Dienstag, 18. April 2017

"Liebesgeschichten und Heiratssachen" im Burgtheater

In letzter Zeit sind im Burgtheater ja einige Komödien gründlich daneben gegangen. Letztlich waren sie auch Auslöser dafür, das Abo mit der letzten Aufführung auslaufen zu lassen. Am Samstag war es dann soweit: wir hatten die letzte Vorstellung im Zuge unseres Abos.

Auch diesmal war in einzelnen Kritiken schon wieder von "Klamauk" die Rede, was unserer Motivation nicht unbedingt dienlich war. Nestroy mit "Liebesgeschichten und Heiratssachen" im Burgtheater? Naja, mal sehen.

Quelle: Burgtheater / Georg Soulek


Aber es war eine würdige und weitgehend gelungene Abschiedsvorstellung! Von Klamauk und Kalauer nichts zu sehen. Sehr positiv fand ich auch den Verzicht auf tagesbezogene Gesangseinlagen, wie sie praktisch in jeder Nestroy-Inszenierung vorkommen, die aber meistens eher peinlich statt gelungen ausfallen. Das alles tut der Inszenierung wirklich gut: die Tiefgründigkeit Nestroys kommt auf diese Weise viel besser zur Geltung, als wenn man sie oberflächlich mit Pseudo-Humor ertränkt. Es bleiben noch genug Wortspiele übrig, für die er ja ein besonderes Talent hatte.

Florian Fett ist vom einfachen Fleischselcher zum wohlhabenden Neureichen aufgestiegen. Der goldene Anzug und die technischen Verspieltheiten verdeutlichen das recht gelungen. In seiner Welt gibt es keine Liebesgeschichten mehr, sondern nur noch Heiratssachen: Liebe spielt nur eine untergeordnete Rolle, wichtig ist das Vermögen, das bei einer Verbindung zusammenfindet. Der Taugenichts Nebel spielt dieses Spiel mit und vernebelt - wie es seinem Namen zukommt - allen die Sicht durch Intrige und Hochstapelei. Zum Schluss bleibt seine Angebetete (Schätzwert 40.000 Gulden, deshalb betet er sie ja an) auf seinem schriftlichen Eheversprechen sitzen, er selbst ist inzwischen schon über alle Berge. Nach vielen Verwechslungen und Irrwegen finden aber immerhin zwei Paare doch noch zueinander.

Kostüme und Bühnenbild passen: nicht zuviel und nicht zuwenig, grade recht. Schauspielerisch war auch alles bestens, das Ensemble wirkte recht kompakt und hatte sichtlich seinen Spaß.

Einen kleinen Kritikpunkt hätt' ich aber doch noch anzubringen. Nestroy war ein Wiener Volksstück-Autor, die Sprache mit der ostösterreichischen Einfärbung gehört daher irgendwie dazu. Hier war aber nur eine Handvoll Darsteller aus der Region, sodass der Abend sprachlich insgesamt ein etwas steril und leer ausfiel. Die typische Nestroy-Stimmung kam nur bei Regina Fritsch auf.

Das Publikum bedankte sich jedenfalls mit großem Applaus, verdientermaßen. Denn wir sahen ja wirklich einen intelligent dargestellten und tiefgründigen (s. oben) Nestroy!

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