Samstag, 28. März 2020

Schweizer Gletscherbahnen 2020 - Teil 3

Für den Teil drei bleibt nur noch, von den Besuchen von Rapperswil und Zürich zu berichten.
Wenn man insgesamt nur etwa sechs Stunden zur Verfügung hat, da bleibt für jede Stadt dann nicht allzu viel Zeit zum Besichtigen übrig. Was vor allem bei Zürich schade ist, denn diese Stadt ist wirklich toll! Ich verstehe jetzt besser, warum Zürich Jahr für Jahr ganz oben in der Liste der lebenswertesten Städte landet!






Sonntag, 15. März

Gleich nach dem Frühstück verließen wir das Hotel und fuhren mit dem Bus ganz gemächlich Richtung Zürich. In Rapperswil machten wir einen längeren Boxenstopp.

Rapperswil


Rapperswil liegt im Kanton St. Gallen und außerdem am Nord-Ufer des Zürichsees. Der See hat hier eine Engstelle, die sowohl von einer Autostraße als auch durch einen sehenswerten Holzsteg überbrückt wird. Auf diese Art und Weise erreicht man Rapperswil auch vom Süden.

Rapperswil wird auch die Stadt der Rosen genannt, und das hat mehrere Gründe. Zum einen sind seit dem 12. Jhdt. auf dem Wappen zwei Rosen abgebildet. Und andererseits wurden 1913 am Seeufer große Rosenanlagen angelegt. Daneben gibt es aber noch zahlreiche private und öffentliche Rosengärten, die noch eine wesentlich längere Tradition haben. Leider hatten wir nicht die Zeit, uns mit den Rosen näher auseinanderzusetzen.

Denn zunächst bekamen die Elefanten auf dem Fischmarktplatz all unsere Aufmerksamkeit.

Der berühmte Zirkus Knie hat in Rapperswil erstens seinen Sitz und außerdem jedes Jahr dort sein Winterquartier. Um auf das Schicksal und die Gefährdung von Elefanten hinzuweisen, hat die Familie Knie 2020 die Wanderausstellung "Elephant Parade" nach Rapperswil geholt, die bis jetzt an mehr als 30 Orten weltweit zu sehen war (Details siehe hier).

Zahlreiche Künstler haben bereits solche Elefanten bemalt, für die Schweiz ist das etwa der Kabarettist Emil Steinberger (den ich persönlich sehr schätze, nur so nebenbei; zB hier beim Kreuzworträtsel). Er hat seinen Elefanten gemeinsam mit seiner Frau Niccel bemalt; und wenn man sich diesen Elefanten anschaut, kann man schon mehrere Emil- und Schweiz-Bezüge erkennen: Das Kreuzworträtsel natürlich, aber auch die Siegel daran (vgl. den Bundesbrief der Drei Bünde) und die weiß/grauen Bänder an den Knöcheln, die auch von  den Graubündnern getragen wurden und von denen sich angeblich ihr Name herleitet.

Geplant war, dass die Elefanten bis 26. April in Rapperswil bleiben und dann zum Flughafen Zürich weiterwandern. Aber wer weiß, ob das in Zeiten von Corona und Ein-Meter-Mindestabständen noch so stimmt...

Der Fischmarktplatz war voller Elefanten
Abstand zu halten war hier (noch) kein Thema.

Maria und unser Busfahrer Lutz






Wir gingen anschließend ein Stück die Seeuferpromenade entlang und bogen dann in die Gassen der Altstadt ab. Wir sahen, was man halt in guten eineinhalb Stunden so unterbringt.


Wir sind zwar nicht mehr in Graubünden, aber den Steinbock gibt es auch hier.

