Samstag, 3. Juli 2021

Steyr – Arbeit, Wohlstand Macht. Walter Gstettenhofer. - Teil 1

Mitte Juni verbrachten wir ein langes Wochenende in Steyr. Anlass der Reise war die diesjährige oberösterreichische Landesausstellung "Arbeit, Wohlstand, Macht", aber wir wollten natürlich auch Steyr selbst ein wenig kennenlernen.

Auf der Hinreise machten wir noch Halt in Böhlerwerk, wo Walter Gstettenhofer in seiner Buchbinderei arbeitet. Wie wir dort dann feststellen durften, ist das nicht bloß eine international bekannte Buchbinderei; sondern Walter Gstettenhofer nutzte den allgemeinen Corona-Stillstand, um seine ungeheure Kreativität auch auf andere Weise auszuleben. 

Beides möchte ich nun im Anschluss dokumentieren. Wie immer hab ich dazu zahlreiche Fotos, die alle in einem Webalbum zur Verfügung stehen. Wer diese Webalben noch nicht kennt, sei wieder einmal auf meine kleine Gebrauchsanweisung dafür hingewiesen.
 

Klassische Ansicht von Steyr
Direkt von unserem Hotel aus aufgenommen!


Die bewährte Reisegruppe in Steyr



Donnerstag, 17. Juni

 

Walter Gstettenhofer, Böhlerwerk

 
Gundi kannte ihn bereits, weil sie sich vor ein paar Jahren ein Buch bei ihm binden ließ. Damals sprach er auch eine Einladung auf eine Führung durch seine Werkstätte aus. Diese Einladung haben wir jetzt gerne angenommen.
 
Aber große Überraschung! Das ist nicht bloß eine Buchbinderwerkstätte, sondern Walter Gstettenhofer nutzte die Zeit während der Corona-Lockdowns seine überschäumende Kreativität auch auf andere Weise auszuleben. Und so standen wir plötzlich vor Bildern, in denen er Metall und Acrylharz verbindet sowie vor Skulpturen, die er allesamt aus Metallabfällen zusammenbaut. Das Metall wird dabei nicht erhitzt oder geschmiedet, sondern ausschließlich kalt verarbeitet!
 
 
Walter Gstettenhofer vor einer seiner Skulpturen

Virus. Ganz aktuell. Metallspäne in Acrylharz eingegossen


Gästebuch in einer Kassette

Zu der Zeit arbeitete er gerade an einem Bild "um die Ecke"


Klassische Buchbinderei

Dieses Buch wartet noch auf seine Renovierung

Materialien für Buchhüllen

Kleine Notizbücher. Die Buchhüllen waren ehemals Bierdosen

 
 

Steyr

 
Nach einer kleinen Mittagspause kamen wir dann in Steyr an und besiedelten zunächst einmal unsere Hotelzimmer; bevor wir uns dann zu einem ersten Kennenlern-Rundgang durch Steyr aufmachten.
 
 
Eintragung im Gästebuch des Hotels

Nur die Enns überqueren und dann gleich scharf links abgebogen kamen wir in die "Enge Gasse" (links).
Der Aufgang rechts führt zum Schloss Lamberg

Die Landesausstellung ist auf drei Standorte verteilt. Wegweiser sind in der ganzen Stadt zu sehen.

Blick durch die Enge Gasse zum zentralen Stadtplatz mit seinem Rathaus

Stadtplatz mit Rathaus

Stadtplatz mit sehr schönem Ensemble

Am Ende des Stadtplatzes gibt es ein Uhrenmuseum mit zahlreichen großen Uhren

An der Decke der Passage hängt ein Uhrwerk für einen Kirchturm

Am Ende des Grünmarktes steht das "Neue Tor". Es wurde nach dem großen Hochwasser 1571 errichtet und kann (einigermaßen) wasserdicht verschlossen werden.

Verbunden mit dem Neuen Tor ist der Innerberger Stadel, einem ehemaligen Lager für diverse Handelswaren.

Wasserablauf auf dem Innerberger Stadel

Eisengasse


Das Bummerlhaus, eines der Wahrzeichen von Steyr.

Es heißt so, weil das Zeichen oberhalb des Eingangs ein wenig mickrig ausgefallen ist.

Die Steyrer sahen in diesem gedrungenen, pummeligen Löwen eher einen Hund – oder eben ein Bummerl. Dieser Name ist dem Haus geblieben.


 
Der Reichtum und die Bedeutung der Stadt Steyr leiten sich von der Eisenverarbeitung her, die dort seit Jahrhunderten Tradition hat. Das Erz wurde zunächst rund um den Erzberg verhüttet und kam auf dem Land- und Wasserweg als Roheisen nach Steyr. Die Stadt hatte das Privileg, dass dieses Roheisen hier drei Tage lang den Verarbeitern angeboten werden musste, bevor es weitertransportiert werden durfte. Die Steyrer suchten sich natürlich das beste aus und schickten die mindere Qualität dann weiter.

