Montag, 30. März 2020

Schweizer Gletscherbahnen 2020 - Teil 1

Vor zweieinhalb Jahren machten wir drei Fahrten mit dem Schweizer Glacier Express. Damals war Sommer und Schnee gab es nur auf den Berggipfeln. Wir waren von den Fahrten in dieser Landschaft aber so angetan, dass wir damals schon überlegt hatten, noch einmal zu kommen – dann aber im Winter.

Jetzt, vom 12. bis 15. März (Donnerstag bis Sonntag), war es dann soweit. Ihr könnt euch vielleicht noch erinnern, das war vor der aktuellen Corona-Zeitenwende. Im Herbst 2019, als wir diese Reise buchten, war von Corona nicht einmal noch in China die Rede, geschweige denn bei uns.

Anfang März allerdings schon. In unserer Firma etwa wurden die Kantinenplätze reduziert und es wurden für jedes Stockwerk genaue Zeiten für eben diese Plätze festgelegt. Home office wurde schon in Erwägung gezogen, falls es wirklich ernst werden sollte, aber noch arbeiteten alle im Büro, zu Mittag saß man gemütlich beim Kaffee zusammen.

Aber die Sache kam näher. Und so überlegten wir bis zum letzten Moment, ob wir die Reise denn nun antreten sollten oder nicht. Es gab noch keinerlei Reisebeschränkungen oder -warnungen, die Lage in der Schweiz war etwa mit der in Österreich vergleichbar, die WHO schätzte für beide Länder das Risiko als "gering bis moderat" ein. Allerdings wurden in Österreich bereits Museen, Schulen und Universitäten geschlossen, Lokale durften nur noch bis 15:00 Uhr offen haben, aber nur 100 Personen gleichzeitig bewirten, Geschäfte wurden ebenfalls geschlossen (außer Lebensmittelhandel und Apotheken).

Wir beschlossen, dennoch zu fahren. So wie 27 andere auch, sodass letztlich doch eine ansehnliche Reisegruppe zustande kam. Aber gerade in den vier Tagen, die wir in der Schweiz waren, überschlugen sich in beiden Ländern die Ereignisse. In Österreich wurden Lokale nun generell geschlossen, das Haus oder die Wohnung darf nur noch für Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen verlassen werden, Sport im Freien nur mit Menschen aus dem gleichen Haushalt ausgeübt werden, ansonsten ist ein Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Meine Firma verordnete der IT-Abteilung home office, soweit irgend möglich.

Die Reise fand also mit dieser Corona-Begleitmusik statt. Die Maßnahmen, die von Seiten der Regierungen gesetzt wurden, hatten dann auch auf den weiteren Verlauf der Reise ihren Einfluss, davon aber später mehr. Es soll ja ein Reisebericht und nicht ein Corona-Tagebuch werden.

Jedenfalls gibt es natürlich auch von dieser Reise wieder zahlreiche Fotos, die wie immer über ein Web-Album zugänglich sind (hier wie gewohnt die kleine Bedienungsanleitung für das Web-Album). Weil die Winterkulisse wirklich beeindruckend ist, hab ich diesmal mehr Fotos im Album belassen, als die sonst üblichen 200. Wem die Berge und der Schnee zu langweilig werden, kann ja schnell zum nächsten Foto weiter klicken.


Winterliche Berninagruppe

Also, auf in die winterliche Schweiz!


Donnerstag, 12. März



Der Flug nach Zürich ging sehr früh, sodass wir nach Bezug unseres Hotelzimmers in Chur noch ausreichend Zeit für eine Stadtführung durch Chur hatten. Wir hatten übrigens das gleiche Hotel wie 2018. Das Wetter war trocken, sonnig und für die Jahreszeit recht warm; Mittagessen und Kaffee hatten wir im Freien!

