Freitag, 3. November 2017

Barcelona 2017 - Teil 3

Teil 3 beginnt mit Antoni Gaudí (Casa Milá) und endet auch mit ihm (Park Güell). Dazwischen waren wir noch auf dem Montjuic und vor allem im Stadtviertel Raval. Da hatten wir eine wirklich interessante geführte Tour durch die ehemals eher anrüchige Gegend gleich neben der Rambla.

Casa Milá


Samstag, 28. Oktober


Ein Besuch - und wenn es nur ein Vorbeischauen ist - bei der Casa Batlló ist ebenso Pflicht wie ein Besuch der Casa Milá . Dieses Haus von Gaudí steht auf dem Passeig de Gracia, für uns also leicht erreichbar; es war unser erster Programmpunkt für diesen Samstag. Gaudí hat es für die Familie Milá entworfen; wegen der Steinfassade wird es auch "La Pedrera" (der Steinbruch) genannt. Die Schwünge in der Fassade sollen an die Wellen im Meer und die schmiedeeisernen Balkongeländer an Seetang erinnern.

Die kunstvollen Kandelaber auf dem Passeig de Gracia sind an sich schon sehenswert



Casa Milá



Materialprüfung

Kurzer Blick ins Innere

Jeder Stein eine Extraanfertigung



Danach fuhren wir mit der Metro zum Hafen runter, dort hat nämlich die Seilbahn auf den Montjuic eine Mittelstation, und der Plan war, dort in die Seilbahn einzusteigen und auf den Berg damit raufzufahren - so wie wir das 2006 schon gemacht hatten. Wir marschierten also zielstrebig auf den markanten Turm zu, nur um dort dann zu lesen, dass er gesperrt wäre, weil der Lift erneuert wird!

Torre Jaume I (Mittelstation der Seilbahn)
Foto aus 2006


Na schön, machen wir das Beste daraus; die Hafenpromendade (Passeig de Colom) wollten wir ohnehin auch noch abgehen, also warum nicht jetzt?

Hafenpromenade, im Hintergrund der Montjuic

Klappbrücke

Die fröhliche Languste

"Das Gesicht Barcelonas", eine Skulptur von Roy Lichtenstein am Ende der Promenade


Allerdings ist es vom "Gesicht Barcelonas" bis zum ersten Turm der Seilbahn (Talstation) noch ein ordentlicher Fußmarsch. Der Turm scheint zwar nicht allzu weit entfernt zu sein, aber er will und will nicht näher kommen, solange man auch gehen mag. Irgendwann waren wir dann doch dort und wir konnten einsteigen.

Tücher werden inspiziert

Im Port Vell (alter Hafen) liegen Millionenwerte in Form von Yachten

Na also, die Talstation!

Eine Gondel schwebt gerade herein
Von der Seilbahngondel aus hat man natürlich einen wunderschönen Blick auf Barcelona:

Torre AgBar

Hafenpromenade, links im Hintergrund (Allee) das untere Ende der Rambla

Hafen, im Hintergrund die Sagrada Familia



Der Montjuic ist ein Hügel, der von der Stadt her nur mäßig ansteigt, zum Meer aber relativ steil abfällt. Dieser Berg wurde und wird sehr vielseitig genützt: er war jüdischer Friedhof (damals noch außerhalb der Stadt), Steinbruch (unter anderem für Santa Maria del Mar); das Olympiagelände, Poble Espanyol, der Nationalpalast mit Brunnen, ein botanischer Garten und vieles mehr sind dort zu finden.

Wir wollten vor allem wegen der Aussicht und des botanischen Gartens rauf.

Sehr knorrige alte Bäume ...

... mit beeindruckenden Wurzelknoten

Bourgainville

Und vor allem Kakteen in allen möglichen Formen




Diese Palme hat sogar einen Stein gesprengt

Auch hier oben nisten wieder zahlreiche Papageien


Nachdem wir genug Kakteen gesehen hatten, gingen wir zu Fuß den Berg runter, bis wir in der "Avinguda del Paral.lel" auf eine Metro trafen und damit wieder zur Placa Catalunya fuhren. Diese Straße heißt übrigens so, weil sie parallel zum Äquator verläuft, also genau in Ost-West-Richtung.

