Mittwoch, 15. August 2018

Bayreuth - Nürnberg - Teil 2

Am Freitag machten wir einen ganztägigen Ausflug nach Nürnberg, das von Bayreuth nicht sehr weit entfernt liegt. Wir hatten vor, sowohl die Innenstadt als auch das Reichsparteitagsgelände zu besuchen. Für die Tour durch die Stadt sind wir bei der Vorbereitung zu Hause auf die "Historische Meile" gestoßen. Ich suchte noch eine Garage in der Nähe des Beginns dieser Meile aus; als wir dann dort ankamen, war von einer Historischen Meile allerdings nichts zu sehen. Also mussten wir kurzfristig umplanen.

Albrecht Dürer-Haus




Freitag, 3. August

In der Touristeninformation am Hauptmarkt erfuhren wir dann, dass die Historische Meile veraltet wäre und nicht mehr gepflegt würde. An etlichen Stationen würden keine entsprechenden Hinweistafeln zu finden sein. Was leider unserer Erfahrung entsprach. Von der Historischen Meile können wir also nur abraten!

Leider konnte uns die Dame am Schalter auch keine wirklichen Alternativen anbieten; auch die zahlreichen Folder, die dort auslagen, brachten uns nicht recht weiter. Also sind wir ziemlich erfolglos wieder abgezogen. Lediglich einen Stadtplan haben wir mitbekommen; der war allerdings sehr gut gestaltet.

Also setzten wir uns zunächst einmal in ein Lokal und versuchten, online etwas zu finden, was uns nach relativ kurzer Zeit auch gelang. Die Seite "Nürnberg auf eigene Faust" bietet zwei Stadtrundgänge an, die genau das boten, was wir suchten. Zwei Traubensaft-Schorlen später (es war wieder einmal glühend heiß) begannen wir mit Tour 2 und hängten die Tour 1 nahtlos an.


Gleich auf dem Hauptmarkt findet man den gotischen Schönen Brunnen. Er sieht aus wie eine gotische Kirchturmspitze und stellt das Weltbild des Heiligen Römischen Reiches dar: von der Philosophie über die Künste bis zu den Kurfürsten.

Der Schöne Brunnen

Philosophen bei der Arbeit

Ebenfalls auf dem Hauptmarkt befindet sich die Frauenkirche. Wir waren gerade zur rechten Zeit da, denn jeden Mittag gibt es über dem Portal ein Figurenspiel. Naja, es gehen ein paar Figuren (Kurfürsten) im Kreis, aber mit der Rathausuhr in Prag kann das nicht mithalten. Das Ganze ist auch ein wenig sehr hoch angebracht, sodass das Spiel nur schwer zu verfolgen ist.

Figurenspiel und Astronomische Uhr an der Frauenkirche

Im Inneren der Frauenkirche

Der Tucheraltar in der Apsis

Taufbecken


Wir gingen zunächst nach Süden und standen gleich einmal auf der Museumsbrücke. An der Stelle, an der heute die Museumsbrücke steht, gab es früher schon zahlreiche Vorgänger. Zunächst aus Holz, die aber alle vom Hochwasser weggespült wurden. Später teilweise aus Stein, später ganz aus Stein. Die heutige Brücke stammt aus dem Jahr 1954 und besteht im Kern aus Stahlbeton. Nur die Sichtflächen sind mit Sandstein verkleidet. Die Brücke hieß früher "Barfüßerbrücke", weil sie die Stadt mit dem südlich davon gelegenen Franziskanerkloster verband. Erst im 19. Jahrhundert wurde sie umbenannt auf "Museumsbrücke", weil statt des Klosters jetzt ein Lokal des Geselligkeits- und Lesevereins "Museum" dort stand.


Was wäre Nürnberg ohne Lebkuchen?

Museumsbrücke

Blick von der Museumsbrücke zur Fleischbrücke

Gebilde aus Sand; ausnahmsweise keine Burg, sondern ein Hund

Nach Überqueren der Brücke befanden wir uns bereits im Stadtteil St. Lorenz. Die Lorenzkirche ist die große gotische Kirche dieses südlichen Stadtteils. Die Sebaldkirche ist ihre Entsprechung im nördlichen Teil (dazu später). Diese beiden Kirchen führten einen ständigen Wettstreit um Bedeutung und Größe aus, bis St. Lorenz schließlich nachgab. Seit der Reformation sind beide Kirchen evangelisch und in St. Lorenz findet jeweils die Einführung des neuen Landesbischofs statt.


Der Tugendbrunnen gleich neben der Kirche.
Recht freizügige Darstellung für einen öffentlichen Raum. Dazu später noch mehr.

Der Nassauer-Turm, ebenfalls gleich gegenüber der Lorenzkirche.
Er ist ein befestigter Geschlechter-Wohnturm, ähnlich wie in San Gimignano



Imposante Fassade der Lorenzkirche

Portal

Rosette

Dieser metallene Stab gab das Maß vor, das bei der Errichtung der Kirche galt.

