Freitag, 21. April 2017

Eine Woche in Breslau und Krakau - Teil 4

Der Freitag war zumindest am Vormittag ziemlich verregnet. Wir schoben daher eine Besichtigung des Salzbergwerkes in Wieliczka ein. Der Nachmittag war dann zwar nicht mehr ganz so nass, feucht war er aber immer noch. Das hielt uns aber nicht davon ab, noch einmal eine Runde durch Krakau zu ziehen.

Samstag war dann bereits der Tag unserer Abreise nach Hause. Unterwegs machten wir aber noch Halt in Olmütz, das eine sehenswerte Altstadt zu bieten hat.

Im Salzbergwerk Wieliczka


Freitag, 7. April

Wieliczka

Für den Vormittag war also ein Schlechtwetterprogramm gefragt. Wir entschieden uns, mit dem Auto zum nahe gelegenen Salzbergwerk Wieliczka zu fahren - einer weiteren UNESCO-Welterbestätte.

Eine Führung durch das Bergwerk ist Voraussetzung für eine Besichtigung, ohne Führung wird man nicht in das unterirdische Labyrinth gelassen. Frank, ein gebürtiger Schwabe, der seit 20 Jahren in Polen lebt, hat uns geleitet.

Das Salz kommt hier in zwei Schichten vor: die untere ist ein durchgehendes Flöz, das man recht einfach bergmännisch beackern kann. Die obere war zwar auch einmal so ein durchgehendes Flöz, wurde aber durch spätere geologische Hebungen zerbrochen, sodass die Salzsteine wie Rosinen im Kuchen im ansonsten tauben Gestein eingelagert sind. Diese Rosinen können zwischen 30cm und 2m Durchmesser haben.

Der Salzstein hat eine Reinheit von etwa 95% und trägt sich weitgehend selbst, sodass nur an relativ wenigen Stellen die Stollen mit Holz gestützt werden mussten (vor allem im unteren Flöz). Durch diesen hohen Salzgehalt war es auch nicht notwendig, das Salz mit Wasser aus den Kammern zu lösen (wie etwa in Hallstatt), sondern es konnte einfach mit Hammer und Meißel (wie Kohle) bergmännisch und trocken abgebaut werden.

Das Bergwerk ist heute stillgelegt und nur etwa 1% der Stollen sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Aber selbst dieses eine Prozent ist immer noch ein unüberschaubares Gewirr von Schächten und Stollen. Auch heute ist es noch ein bedeutender Salzproduzent, weil das einsickernde Wasser sehr viel gelöstes Salz enthält und als Sole nach oben gefördert wird.

Frank führte uns durch das Bergwerk

Dieser Plan stellt den öffentlich zugänglichen Teil des Bergwerks dar

Der Salzstein trägt sich weitgehend selbst, nur an relativ wenigen Stellen muss mit Holz gestützt werden.
Das Holz wurde weiß gestrichen, um Bermännern, denen das Licht ausgegangen ist, sich in der Dunkelheit besser zurecht finden.

Zahlreiche Bergmänner haben sich in ihrer Freizeit als Hobby-Bildhauer betätigt. Hier zum Beispiel ein Denkmal für Kopernikus.

Oder für Józef Piłsudski, einen etwas umstrittenen Politiker der Zwischenkriegszeit.
Einerseits große militärische Erfolge für das wiederauferstandene Polen, andererseits ein durch einen Putsch an die Macht gekommener Diktator. Ein starker Mann eben.


Oder hier eine ganze Skulpturengruppe. Sie zeigt, wie ein Bergmann der Hl. Kinga einen Ring übergibt.
Die Legende sagt, dass die ungarische Prinzessin Kinga einst in einem ungarischen Salzbergwerk einen Ring abgelegt hat. Wie durch ein Wunder ist er dann hunderte Kilometer davon entfernt in Wieliczka wieder aufgetaucht!

Das sind die ältesten Holzstützen im Bergwerk; sie sind inzwischen mit einer dichten Salzkruste überzogen.

Zunächst wurde das Salz in Fässern, die auf Schlitten gezogen wurden, nach oben transportiert. Erst später wurden Schienen und Hunte verwendet.