Ist jetzt allen klar, in welchem Land wir sind?
Aufnahme aus der Raststation Walensee (kurzer Stopp auf der Fahrt von Zürich nach Chur)

Blick von der Raststation über den Walensee

Ja, wir sind in der Schweiz, wie Sprache, Ricola und Preise beweisen.


Nachdem wir auch im Juni 2018 eine Stadtführung durch Chur hatten, sind natürlich viele Dinge schon bekannt. Ich möchte mich hier nicht wiederholen, sondern nur ergänzen und verweise deshalb auf den entsprechenden Reisebericht von damals.


Silvia führt uns durch Chur, die älteste Stadt der Schweiz

Martinskirche
Nur das Ziffernblatt der Peterskirche in Zürich ist noch größer!

Sehr viele Häuser haben solche Erker. Sie sind nicht genau oberhalb des Eingangs postiert, sondern etwas seitlich, damit man von dort oben aus sieht, wer am Eingang steht!

Der Hofsteig führt in den Dombezirk.
Offensichtlich nur für Fußgänger.

Die Straße, die zum Dombezirk führt, geht am Rätischen Museum vorbei.
Besuchten wir dann am Samstag.

Das Bärenloch gehört zu den ältesten Teilen der Stadt

Blick auf den Calanda, den Hausberg von Chur und Namenspatron des hier gebrauten Bieres

Bischofssitz mit barocker Fassade
Gleich daneben die Kathedrale Maria Himmelfahrt
Aus Platzgründen bekam die Kirche im vorderen Drittel einen Knick in die Längsachse. Wenn man's weiß, kann man es auf diesem Foto erahnen ...

... hier sieht man den Knick ganz deutlich

Innenansicht, Blick ins Querschiff

Hoppla, hier wachsen die Weintrauben nach oben!

Auf dem Weg vom Dombezirk hinunter in die Stadt kommen wir wieder an der Martinskirche vorbei

Die Drei Bünde

Im 14. und 15. Jhdt. schlossen sich zahlreiche Gemeinden zu drei (damals noch getrennten) Bünden zusammen: dem Gotteshausbund, dem Grauen Bund und dem Zehngerichtebund. Diese drei Bünde rückten im Laufe der Zeit noch näher zusammen und gaben sich in Form eines Bundesbriefes 1524 eine gemeinsame, bündeübergreifende Verfassung, ohne gleich zu einem Bundesstaat zu verschmelzen. Wenn man sich dieses Dreiergebilde auf einer Karte ansieht, kann man schon die sehr große Ähnlichkeit mit dem heutigen Kanton Graubünden erkennen (beim Namen hat sich der Graue Bund durchgesetzt). Im ganzen Kanton (und natürlich in dessen Hauptort Chur) begegnen einem diese Drei Bünde und deren Wappen auf Schritt und Tritt!


Weinstube mit entsprechendem Namen

Die Wappen der Drei Bünde am Haus der Kantonalbank.
Von links nach rechts die Wappen des Grauen Bundes, des Gotteshausbundes und des Zehngerichtebundes.

Der Bundesbrief der Drei Bünde aus 1524
Ausgestellt im Rätischen Museum Chur


Dieser Drei Bünde-Stein stand am Dreiländereck der drei Gebiete, heute ist er im Rätischen Museum in Chur ausgestellt.


So, nach diesem kleinen historischen Einschub, machen wir mit unserem Spaziergang durch Chur weiter: Nächste Stationen sind Postplatz, Kunstmuseum, Fontanapark und Rhätische Bahn.

Der Postplatz ist der zentrale Ort der Stadt; er wird von einigen Repräsentativ-Bauten diverser Banken sowie vom Kunstmuseum begrenzt. Mitten auf dem Platz sieht man einen Stelzengeher: Er symbolisiert den Weitblick, den man von dort oben hat, kombiniert mit einer traditionsbewussten Erdverbundenheit.

Der Stelzengeher

Kantonalbank

Das Bündner Kunstumuseum begann in der Villa Planta (im Volksmund "Moschee" genannt), 2016 wurde ein großer moderner Zubau eröffnet.

