken, statt Hartschalenkoffern weiche Reisetaschen zu verwenden. Die sie dann auch gleich für alle zur Verfügung stellten!

Die bewährte Reisegruppe! Felix, Andreas, Jutta, Gundi, Fritz.


Die Route ganz grob skizziert: Sie führte uns von Wien über Brünn (Brno) zu unserer ersten Station in Glatz. Nach einem kurzen Aufenthalt mit Besichtigung der Festung ging es bereits weiter nach Breslau. Von Breslau aus machten wir einen Tagesausflug nach Schweidnitz, Jauer und Görlitz und während der "Übersiedlung" nach Krakau machten wir noch Halt in Tschenstochau. Einen Regentag nutzten wir für einen Besuch des Salzbergwerkes in Wieliczka und auf der Rückfahrt machten wir noch Station in Olmütz. Die Karte zeigt alle diese Stationen.





Der Reisebericht ist im Wesentlichen chronologisch. Es kann daher sein, dass ein und derselbe Ort mehrfach (an unterschiedlichen Stellen) im Text vorkommt!

Es gibt natürlich wieder eine ganze Menge Fotos - zu viele für diesen Post. Ich hab daher wie schon bei der Kuba-Reise das ganze Album freigegeben, das wesentlich mehr Bilder enthält als der Blog. Auch diesmal wieder der Hinweis auf die Gebrauchsanweisung des Bildbetrachters und dessen Möglichkeiten.

Nach all diesen Hinweisen also: auf nach Polen!



Samstag, 1.April

Glatz

So um die Mittagszeit erreichten wir unsere erste Zwischenstation in Glatz (polnisch Kłodzko). Hier gibt es eine sehr nette kleine Altstadt mit einer recht ansehnlichen Festung. Wir haben beides besichtigt, bevor wir nach Breslau - und somit unserem ersten Quartier - weitergezogen sind.

Diese Brücke führt in die Altstadt

Hauptplatz mit Rathaus (links)

Gewölbe in der Festung

Die Festung ist eine riesige Anlage mit zahlreichen Gebäuden und Höfen

Bitte das Fenster schonen!

Pfarrkirche Maria Himmelfahrt außen ...

... und innen

Da war gerade eine Hochzeit im Gange. Die Hochzeitsgesellschaft war sehr überschaubar!

Breslau

Breslau (polnisch Wrocław) war 2016 Europäische Kulturhauptstadt. Für diesen Anlass hat sich die Stadt natürlich gehörig herausgeputzt, was ein Jahr später eben auch uns zugute gekommen ist.

Breslau wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört. Gleichzeitig wurde ganz Polen nach Westen verschoben, sodass Breslau nun endgültig polnisch wurde. Oder doch nicht? Es gab Überlegungen in zwei Richtungen, nämlich die Stadt wieder aufzubauen oder eben nicht. Zunächst war die Unsicherheit groß, ob sie polnisch bleiben würde. Wenn sie es bleiben sollte, dann würde ein Wiederaufbau Sinn machen; wenn sie aber wieder an Deutschland abgetreten werden müsste, eher nicht.

Breslau 1945

Wie wir heute wissen, entschied man sich für den Wiederaufbau. Damit verbunden war aber auch eine Vertreibung der deutschen Bevölkerung, die die Stadt beinahe menschenleer zurück ließ. Sie musste erst mit Polen aus dem Osten vor allem aus dem Raum Lemberg (polnisch Lwów), das ohnehin an die Sowjetunion verloren ging, neu besiedelt werden. So kommt es, dass die Wurzeln der heutigen Breslauer nur etwa 70 Jahre zurückreichen.

Es gibt noch jede Menge Geschichtliches zu berichten, aber alles zu seiner Zeit. Zunächst kamen wir in unserem ziemlich stylischen Hotel an, nahmen die Zimmer in Beschlag und machten uns gleich einmal auf zu einem Abendspaziergang zum großen Marktplatz (Rynek).


Hotel Puro bei Nacht

Die Badezimmertür ist übrigens geschlossen!

Das Rathaus steht mitten auf dem großen Hauptplatz, sodass ein Ring entsteht.

Rathaus

Rathaus


Sonntag, 2. April

Am Vortag suchten wir uns bereits einen Treffpunkt für eine Stadtführung heraus. Dabei entschieden wir uns für eine "free walking tour"; das bedeutet, dass man sich als Teilnehmer einfach der Tour anschließt und erst hinterher eine freiwillige Spende gibt - in der Höhe, die man angemessen findet. Das bewirkt, dass die tour guides bestens motiviert und sehr kompetent sind. Es wird großer Wert darauf gelegt, dass sie möglichst in der Stadt, durch die sie führen, aufgewachsen sind. In Breslau gab es sogar eine Führung auf deutsch, und mit Sandra ist dieses Konzept wunderbar aufgegangen: wir hatten für 150 Minuten einen sehr kompetenten Spaziergang durch die Stadt!

Sandra führte uns sehr kompetent durch die Stadt!

Häuser auf dem Rynek

Das Rathaus ...

... mit der Sonnenuhr, dem Wahrzeichen der Stadt

Rathaus

Rathaus ...