Die Kirche hat zwei bedeutende gotische Kunstwerke zu bieten. Einmal das Sakramentshäuschen von Adam Kraft, ein Tabernakel, das bis an die Decke reicht. Dabei schmiegt es sich an eine Säule an und das letzte Stück macht auch noch die Krümmung der Deckenrippe mit.

Das Sakramentshäuschen ...

... reicht bis an die Decke


Und zweitens den "Engelsgruß" von Veit Stoß, der die Verkündigung Gabriels an Maria darstellt. Die Darstellung ist umgeben von einem Kranz aus 55 goldenen Rosen.

Der Englische Gruß von vorne ...

... und von hinten





Wir gingen weiter Richtung Süden bis zum Handwerkerhof. Auf diesem Weg liegen noch die Mauthalle und das Denkmal für die Vertriebenen.

Die Mauthalle war früher Kornspeicher der Stadt, im Keller befand sich ein Weinlager. Später zog auch noch das Mautamt in dieses Gebäude ein, daher der Name. Heute befinden sich darin verschiedene Geschäfte, Büros und Ordinationen.

Denkmal für die Vertriebenen



Der alte Waffenhof ist heute ein Handwerkerhof mit zahlreichen Geschäften.
Im Hintergrund der Frauentorturm

Dort probierten wir auch die berühmten Nürnberger Rostbratwürste.

Wir verließen den Handwerkerhof wieder und kamen recht bald zum Neuen Musem sowie zum Germanischen Nationalmusem und zum Denkmal der Menschenrechte.

Frauentormauer aus rotem Buntsandstein. Viele Gebäude in Nürnberg sind aus diesem Material gebaut, was der Stadt einen deutlichen Rotstich gibt. Nicht ganz so ausgeprägt wie in Heidelberg, aber doch.

Das Neue Museum. Wir waren nicht drinnen, aber ein Besuch würde sich lohnen!

Das Gleiche gilt für das Germanisches Nationalmuseum.


Das Denkmal für die Menschenrechte.

Straße der Menschenrechte

Noch ein Stück weiter und man kommt zum Weißen Turm und zum Ehekarussell. Der Weiße Turm gehörte zur Stadtbefestigung und wird heute als Abgang zur U-Bahn verwendet. Gleich neben dem Turm wäre ein Abluftschacht zu sehen gewesen. Um diesen zu kaschieren, wurde das Ehekarussell in Auftrag gegeben. Dieser Brunnen zeigt die verschiedenen Stadien einer Ehe, wie sie Hans Sachs in einem seiner Gedichte beschrieben hatte. Manche der Figurengruppen sind ziemlich explizit; dieser Brunnen wäre in den puritanischen USA sicher undenkbar!


Weißer Turm

Abgang zur U-Bahn


Gesamtsicht des Ehekarussells

Die Freuden der Ehe

Die beiden sind aneinander gekettet

Hier reiten sie auf einem Höllensalamander und gehen sich bereits an die Gurgel


Der weitere Weg führte uns dann wieder zurück zum Hauptmarkt. Dazwischen lag als wesentliche Sehenswürdigkeit nur noch die Fleischbrücke, die wir bereits von der Museumsbrücke aus gesehen hatten.



Damit hatten wir einmal die erste Tour dieses Tages erledigt. Bei einer weiteren Schorle überlegten wir, ob wir die zweite Tour auch noch machen sollten, denn es war inzwischen 15:00 Uhr geworden. Aber die Kaiserburg, das Dürerhaus und die Fachwerkshäuser wollten wir auf keinen Fall versäumen. Also machten wir weiter.


Die Wegbeschreibung führte uns zunächst zu St. Sebald, der dominanten Kirche im nördlichen Teil der Altstadt. Wie bereits oben erwähnt, stand sie jahrzehnte- oder jahrhundertelang im Wettstreit mit der großen Kirche im Süden, St. Lorenz.


Sebalduskirche

Portal

Innenansicht

Grabmal für den Heiligen Sebaldus

Die Glasfenster wurden von reichen Bürgern der Stadt gestiftet und stammen aus der Zeit um 1500.  Einige wurden von Albrecht Dürer entworfen.

In der größten Nachmittagshitze gingen wir weiter zur Kaiserburg, dem Wahrzeichen Nürnbergs. Die Burg liegt, wie es sich für eine Burg gehört, auf einem Hügel über der Stadt. Von hier aus hat man einen schönen Überblick praktisch über ganz Nürnberg. Wir gingen nur in den ersten Hof und verließen die Burg auch schon wieder Richtung Dürerhaus.