Eingang zum Museum

Gleich gegenüber dem Eingang: der "Weibliche Torso" von HR Giger.
Hans Rudolf Giger bekam 1979 für die Ausstattung des Films "Alien" den Oscar in der Kategorie "Best Achievment for Visual Effects"

Als das heutige Kunstmuseum für die Rhätische Bahn zu klein wurde, errichtete sie gleich daneben ein neues Verwaltungsgebäude. Modern, nüchtern, keine Verzierungen, helle Räume, große Fenster ...

... ausgenommen die Chefbüros!

Das alles erklärte uns dieser Stadtführer-Kollege von Silvia, ein ausgesprochener Bahnexperte. Wir trafen ihn zufällig mit seiner Gruppe gerade vor dem Gebäude der Bahn. Silvia übergab ihm dankbar das Wort.
Er hat dann extra für uns auf hochdeutsch umgeschaltet!


Das alte Postgebäude beherbergt heute die Stadtbibliothek (und eine Postfiliale)

Gleich neben der Kantonalbank und gegenüber der Stadtbibliothek befindet sich der Fontana-Park, benannt nach dem Bündner Freiheitshelden Benedikt Fontana
Das Gebäude auf dem Foto ist allerdings das Herrschaftshaus von Peter von  Salis-Soglio und wird allgemein "Altes Gebäu" genannt. Heute beherbergt es das Kantonsgericht Graubünden.

Grotte im Fontanapark

Parkbank mit eindeutiger Aufforderung

Wir gingen danach nur noch zu unserem Treffpunkt beim Obertor, wo wir uns von Silvia verabschiedeten. Anschließend fuhren wir gemeinsam mit dem Bus in unser Hotel.

Zum Schluss noch ein paar Fotos vom Weg zum Obertor:

Müll wird nicht in/bei jedem Haus gesammelt, sondern in diesen öffentlich zugänglichen Containern. Und natürlich bitte keine Fremd-Säcke einwerfen, ihr Säcke!

Noch so ein Container, diesmal hübsch gestaltet.

Beim Coiffeur

Kein Kommentar.


Freitag, 13. März



Die Rhätische Bahn (RB) hatte es spannend gemacht. Bis Mittwoch Früh war auf deren Homepage zu lesen, dass der Bernina-Express planmäßig bis Tirano fährt. Wobei man wissen muss, dass Tirano bereits in Italien liegt (zwar nur 1 km von der Grenze entfernt) und die Lombardei bereits schwer mit dem Coronavirus zu kämpfen hatte. Aber es gab bis dahin noch keine Reisebeschränkung und so fuhr die Bahn eben bis zuletzt.

Erst am Mittwoch Früh kam dann die Info, dass es ein Einreiseverbot von Italien in die Schweiz gibt. Fahrgäste, die aus Tirano kommen, könnten also nicht mehr einreisen. Empfehlung der Bahn daher an die Touristen: in der letzten Station auf Schweizer Gebiet (Campocologno) den Zug verlassen und in der Schweiz bleiben.

Unser Reisebüro hat daher kurzfristig bei der RB umgebucht – aber leider nur bis Le Prese. Was insofern blöd wäre, weil dieser Ort noch vor Brusio mit seinem berühmten Kreisviadukt liegt. Eigentlich ein NoGo, wenn man mit dem Bernina-Express fährt. Nach einer Intervention bei der Reiseleitung gelang es dieser aber immerhin, den Zugbegleiter zu überreden, uns doch bis Campocologno weiterfahren zu lassen. Ob und wie die das dann nachträglich verrechnet haben, entzieht sich meiner Kenntnis; ehrlich gesagt, ist es mir auch vollkommen piep und schnurz.


Maria, unsere Reiseleiterin, und Martin, der Zugbegleiter der RB.
Das war bis auf weiteres wahrscheinlich Martins letzte Fahrt mit dem Berninaexpress.