Die Schreibweise der "Paral.lel" ist zwar für uns etwas merkwürdig, aber richtig. In der spanischen und katalanischen Sprache gibt es den Buchstaben "ll", der normalerweise "lj" gesprochen wird. Beispiel: "Paella", gesprochen "Paelja". Wenn man jetzt ein Wort mit einem Doppel-L vor sich hat, bei dem das "ll" aber nicht "lj" sondern wirklich "ll" gesprochen werden soll, muss man sich was einfallen lassen - eben den Punkt mitten im Wort. Dieses Problem stellt sich im Spanischen nicht, da würde man schlicht und einfach auf das zweite L verzichten.

Wenn wir schon dabei sind: Der Buchstabe "ü" ist im Spanischen kein "ü" wie in "Süden", sondern ein "u", das tatsächlich als solches gesprochen wird. Beispiel "Park Güell", gesprochen "Park Guell" (u und e getrennt gesprochen). Würde man die U-Punkte (Trema) weglassen, würde daraus ein gesprochener "Park Gell", würde man das U überhaupt weglassen (Park Gell), wäre es ein "Park Chell" (wie "Sache").

Aber noch sind wir nicht beim Park Güell, vorher besuchen wir noch das Stadtviertel "El Raval". Diese Gegend zwischen der Rambla und der Paral.lel war früher gekennzeichnet von Prostitution, Drogen und hoher Kriminalität; Touristen wurde abgeraten, in dieses Viertel hineinzugehen. In den letzten Jahren hat die Stadt zahlreiche Institutionen dort angesiedelt (Museen, Universität), sodass sich die Lage dort wesentlich verbessert hat - allerdings verbunden mit Gentrifizierung, sodass ärmere Schichten so nach und nach aus dem Viertel gedrängt werden. Prostitution, Drogen und Kriminalität gibt es dort zwar immer noch mehr als im übrigen Barcelona, aber gegenüber früher vergleichsweise weniger. Es gibt inzwischen sogar geführte Touren durch el Raval. Wir nahmen an so einer Teil. Unser tour guide Paulo stammte aus Bolivien und meinte, verglichen mit Bolivien ist el Raval schlicht und einfach harmlos.

Das Etablissement der Madame Petit wurde abgerissen. Früher verkehrten dort Matrosen genauso wie Politiker.
Es gibt hier sehr viel street art, hier eine moderne Version (selfie stick!) von Picassos Guernica



An manchen Häusern gibt es noch Richtungsanweisungen für Pferdefuhrwerke. Vergleichbar mit einem Einbahn-Schild von heute.


Der Industrielle Eusebi Güell war ein Neureicher, der vom alten Adel Barcelonas nicht gern gesehen wurde. Er hat sich von Gaudí einen Stadtpalast just in el Raval errichten lassen. Beide wussten, dass der Palast und sein Reichtum dorthin passten wie die Faust aufs Auge, daher wurde das Haus von vornherein mehr oder weniger als Festung konzipiert (vergitterte Fenster und Türen, brandfestes Material).

Palau Güell

Gaudís Formenverspieltheit ist bereits in diesem früheren Werk deutlich sichtbar

Antoni Gaudí war sehr religiös und legte in seinen späteren Jahren quasi ein privates Armutsgelübde ab. Er lief nur noch in einfachster Kleidung herum, spendete sein Vermögen und wohnte zuletzt auf der Baustelle seiner Sagrada Familia. Als er 1926 von einer Straßenbahn erfasst und dabei schwer verletzt wurde, wurde er gar nicht als Gaudí erkannt, sondern der vermeintliche Bettler wurde in das Armenspital "Santa Creu" (in Raval) gebracht, wo er einige Tage darauf auch seinen Verletzungen erlag.