Auf dem Weg zur Burg kamen wir noch am Fembohaus vorbei. Früher ein repräsentatives Kaufmannshaus, beherbergt es heute das Nürnberger Stadtmuseum

Teile der Kaiserburg. Links der Sinwellturm, im Vordergrund der sog. Affenfelsen

Blick in einen weiteren Hof der Burg

Noch einmal der dominierende Sinwellturm

Eingangstor der Burg, von innen gesehen

Ein paar Schritte weiter kamen wird zum Tiergärtnertor, das genau gegenüber dem Albrecht Dürer-Haus liegt. In diesem Haus lebte und arbeitete er von 1509 bis zu seinem Tod 1528. Heute ist es Museum und zeigt zahlreiche Arbeiten dieses Meisters.

Tiergärtnerturm mit Tiergärtnertor. Rechts im Vordergrund liegt ein Riesenhase.

Dieser Riesenhase ist ein Zitat eines der berühmtesten Werke Dürers: der Feldhase

Albrecht Dürer-Haus



Weiter ging es durch die Weißgerbergasse mit ihren zahlreichen Fachwerkshäusern, bis wir beim Hallertor und den daneben liegenden Kettensteg ankamen. Der Kettensteg ist eine Fußgängerbrücke über die Pegnitz und ist die älteste eiserne Hängebrücke (genauer: Kettenbrücke) Kontinentaleuropas.

Fachwerkshäuser ...

... in der Weißgerbergasse

Hallerturm

Die Pegnitz, im Hintergrund die Maxbrücke

Kettensteg

Wieder nur ein paar Schritte weiter und wir waren schon auf dem Unschlittplatz. Hier tauchte 1828 aus dem Nichts der Findling auf, der später Kaspar Hauser genannt wurde. Seine rätselhafte Vergangenheit gab natürlich Raum für zahlreiche Spekulationen, wer denn dieser Kaspar Hauser sein könnte. Untersuchungen im ausgehenden 20. Jahrhundert kamen zu dem Ergebnis, dass er jedenfalls nicht mit den Badener Fürsten verwandt sein konnte, wie das damals immer wieder behauptet wurde.

Vom Unschlittplatz führt die Maxbrücke zum sogenannten Weinstadel. Dieses sehr große Fachwerkshaus war - wie der Name vermuten lässt - tatsächlich das Weinlager der Stadt. Nach dem Krieg wurde es zu einem Studentenwohnheim umfunktioniert.

Der Weinstadel

Weinstadel

Vom Unschlittplatz geht noch eine weitere Brücke über die Pegnitz. Dieser überdachte Holzsteg führt zum Henkersturm und heißt deshalb auch Henkersteg. Der Scharfrichter gehörte zu den sogenannten "unehrenhaften Gewerben", niemand wollte mit ihm etwas zu tun haben (schon gar nicht in Ausübung seines Berufes). Daher führte nur dieser schmale Steg zur Henkerswohnung, die aus damaliger Sicht etwas abseits der Stadt lag; nämlich auf einer Insel der Pegnitz, auf dem sich heute der Trödelmarkt befindet. Früher wurde hier tatsächlich Markt gehalten, heute finden sich da zahlreiche Geschäfte des Kunsthandwerks.


Der Henkersteg führt über die Pegnitz zum Henkersturm

Henkersteg

Blick vom Henkersteg zur Karlsbrücke

Auf dem Trödelmarkt

Damit hatten wir auch die zweite Tour "auf eigene Faust" durch Nürnberg abgeschlossen. Wir marschierten jetzt immer dem Fluss entlang bis zur Garage, wo wir das Auto abgestellt hatten. Unterwegs kamen wir noch bei der einen oder anderen Sehenswürdigkeit vorbei.

Denkmal für Hans Sachs, den berühmten Schuhmacher und Dichter der Stadt Nürnberg

Spitalbrücke und Schuldturm

Denkmal für die Synagoge, die 1938 zerstört wurde, noch vor den allgemeinen Novemberpogromen.

Inschrift

Die Blauen Reiter

* * * * * * *

Obwohl wir nach diesem anstrengenden Tag schon ziemlich erledigt waren, besuchten wir noch das Weinfest in Bayreuth. Hier war richtig was los, die Band sorgte ordentlich für Wirbel. Nur die Weinausgabe war etwas ungeschickt gelöst: für diese unglaubliche Menge an Besuchern, gab es nur vier Stände, an denen ausgeschenkt wurde; die Warteschlangen waren dementsprechend lang. Aber irgendwann schafften wir es. Jetzt hatten wir zwar gefüllte Gläser aber es war einfach kein Sitzplatz zu ergattern. Also setzte sich Jutta auf ein Mäuerchen bei den Wasserspielen für die Kinder und ich trank meinen Wein im Stehen.



Von der Sonne angeleuchtete Wolke im Abendhimmel


Teil 3 berichtet noch von zwei kleineren Ausflügen
sowie vom Reichsparteitagsgelände in Nürnberg



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