Ich werde jetzt einige Bilder der Bahnfahrt mehr oder weniger unkommentiert folgen lassen. Lehnt euch zurück und genießt diese herrliche Winterlandschaft der Berninaregion! Noch mehr Fotos gibt es dann im Webalbum – für alle, die von Bergen und Schnee nicht genug bekommen können!


Unsere Reisegruppe in einen Panaoramawagen des Bernina-Express

Fahrt über den Landwasser-Viadkukt

Unten nur wenig Schnee, oben aber leider umso mehr Nebel.

Aber kaum hatten wir diese Nebelschicht durchstoßen, boten sich die tollsten Winter-Panoramen!


Berninagruppe


15 Minuten Aufenthalt in Alp Grüm



Ein Gegenzug kommt herauf.
Zwischen dem Zug unten und uns oben liegt nur eine Kehre in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs!

 Blick von Miralago aus über den Lago di Poschiavo zur Berninagruppe


Wir nähern uns dem ...

... Kreisviadukt von Brusio




Eine wirklich beeindruckende Landschaft. So haben wir uns das vorgestellt. Mit dem Wetter hatten wir Glück und die Fahrt hat trotz Corona stattgefunden, darf man nicht vergessen!

Vom Kreisviadukt sind es dann nur noch 2,5 km bis Campocologno, wo wir dann den Zug verließen und wo schon unser Bus auf uns wartete.


Mit dem Bus fuhren wir dann zurück zum Ospizio Bernina, das auf dem höchsten Punkt (2300 m) des Berninapasses liegt, und wo ein Mittagessen auf uns wartete. Das Hospiz war corona-bedingt auch schon Plan B, denn laut Reiseprogramm wären wir in Tirano verköstigt worden. Der Wirt nahm unseren Bus an, bestand aber darauf, dass wir uns alle vor Betreten des Lokals die Hände desinfizieren. Er selbst trug beim Servieren Handschuhe; er entschuldigte sich dafür, aber in besonderen Zeiten sind eben besondere Maßnahmen angebracht, jeder hatte Verständnis dafür.


Der Parkplatz (Standpunkt) ist meterhoch mit Schnee bedeckt

Der Schnee schaut beim Fenster herein

Der Parkplatz

Blick vom Hospiz zur Berninagruppe. Dazwischen im Tal liegt die Bahntrasse des Bernina-Express sowie der Stausee "Lago Bianco"


Auf dem Weg nach St. Moritz gibt es einen Fotopunkt, der einen tollen Blick auf den Morteratsch-Gletscher bietet, der von Piz Bernina und Piz Palü gespeist wird.

Der Gletscher zwischen Piz Palü und Piz Bernina



Auf dem Foto vom Juni 2018 ist die Gletscherzunge schöner zu erkennen

Letzte Station dieses Tages war eben St. Moritz. Über diesen Ort hab ich mich schon 2018 ausgelassen, diesmal haben wir ihn gleich gar nicht besucht, sondern nur aus der Ferne betrachtet. St. Moritz ist ein Ort im Oberengadin, dem Tal des Inn-Oberlaufs. Der See, der vor dem Ort liegt, wird also vom Inn durchflossen.






Corona hat also bereits in unsere Reise eingegriffen, indem die Fahrt nach Tirano nicht mehr möglich war (verschmerzbar) und das Ospizio Bernina als Mittagsraststätte einspringen musste.

Die Welt hat sich aber inzwischen weiter gedreht. In Österreich wurde beschlossen, dass Lokale nun generell zu sperren sind und meine Firma hat die Pläne für home office, die am Dienstag erst diskutiert wurden, per Freitag bereits in die Tat umgesetzt.

Mal sehen, was das alles für den weiteren Verlauf unserer Reise bedeutet.

* * * * * * *

Im zweiten Teil berichte ich dann von unserer Fahrt in den Westen Graubündens. Rapperswil und Zürich kommen dann in Teil drei.





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