Steyr war aber nicht die einzige Stadt, die Eisen verarbeitete. Ein weiteres Zentrum war die Mur-/Mürzfurche (Leoben, Donawitz). Der Erzberg war daher geteilt in "Vordernberg" und "Innerberg". Das Vordernberger Eisen wurde nach Süden (Leoben) transportiert, das Eisen aus "Innerberg" (dem heutigen Ort Erzberg) kam nach Steyr. Vom Innerberg hat der Stadel daher auch seinen Namen. Durch eine Verordnung war aber nicht nur der Berg geteilt, sondern auch die Absatzgebiete der Fertigwaren: Leoben lieferte nach Süden, Steyr nach Norden.

Produziert wurden vor allem Sensen und Messer, später auch Waffen, noch später Fahrräder und Autos. In Venedig hatten die Steyrer später ebenfalls eine eigene Niederlassung; von dort gingen ihre Sensen und Messer in die ganze Welt. [Quelle und weitere Details, sowie hier]
 
 

Am Abend nahmen wir noch an einer "Nachtwächterführung" teil. Die stellte sich als ganz normale Stadtführung heraus, die Verkleidung des Tourguides als Nachtwächter hatte keine zusätzliche Bedeutung. Neu war für mich allerdings, dass der Nachtwächter als "unehrlicher Beruf" (im Sinne von "ohne Ehre") galt und somit auf der gleichen Stufe stand wie ein Abdecker oder Henker! Das ist insofern überraschend, da seine Tätigkeiten ja vielfältig zur Sicherheit in der Stadt beitrugen. Von polizeilichen Aufgaben bis zu Objektschutz und Feuerwache!

Die Tour begann auf dem Stadtplatz, zu dem ich aber oben bereits das Meiste gesagt habe. 

Wir gingen dann weiter zur Pfarrkirche. Sie ist den Heiligen Ägidius und Koloman gewidmet und hat eine bewegte Geschichte, was den Turm betrifft. Nach einem Blitzschlag geriet der Turmhelm in Brand und wurde zerstört. Der Architekt Friedrich Schmidt, der schon in Wien das Rathaus entworfen hatte, gestaltete einen neuen Turm in gotischer Bauweise. Und seither hat der eben eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Wiener Rathaus. Das Uhrwerk der Turmuhr wird übrigens manuell aufgezogen, es gibt hier keine Automatik! Alle zwei bis drei Tage muss das Werk aufgezogen werden. Unser Guide ist einer von mehreren, die diese Tätigkeit übernommen haben. Zeitaufwand jedesmal etwa 30-45 Minuten!


Unser Nachtwächter-Tourguide

Früheres Turmkreuz, das nach dem Blitzschlag abstürzte

Neugotischer Turm der Pfarrkirche im Abendlicht

Portal der Pfarrkirche


Wappen von Steyr

Namentlich zugeordnete Sitzplätze

Sitzplatz mit besonders außergewöhnlicher Sicht

Uhr an der Kirchendecke

Spielecke für die Kleinsten

Mesnerhaus links; rechts der Abgang zum Stadtplatz


Von der Pfarrkirche führt eine Promenade direkt zum Schloss Lamberg, unserer nächsten Station.

Das Schloss Lamberg liegt auf einer Erhöhung genau in dem Keil zwischen der Steyr und der Enns. Früher stand hier die Styraburg, von dem die Stadt ihren Namen hat, ebenso wie das Land Steiermark, dessen Hauptstadt Steyr früher war. Erst 1254 wird Steyr von der Steiermark getrennt und dem "Land ob der Enns" zugeschlagen; gemeint ist damit "das Land, das längs der Donau gesehen oberhalb der Mündung der Enns in die Donau liegt". 1666 übernehmen die Grafen Lamberg die Burg. Nach deren Zerstörung durch einen Brand (1727) wurde das Schloss neu errichtet, so wie wir es heute kennen.

Das Schloss ist Schauplatz des Teiles "Macht" der Landesausstellung; dazu später mehr.

Denkmal für den Komponisten Anton Bruckner

Denkmal für den Industriellen Josef Werndl.
Er ist in erhöhter Position, umgeben von seinen Arbeitern.

Waffenschmied

Tischler


Schloss Lamberg im Abendlicht

Abgang vom Schloss zur Steyrmündung


Bei Beginn der Engen Gasse war die Führung dann zu Ende. Wir gingen nur noch über die Ennsbrücke und ließen den Abend bei einem Cocktail ausklingen.


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Im nächsten Teil werden wir dann Steyr noch ein wenig mehr kennenlernen und die Teile "Arbeit" und "Macht" der Landesausstellung besuchen.


Teil 2  >>

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