Kreuzgang im ehemaligen Armenkrankenhaus

Gedenktafel für das nicht mehr existierende Haus, in dem Fußballklub FC Barcelona gegründet wurde. Aus dem deutschen "Johann Gamper" wurde später "Joan Gamper", um die deutschen (eigentlich schweizerischen) Wurzeln des Vereins zu verwischen.

street art, hier von space invader

Ein weiteres Beispiel: "Kunst wächst wie Pilze überall"

Keith Haring verzierte eine etwa 30m lange Wand mit einem Statement zu AIDS (er war selbst betroffen).
Die Schlange AIDS bedroht die Menschheit, gemeinsam können wir sie besiegen.

SIDA (= AIDS, spanische Schreibweise)

nix sehen, hören und reden

"alle gemeinsam können wir AIDS aufhalten"

Diese Bibliothek bietet vor allem linke und anarchistische Literatur an.
Das Bild über dem Schriftzug "La Rosa de Foc" (schwarze Häusersilhouette, roter Himmel), spielt auf die "Tragische Woche" 1909 an, als bei einer Auseinandersetzung zwischen Anarchisten und der Republik an die 70 Kirchen und Klöster in Brand gesteckt wurden.

Verkauf von Hanfpflanzen

Ähnlich wie der Palau Güell passt auch das Luxushotel "Barceló Raval" wie die Faust aufs Auge in dieses Viertel.
Die Vergitterung schützt die Glasfassade vor diversen Wurfgeschoßen.
Der Kater von Fernando Botero auf der Rambla del Raval ist inzwischen ein Wahrzeichen des Viertels geworden.

El Gato Botero


2013 kam es in el Raval zu einem folgenschweren Polizeieinsatz. Angefangen hat alles mit Hundegebell, über das sich jemand aufregte. Juan Andrés Benítez wollte den Streit schlichten, wurde aber selbst darin verwickelt. Immer mehr Beteiligte, immer mehr Polizei. Es endete damit, dass Juan Andrés von der lokalen Polizei so sehr festgehalten und geschlagen wurde, dass er an seinen Verletzungen starb. Die beteiligten Polizisten wurden zunächst nur suspendiert und zu 200.000 Euro Zahlung verurteilt, erst 2016 wurden mehrjährige Haftstrafen ausgesprochen. Die Nachbarschaft hat auf dem Nebengrundstück einen Garten im Andenken an Juan Andrés angelegt und pflegt ihn bis heute. Paulo hat uns gebeten, aus Respekt vor diesen Geschehnissen keine Fotos zu machen.

Agora Juan Andrés Benítez

* * *

Es ist jetzt bereits 17:45 und die Dämmerung naht, wir waren aber immer noch nicht im Park Güell!

Die Partnerschaft von Gaudí und Güell zieht sich wie ein roter Faden durch Barcelona: Güell hatte das Geld, Gaudí die Ideen - eine perfekte Symbiose also, auch für den Park Güell.

Dummerweise geht die Metro nicht bis dorthin, sondern nach der U-Bahn folgt noch ein Bus, der sich in zahlreichen Schleifen durch die engen Gassen windet. Die richtige Station heißt dann auch noch irgendwie, nur nicht "Park Güell" oder so; man muss es einfach wissen, oder man springt schnell aus dem Bus, wenn man glaubt, dass man dort ist (Google Maps ist da sehr hilfreich). Etwas ungeschickt also, das Ganze.

Noch schnell Tickets gekauft, obwohl wir darauf hingewiesen wurden, dass es in 30 Minuten dunkel sein würde, und um 19:00 standen wir beim Einlass. Uff, geschafft!

Um 20:00 schließt der Park bereits, wir haben uns daher auf das Wesentlichste beschränkt: den Eingangsbereich, die Treppe mit dem Salamander, die Säulenhalle und die darüber liegende Terrasse (Hauptplatz) mit der Schlangenbank.