Im Bergwerk lebten und arbeiteten auch ca. 60 Pferde. Anders als in Kohlegruben erblindeten sie hier nicht und man hat festgestellt, dass ihre Lungen sehr gut erhalten blieben. Auf diese Weise ist man angeblich auf den Gesundheitsaspekt der Salzluft aufmerksam geworden.

Salzverkrustete Wasserpumpe

Die riesige und berühmte Kinga-Kapelle.
In ihr gibt es wieder zahlreiche Bildhauer-Arbeiten zu sehen.

Krippe

Hochzeit zu Kanaan

Abendmahl

Papst Johannes Paul II.

Leuchter, dessen Kristalle ebenfalls aus Salz bestehen

An manchen Stellen sickert Salzwasser aus den Wänden und blüht als Salz aus. Man kann es ganz einfach mit dem Fingernagel abkratzen.

Manchmal muss man eben doch stützen, so wie hier. Eine gigantische Holzkonstruktion verhindert den Einsturz dieser Kapelle.

Manchmal reicht es auch schon, Anker in die Wand zu treiben.

Dieses Fördergerüst bringt die Besucher wieder an die Oberfläche.

Wieliczka ist, wie schon erwähnt, UNESCO-Welterbestätte

Krakau

Am Nachmittag bummelten wir noch ein wenig über den Rynek. Dort war großer Ostermarkt aufgebaut:

Mit bunten Blumen geschmückte Stangen lassen an Frühling denken, auch wenn es eher frisch und feucht war.

Das waren wirklich gewaltige Brote

Dieses Werkzeug ist nicht verrostet, sondern aus Schokolade!

Ein Schmied hatte eine richtige kleine Werkstatt mit Feuerstelle und Amboss aufgebaut

Endlich fanden wir auch Zeit, die den Platz dominierende Marienkirche zu besichtigen. Bei den Türmen fällt auf, dass einer höher als der andere ist. Grund waren aber nicht Geldprobleme, sondern der höhere Turm war von Beginn an als Wachturm geplant. Um von ihm aus eine wirkliche Rundumsicht zu haben, musste er eben höher sein als der andere.

Jede Stunde bläst der Turmwächter mit seiner Trompete das Signal, den Hejnał. Im 14. Jahrhundert wurde der Trompeter mitten im Signal von einem Mongolen-Pfeil tödlich getroffen und das Signal brach abrupt ab. Seit dieser Zeit wird der Hejnał an eben dieser Stelle jedes Mal abgebrochen - zur Erinnerung an die Mongolenzeit. Auf YouTube gibt es unzählige Aufnahmen davon, etwa die hier:



Im Inneren dominieren zwei Eindrücke: das Blau des Innenraums und natürlich der berühmte Flügelarltar von Veit Stoß! Wirklich beeindruckend, wie genau die Figuren gearbeitet sind! Die Seitenflügel sind doppel vorhanden: Wenn die oberen beiden Flügel eingeklappt sind und somit den Mittelteil abdecken, sind immer noch die beiden dahinter liegenden, feststehenden Flügel sichtbar!

Der linke Turm der Marienkirche ist höher als der rechte

Sehr markantes Blau dominiert im Innenraum

Der spätgotische Flügelaltar von Veit Stoß

Mittelteil

Wenn man es weiß und genau hinschaut, kann man die beiden übereinander liegenden Seitenflügel erkennen

Noch einmal eine Gesamtansicht des Altarraumes

Als wir aus der Kirche herauskamen, regnete es wieder einmal. Wir suchten also einen Regenschutz, am besten einen, bei dem es auch Kaffe gibt. Wir wurden bei der Konditorei Wedel am Rynek fündig!





Wir schlendern weiter über den Rynek Richtung Süden und halten schön langsam die Augen nach einem Futterplatz für den Abend offen. Dabei kommen wir an einem ganz wichtigen Denkmal vorbei, nämlich für den polnischen Nationaldichter Adam Mickiewicz. Schon in Breslau fragte uns Sandra, welches Buch für uns das wichtigste sei. Von Lutherbibel über Faust bis zu Buddenbrooks wurde da allerlei genannt - gar nicht so einfach zu entscheiden. Für Polen aber, so Sandra, ist die Antwort vollkommen klar und einfach: "Pan Tadeusz", geschrieben eben von Adam Mickiewicz. In der Schule ist dieses Versepos Pflichtlektüre, jeder Pole kennt die ersten beiden Verszeilen auswendig und kann sie im Schlaf hersagen!