Die berühmte Szene mit dem Apfelschuss Wilhem Tells


Hauptplatz mit Rathaus

Rathaus

Ein paar sehenswerte Häuser in der Hintergasse



Aufgang zum Schloss

Aufgang zum Fenster
Technik und Natur, Bahn und Berge.
Unser Bus hatte auf dem Bahnhof geparkt

Das war's auch schon. Nach diesem Kurzbesuch in Rapperswil fuhren wir mit dem Bus gemächlich die Nordostküste des Zürichsees entlang. Wegen der besonders schönen Hanglage am See und weil das die Sonnenseite ist, sind die Grundstücke und Häuser den besonders Schönen und besonders Reichen vorbehalten; dieser Abschnitt wird daher auch "Goldküste" genannt.

Hier gibt es relativ viel Weinbau

Zürich


Wir fuhren bis in das Zentrum von Zürich; bei der Quaibrücke verließen wir den Bus und machten uns auf eigene Faust auf den Weg durch Zürich. Die Quaibrücke überquert die Limmat dort, wo sie beginnt, nämlich als Abfluss des Zürichsees; das Wasser fließt also vom See weg nach Norden und nicht umgekehrt.

Zu Hause hatten wir uns bereits einen schönen Rundgang zurechtgelegt, denn wir wussten ja, dass wir Zürich selbst erkunden sollten. Durch den Besuch von Rapperswil wurde die Zeit für Zürich aber reduziert und wir mussten uns eben auf das Aller-Aller-Wichtigste in Zürich konzentrieren.

Unser Rundweg beruhte auf einer Beschreibung, die ich im Internet gefunden hab und deckt wirklich fast alles Wichtige ab. Da wir nicht am Hauptbahnhof, sondern bei der Quaibrücke begannen, gingen wir eben die Stationen in umgekehrter Reihenfolge ab.

Wir gingen also zunächst am linken Limmat-Ufer bis zur Münsterbrücke; dort überquerten wir gleich einmal die Limmat, um ins Niederdorf-Viertel zu kommen, wo es die meisten Lokale gibt, denn es war inzwischen früher Nachmittag.

Linkes Ufer, im Hintergrund erkennt man schon die Münsterbrücke und das Großmünster

Münsterbrücke und Großmünster

Blick Richtung Rathaus und Niederdorf

Eines der wenigen Fotos, auf denen die Reiseteilnehmer zu sehen sind. Und dann gleich alle vier!


Aber nach dem Mittagessen gingen wir's dann wirklich an.


Im "Haus zum roten Gatter" wurde 1610 die erste Post in Zürich eingerichtet.

Später wohnte hier der berühmte Pädagoge und Schulreformer Johann Heinrich Pestalozzi

Die Schweiz und speziell Zürich waren immer wieder auch Zufluchtsorte für einige revolutionäre Köpfe, die hier im Exil lebten, weil sie zu Hause steckbrieflich gesucht wurden: Richard Wagner, Georg Büchner, Lenin, Michail Bakunin. Oder weil sie während der McCarthy-Ära in den USA nicht mehr arbeiten konnten, wie Thomas Mann und Bert Brecht.

Einige von den Erwähnten lebten in der Spiegelgasse, die hier gleich ums Eck beginnt.

Spiegelgasse 1: Cabaret Voltaire und Dadaismus

Die Spiegelgasse erweitert sich zu einem sehr netten Platz

nicht übel!

In einem Haus an diesem Platz lebte ...

Johann Caspar Lavater, der Erfinder der umstrittenen Therorie der Physiognomik, wonach sich nach dem Aussehen und der Kopfform auf den Charakter eines Menschen schließen lässt.

In Zürich gibt es noch einen Wohnturm aus dem 13. Jhdt. (Brunnenturm)

In diesem Haus lebte und starb Georg Büchner, Exilant aus Hessen, der dort mit dem "Hessischen Landboten" revolutionär aufgefallen war ("Friede den Hütten! Krieg den Palästen!")

Und in diesem Haus lebte Wladimir Iljitsch Uljanow (besser bekannt als Lenin), bevor ihn Deutschland 1917 nach St. Petersburg schmuggelte, damit er dort die Revolution anzettelte. Was er dann ja auch gemacht hat – mit allen ihren Folgen.