Beschriftung an der Außenseite der Parkmauer in typischem Gaudí-Stil



Diese Treppe führt vom Eingangsbereich nach oben zum Salamander und weiter zur Säulenhalle

Pavillon beim Eingang

Kathi und der Salamander. "Nicht hinsetzen!" wird es gleich erschallen

Der Salamander ist eines der Wahrzeichen der Stadt.
Foto aus 2006


Säulenhalle mit Deckenornamenten.
Die Säulen sind hohl und leiten das Regenwasser in eine unterirdische Zisterne. Dieses Wasser speist dann die diversen Springbrunnen.

Deckenornament

Die Decke der Säulenhalle ist Basis für den großen Platz mit der Schlangenbank

Die Schlangenbank läuft den ganzen Platz herum ...

... und ist mit Ornamenten aus Keramikbruch bedeckt

Inzwischen ist es dunkel geworden. Den Pavillon beim Eingang (Portierhäuschen) kann man aber noch erkennen.

Treppenaufgang bei Nacht

Der Park ist aber noch wesentlich größer als nur der Aufgang und die Terrasse. Überall ist die Handschrift von Gaudí zu erkennen.
Foto aus 2006


Sehr schöne Fotos gibt es übrigens auch auf der spanischen Seite der Wikipedia zum Park Güell.

Wir waren bei den Letzten, die den Park verlassen haben, hinter uns wurden die Tore geschlossen. Aber wir haben es geschafft!

* * * * * * *

Drei Tage sind um, wir haben sie bis zur letzten Minute für Besichtigungen genützt! Aber dennoch ist die Liste der Dinge, die wir nicht gesehen haben, immer noch lang:

  • Wir haben außer der Sagrada Familia kein anderes Gebäude von innen gesehen
  • Museum und Park Miró
  • Nationalpalast, Musikpalast
  • diverse Kirchen, etwa Santa Maria del Mar, der sehenswerte Innenhof der Kathedrale (Palmen und Gänse!)
  • Casa Batlló und Casa Milá, der Palau Güell in Raval
  • die historischen Schiffswerften (Drassanes)
  • Castell de Montjuic
  • die ehemalige Stierkampfarena, die zu einem Einkaufszentrum umgebaut wurde (Placa Espanyol)
  • und, und, und (Liste bei weitem unvollständig)

Barcelona bietet also Programm für viele viele Tage. Aber man kann ja öfter hierher kommen!


Sonntag, 29. Oktober

Aber erst müssen wir zunächst einmal an diesem Sonntag zum Flughafen kommen! In Zeiten der täglichen Demos eine Frage des Timings! Der Flughafenbus fährt von der Placa Catalunya ab, an diesem Sonntag aber nur bis 11:00 Uhr, danach ist der Platz schon wieder reserviert; diesmal war es die große Demo für die Spanische Einheit!

Auf dem Passeig de Gracia (kurz vor der Placa Catalunya) wird bereits eine Bühne aufgebaut und Kamerateams bringen sich in Stellung


Katalanische und Spanische Flagge friedlich nebeneinander

Wir waren bereits um 9:00 Uhr da, also kein Problem

In Ostösterreich war es an diesem Sonntag so stürmisch, dass Friedhöfe und Parks aus Sicherheitsgründen gesperrt wurden. Dementsprechend rumpelig war der Anflug auf Wien, da hat es den Flieger schon ordentlich durchgeschüttelt. Ging aber letztlich alles glatt; wir kamen sogar früher an als geplant und Martin hat uns wie immer vom Flughafen abgeholt.

Ende des Reiseberichts!



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2 Kommentare:

  1. Das Barcelona dieser Tage hast Du wieder hervorragend beschrieben! Da werden wieder schöne Erinnerungen an unsere gemeinsame Reise nach Barcelona 2006 wach! Kann ich nachvollziehen, dass die Zeit zu kurz war! Aber Kathi hat hoffentlich das spanische und/oder katalanische Flair gut mitbekommen! - Gundi

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  2. Wieder mal ein toller Bericht, danke. Grüße HaWe

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