... mit dem Eingang in den Schweidnitzer Keller, einem der ältesten Gasthöfe Europas. Hier wurde traditionell Schweidnitzer Bier ausgeschenkt

Im Keller wurde gezecht

Zu Hause wartete bereits die Ehefrau


Diese drei Gebäude waren früher das Zentrum der Macht:
rechts: das Haus "Zur goldenen Sonne" bot Unterkunft für Könige und Kurfürsten
links davon: das Haus "Zur blauen Sonne" war ebenfalls Hotel für den begleitenden Hofstaat
und noch einmal links davon: das "Haus der Sieben Kurfürsten" beherbergte die Sitzungsräume

Die markante Elisabethkirche war früher katholisch und wurde später den Protestanten übergeben

Durch einen Blitzschlag brach eines Nachts eine Spitze des Kirchturms ab, wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Das Relief zeigt, wie Engel den abgebrochenen Turm auffangen.

Innenansicht der Elisabethkirche

Erste Begegnung mit dem heiligen polnischen Papst Johannes Paul II. Er wird uns immer wieder begegnen.

Gedenkstätte für das Massaker in Katyn - eine offene Wunde, die nicht so recht heilen will.
1940 ermordeten die Sowjets 4400 gefangene Polen, hauptsächlich Offiziere.
2010 wollte die gesamte polnische Staatsführung an einem Gedenken in Russland teilnehmen, dabei stürzte das Flugzeug beim Landeanflug auf Smolensk ab - niemand überlebte. Die genauen Umstände dieses Absturzes sind bis heute nicht restlos geklärt und sind immer wieder Grund für Spannungen zwischen Russland und Polen.
500 Jahre nach Luther gibt es den Ablass immer noch. Gebete verlangt, Spenden erbeten.

Rund um die Elisabethkirche waren früher etliche Gebäude kreisförmig aufgereiht, zwei davon gibt es heute noch, genannt "Hänsel und Gretel". Speziell das Gretel-Haus wird uns später noch einmal begegnen.

Was ist das denn?
Wir wandern weiter Richtung Oder und Sandinsel und kommen zum Universitätsgebäude mit seinem berühmten und äußerst sehenswerten Hörsaal "Aula Leopoldina".

Universität

Eingangsportal

Aufgang und ...

... Eingang zur Aula Leopoldina

Sie sieht aus wie ein Kirchenraum, ist aber ein Hörsaal!

Man kann noch weiter rauf gehen in den sogenannten Mathematikerturm, von wo aus man einen schönen Rundblick auf die Stadt hat.

Aufgang zum Mathematikerturm

Mathematikerturm

Wir genießen die Aussicht

Blick Richtung Oder und Sandinsel

Blick Richtung Altstadt

Über den Weg der Geschichte wandern wir weiter: zunächst an der großen Markthalle vorbei (Sonntag geschlossen), gehen über die Sandbrücke zur Sandinsel und fahren per Schiff zur Jahrhunderthalle. Oder zumindest in die Nähe dieser Halle, zunächst war da noch ein ordentlicher Fußmarsch!


Weg der Geschichte: Gründung der Stadt im Jahr 1000

Großer Mongoleneinfall 1241

Napoleon war auch hier

Kulturhauptstadt 2016

Die Markthalle ist am Sonntag geschlossen, wir werden am Dienstag noch einmal herkommen

Die rote Sandbrücke führt über die Oder auf die Sandinsel

Blick von der Sandinsel auf die Dominsel mit dem Dom

Die Schaufelräder am Heck ...

... der Wiktoria sind nur Dekoration

Fahrt auf der Oder mit der Wiktoria

Nach einem schier endlosen Fusßmarsch kommen wir zur Jahrhunderthalle (100 Jahre nach Napoleon). Die Welterbestätte war uns leider nicht zugänglich, weil gerade eine Motorradmesse zu Ende ging.

Per Straßenbahn fuhren wir zum Hotel zurück und machten eine kleine Pause.

Schon wieder ein Zwerg?

Das Abendessen hatten wir in einem Lokal mit Geschichte der jüngeren Vergangenheit. In diesem Haus fanden nämlich die konspirativen Treffen statt, um die Gewerkschaft Solidarność vom Norden in den Süden zu exportieren. Der Name des Lokals "Konspira", zahlreiche Wandmalereien und ein eigens eingerichtetes Hinterzimmer mit Exponaten von damals erinnern an diese Zeit!

In diesem Gebäude fanden die konspirativen Treffen statt

Im Inneren des Lokals


Schon wieder Zwerge!
"Orange Alternative, Freies Breslau"

Hinterzimmer mit Alltagsgegenständen der damaligen Zeit




Ende Teil 1 des Reiseberichtes. Hier geht's zu Teil 2.

2 Kommentare:

  1. Danke für den wie immer anschaulichen Bericht zum Nachvollziehen Eurer Reise. Nur eine kleine Anmerkung: im russischen ist der Rynok der Markt und auch im Polnischen, d.h. es ist nicht der "Ring" sondern der Marktplatz.

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    1. Vielen Dank für deinen "Rynek"-Hinweis, hast natürlich vollkommen Recht!
      Hab alle Vorkommen entsprechend korrigiert!

      lg, Andreas

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