Wir gingen anschließend zum Rathaus hinunter an die Limmat, den Fluss entlang an einigen Zunfthäusern, bis wir das Großmünster erreichten.



Das Rathaus steht nicht an, sonder in der Limmat!

Zunfthaus zur Saffran gehört der Handelszunft; ihr Name leitet sich vom Gewürz Safran her, mit dessen Handel die Kaufleute reich wurden.

Das Zunfthaus zur Haue gehörte ursprünglich der "Zunft zum Kämbel" (Kamel), der Vertretung der Kleinhändler und -gewerbetreibenden. Später wurde das Haus von den Salzleuten übernommen und nach deren Werkzeug "Haue" benannt.
Inzwischen gehört das Haus wieder der (neugegründeten) "Gesellschaft zum Kämbel".

Das Zunfthaus zur Zimmerleuten braucht keine weitere Erklärung.


Das Großmünster mit seinen beiden charakteristischen Türmen ist das Wahrzeichen Zürichs. Es war die Wirkungsstätte des wichtigen Reformators Ulrich Zwingli und seines mindestens so wichtigen Nachfolgers Heinrich Bullinger. Letzterer ist der Verfasser des Zweiten Helvetischen Bekenntnisses (H.B.), das in vielen Ländern als Glaubensbekenntnis der Reformierten übernommen wurde (so auch in Österreich). Selbst Calvin hat es für gut befunden und angenommen.



Eingangsbereich des Münsters. Ganz rechts kann man schon ...

... Heinrich Bullinger erkennen.

Wir waren zwar auch drinnen, man darf aber leider nicht fotografieren.

Ein paar Stufen hinunter, über die Münsterbrücke, und schon steht man vor der Fraumünster-Kirche. Das Kloster wurde im 9. Jhdt. gegründet und nahm zunächst vorwiegend Frauen auf, später ausschließlich – daher der Name. Die Nonnen lebten nach der Benediktinerregel, durften aber das Kloster auch wieder verlassen und heiraten.

Im Inneren war Fotografieren leider wieder verboten, aber das eine oder andere diskrete Bild hab ich dennoch. Es gibt hier nämlich fünf Fenster und eine Rosette, die von Marc Chagall entworfen wurden, und die wollte ich schon festhalten; allein schon wegen des Bezuges zu Jerusalem und den Fenstern in der Synagoge des Krankenhauses Hadassa.

Blick vom Großmünster über die Münsterbrücke zum Fraumünster

Fraumünster

Drei der fünf Chagall-Fenster

Mehr Fotos und Erklärungen zu den Fenstern findet man auf der Website des Fraumünsters.
Es gibt in Fraumünster noch ein weiteres sehenswertes Fenster, gestaltet von Augusto Giacometti; hab aber auch davon selbst kein Foto.


Wir bewegten uns weiter zur Bahnhofstraße, gingen diese nur ein kleines Stück nach Norden um dann gleich wieder rechts abzubiegen zum Münzplatz und durch die Augustinergasse zu St. Peter.

Die berühmte Schokoladenmanufaktur Sprüngli auf dem Paradeplatz

Der Paradeplatz ist Teil der Bahnhofstraße

links geht die Bahnhofstraße weiter, rechts öffnet sich der Züghusplatz


Die Bahnhofstraße ist eines der – wenn nicht das – teuerste Pflaster weltweit!
Jeder, der schon einmal DKT oder Monopoly gespielt hat, weiß das!

Der Münzplatz ist meinem Gefühl nach einer der schönsten Plätze der Stadt

Münzplatz

Müllsammelstelle, kennen wir bereits.

Und an den nettesten Platz schließt gleich die netteste Gasse an: die Augustinergasse.

Augustinergasse

Augustinergasse

St. Peter liegt etwas erhöht auf einem Hügel. Der Turm hat das größte Ziffernblatt Europas und ist älter als die Kirche!
Der Turm gehört übrigens der Stadt Zürich, die Kirche gehört der Kirchengemeinde!