Adam Mickiewicz


Und noch ein Nationalheld lief uns zufällig über den Weg. Uns ist aufgefallen, dass auf dem Rynek eine Bühne aufgebaut wurde. Am Nachmittag versammelten sich dann Leute in historischen Kostümen, teils führten sie alte Gewehre und Kanonen mit sich. Während wir gerade das Denkmal von Adam Mickiewicz passiert hatten, kam plötzlich Lärm auf: Gaukler auf Stelzen marschierten über den Rynek, die Waffen wurden abgefeuert und schließlich trat auf der Bühne eine hochgestellte Perönlichkeit auf und hielt eine flammende Rede an das versammelte Volk. Obwohl wir natürlich kein Wort verstanden, war uns schon klar, dass da eine historische Schlacht und Rede nachgestellt wurden. Später fragten wir in einem Lokal nach, was wir da gesehen hatten. Wir erfuhren, dass es da um einen wichtigen Gereral ging, der auch in den USA gekämpft hatte. Eine kleine Recherche im Internet ergab dann, dass es sich um Tadeusz Kościuszko handelte und die Szene den Beginn des Kościuszko-Aufstandes im April 1794 nachstellte. Dieser Aufstand gegen Russland war praktisch das letzte Aufflackern eines polnischen Widerstandes, bevor Polen zum dritten und letzten Mal geteilt wurde. Danach hörte es auf zu existieren und lebte erst nach dem 1. Weltkrieg wieder auf.




Wir verstanden zwar kein Wort, aber das Pathos dieser Ansprache war auch für uns deutlich zu spüren.
Später fanden wir noch ein wirklich nettes polnisches Restaurant, in dem es auch polnischen Wein gab (er wächst etwas westlich von Krakau). Den mussten wir natürlich probieren. Aber um ehrlich zu sein, stiegen wir dann wieder auf was Anderes um, vor allem auf Wodka: davon verstehen die Polen wirklich was! Unsere Favoriten waren die "weißen" Wodkas, dh. ohne zusätzliche Geschmäcker, sowohl aus Roggen (Wyborowa, das Original) als auch aus Kartoffeln (Chopin, polnisch übrigens "Schópin" gesprochen) hergestellt.

Proben polnischen Weins

Es ist bereits Freitag Abend, und das bedeutet, dass wir schon wieder die Koffer packen mussten. Morgen Früh ist bereits Abfahrt, diesmal schon zurück nach Wien.

Samstag, 8. April

Unterwegs nach Wien machten wir aber noch Halt in Olmütz (tschechisch Olomouc).
Diese Bischofsstadt hat einen wirklich schönen Ortskern und war ein würdiger Abschluss unserer Reise.

Der Hauptplatz ist wieder einmal als Ring ausgeführt, weil das Rathaus mitten auf dem Platz steht. Eine Besonderheit des Rathauses ist die astronomische Uhr an einer seiner Außenwände. Neben ein paar Brunnen ist auf dem Platz aber die barocke Dreifaltigkeitssäule zu beachten; in ihrem Sockel ist nämlich noch Platz für eine kleine Kapelle. Diese Säule (und nur sie) ist auch wieder einmal UNESCO-Welterbestätte!

Auf dem Weg zum Oberen Platz fielen uns diese beiden Stolpersteine auf. Sie erinnern an jüdische Bürger, die hier vor ihrer Verschleppung gewohnt hatten.

Der Arionbrunnen erinnert auf den ersten Blick ein wenig an Terry Pratchetts Scheibenwelt




Der Cäsarbrunnen

Der Herkulesbrunnen. Herkules im Kampf gegen die Hydra

In der Olmützer Philharmonie ...
... wirkte der junge Gustav Mahler als Dirigent - allerdings nur kurz.
Das Rathaus ...