St. Peter liegt am Rande der alten Römersiedlung Turicum, die wiederum ihr Zentrum beim Lindenhof hatte, den wir gleich nach St. Peter ansteuerten. Von Turicum ist es sprachlich nicht weit zu Zuricum und noch weiter zu Zuric und Zürich. Der Name der heutigen Stadt lässt sich also bis zu den Römern zurückverfolgen.

Der Lindenhof liegt auf einem Hügel am linken Ufer der Limmat und bietet einen herrlichen Ausblick auf die Altstadt!

Der Lindenhof von der gegenüberliegenden Seite der Limmat gesehen. Das kleine bewaldete Hochplateau ist von einer Mauer umfasst, die auf dem Foto schön zu erkennen ist.
Foto: Roland zh / CC BY-SA

Leichter Anstieg in der Pfalzgasse, oben erwartet uns schon der Lindenhof

Lindenhof, im Hintergrund St. Peter

Bei diesem sonnigen Wetter wurden schon einige Partien Boule gespielt

Stützmauer auf der Limmatseite

Großmünster mit schneebedeckter Bergkette im Hintergrund

Predigerkirche und die berühmte Eidgenössische Technische Hochschule (ETH)

Blick nach Nordosten

Die Zeit war fortgeschritten. Wir suchten noch einen Platz für eine Kaffeepause und landeten ausgerechnet – auf der Bahnhofstraße! Wir kamen punktgenau zum Bus zurück und fuhren auch schon los zum Flughafen. Dort würden wir ziemlich viel Zeit haben, aber Maria wollte in Zeiten von Corona eher früher als später am Flughafen sein.

Dort waren dann schon die Corona-Maßnahmen deutlich zu sehen: Um in den Lokalen und Warteräumen mehr Abstand zu sichern, wurden Tische und Sessel entfernt und gesammelt in irgend eine Ecke gestellt. Einzelne Flüge sind schon ausgefallen. Aber immerhin: unser Flug ging planmäßig. Der Flugverkehr wurde dann erst einen Tag später eingestellt.


Reduzierung der Sitzplätze

auch hier in den Wartebereichen an den Gates

Abendrot am Flughafen


In Wien angekommen, war der ganze Ablauf wie zuvor; dh. wir hatten keinerlei Kontrolle unserer Körpertemperatur, wir wurden nicht in Quarantäne genommen und wurden auch nicht aufgefordert, in selbst auferlegte Quarantäne zu gehen; nichts dergleichen.

Stattdessen standen wir vor dem Flughafengebäude und warteten auf das Taxi. Wenige Minuten später waren wir schon bei Gundi und Fritz, bei denen wir unser Auto abgestellt hatten. Fritz hatte die Superidee, spontan noch einen kleinen Abschied bei ihnen zu feiern, denn so schnell würden wir in absehbarer Zeit wohl nicht mehr zusammenkommen können.

Und so ließen wir bei ein paar Würstel, Käse und Wein unsere Reise ausklingen. Schön war's!

Eine Reise ging damit zu Ende, die von Anfang an unter einem nicht sehr guten Stern stand. Aber wir hatten die letzten vier Tage erwischt, an denen eine Reise überhaupt noch möglich war. In diesen Zeiten ist an so etwas ja nicht einmal zu denken. Und sie war meiner Meinung nach unter den gegebenen Umständen in Ordnung. Dass man bei dieser Fahrt ein wenig spontan sein muss, war leider zu erwarten.

Im Nachhinein betrachtet bin ich also froh, sie gemacht zu haben! Ich freue mich, Zürich kennengelernt zu haben. Ich glaube, da muss ich unbedingt noch einmal hin!

Es wird eine Zeit nach Corona kommen! Dann wird das möglich sein! Kopf hoch!



Ende des Reiseberichts.

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