... mit astronimischer Uhr


Die barocke Dreifaltigkeitssäule

Im Sockel ist eine Kapelle untergebracht


Wir verlassen den Oberen Platz und gehen zum Dombezirk. Neben dem Wenzelsdom steht gleich der alte Palast der Přemysliden.

Auf dem Weg zum Dom kommen wir noch an der Kirche "Maria Schnee" vorbei

Der Wenzelsdom ist schon von Weitem zu sehen

Links davon schließt gleich der Palast der Přemysliden an

Im Garten gibt es einen Pool für Nichtschwimmer

Domportal

Im Dom


Denkmal und Reliquienschrein des Hl. Sarkander

Infotafel zu St. Sarkander

Schrein mit Monstranzen

Ein paar hundert Meter vom Dom entfernt steht der gewaltige Palast des Erzbischofs und der Domherren. Zu diesem Palast gibt es eine Legende.

So soll Maria Theresia bei einem ihrer Besuche in Olmütz beim Erzbischof Troyer nach einer Prachtkutsche angefragt haben. Der Erzbischof verweigerte ihr aber das Ausborgen der Kutsche -warum auch immer. Jetzt muss man wissen, dass vor dem L-förmigen Palast ein riesiger Platz war, der freien Blick auf den Palast gewährte. Etliche Jahre nach der Kutschenepisode stand der Bau eines neuen Zeughauses auf dem Programm. Und Maria Theresia entschied, dass dieses Zeughaus genau auf diesem Platz zu errichten sei. Und so steht diese "Retourkutsche" nur ein paar Meter vor den Fenstern des Erzbischöflichen Palais!

Der untere und rechte Bildrand sind vom Erzbischöflichen Palais dominiert. Genau in den freien Platz davor ließ Maria Theresia das eher schlichte Zeughaus setzen. Eine richtige Retourkutsche eben.

Links der Prachtbau des Erzbischöflichen Palais, rechts das Zeughaus - nur wenige Meter vor die Fenster gesetzt.

Diesmal von  der anderen Seite. Links das Zeughaus, rechts das Palais

Wir wandern weiter zum Unteren Platz, wo wir dann auch unser Lokal für das Mittagessen fanden. Eine richtige Rumpelkammer mit vielen, vielen Sammlerstücken!

König im vollen Ornat und mit Selfie-Stick

Gedenktafel für Gregor Mendel, der in Olmütz studierte

Restaurant "Zum Roten Bullen"


Herrentoilette (sprich "Muschi"). Keine weiteren Kommentare.








Auf dem Unteren Markt wachsen öfter Mal Tierköpfe aus den Fassaden. Hier "Black Beauty".

Unterer Markt

Neptunbrunnen auf dem Unteren Markt

Wir gehen bereits wieder zum Parkplatz zurück. Gleich daneben gibt es einen Supermarkt, und das war dann wirklich die aller- allerletzte Station auf unserer Reise. Wenn wir schon in Olmütz sind, müssen wir natürlich den berühmten Käse von hier mitnehmen. Die Olmützer Quargel sind mit dem Harzer Käse in Struktur und Geruch durchaus vergleichbar!

Olmützer Quargel, geruchsfest verpackt, damit wir auch wirklich lebend in Wien ankommen!

* * * * * * *

Tja, das war sie, die Woche im Süden Polens! Wie üblich ein sehr dichtes Programm mit vielen Eindrücken, von denen wir noch lange zehren werden.

Wir haben auch ordentlich Kilometer gemacht: 1724km mit dem Auto und 63km zu Fuß!

Die beiden großen Städte Breslau und Krakau können es mit jeder westlichen Hauptstadt aufnehmen, so sehenswert und imposant - vor allem Krakau - sind sie. Breslau ist etwas kleiner und vielleicht ein wenig lieblicher und nicht so königlich-imperial. Sie stehen etwa im Verhältnis wie Wien zu Graz oder Innsbruck. Für einige von uns war es der erste Besuch in Polen. Aber alle waren von der Schönheit dieser Städte wirklich angetan!

Ende des Reiseberichts

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