Freitag, 24. Februar 2017

Helsinki / St. Petersburg / Tallinn 2010 - Teil 4

Vorher wussten wir das noch nicht; aber wir waren auf dem Weg zu einem der absoluten Highlights dieser Reise. Wenn heute jemand Tallinn erwähnt, kommen wir alle (die Reiseteilnehmer) ins Schwärmen - auch noch nach so langer Zeit!

Heiliggeist-Kirche in Tallinn




Tallinn wurde im 11. Jahrhundert gegründet und hieß bis 1918 offiziell Reval. Die Stadt hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich; maßgeblich geprägt wurde sie aber durch deutschen Einfluss: durch den Deutschen Orden, der sich über Ostpreußen und das Baltikum bis in das nördliche Estland vorgearbeitet hatte; und durch die Hanse, die in Tallinn ihren östlichsten Posten hatte.

Die Altstadt liegt auf einem Hügel und ist klar in zwei Schichten geteilt: in der Oberstadt lebten der Adel, die Geistlichkeit und die Stadtoberen, in der Unterstadt die Kaufleute. Ober- und Unterstadt sind durch eine Mauer getrennt, damit das auch allen klar ist. Außerhalb der heutigen Altstadt lebte das gemeine Volk. Die Altstadt (gemeint sind beide Teile) ist durch eine starke Mauer befestigt; in die Mauer integriert sind zahlreiche Türme, denen die Einheimischen witzige Namen verpasst haben. Da gibt es den Langen Hermann, die Dicke Margarethe oder den Kiek in de Kök (=guck in die Küche). Auch Straßen und Gebäude tragen originelle Namen, etwa das Lange Bein und das Kurze Bein (Straßen) oder eine Häusergruppe namens Die Drei Schwestern.

Die estnische Sprache ist der finnischen sehr ähnlich, Esten und Finnen können sich ohne Übersetzer problemlos unterhalten. Es gibt aber auch eine starke russische Minderheit (eine Folge der Sowjetzeit), die es seit der Wende nicht sehr leicht hat. Estland wurde schon mehrmals ermahnt (auch von der EU), die Russen nicht mehr als Menschen zweiter Klasse zu behandeln! Da die derzeitige russische Führung nicht zögert, ihre Landsleute in Schutz zu nehmen (Krim, Ost-Ukraine), ergibt sich in dieser Region eine durchaus brenzlige Lage.

Nach dieser kleinen Einleitung jetzt wieder zurück zu unserer Reisechronik. Wir hatten zwei Tage lang einen estnischen Reiseführer, der uns durch die Stadt begleitete; wir hatten aber auch immer wieder Zeit für eigene Spaziergänge.

Montag, 26. Juli und Dienstag 27. Juli 2010


Heiki war unser Reiseführer, der uns Tallinn näher brachte

Schloss zu Tallinn

Im Schlosspark

Russalka-Denkmal. Die Russalka war ein Schiff der russischen Marine, das in stürmischem Wetter im Finnischen Meerbusen gesunken ist.

Die Balten singen gerne in großen Gruppen. Zur Sowjetzeit wurden die Sängertreffen immer wieder als anti-sowjetische Demonstrationen verstanden. Einer der Initiatoren war der Chorleiter Gustav Ernesaks, dessen Denkmal den Platz von ganz hinten überblickt.

Gustav Ernesaks

1889 gab es eine Vorführung eines Fallschirms, bei der der Springer leider tödlich verunglückte. Dieses Denkmal erinnert an diesen tragischen Vorfall.
Ich hab bei meinen Recherchen fast nichts zu diesem Thema gefunden; lediglich dieser Artikel spricht das Ereignis kurz an.

Linda wollte einen Stein zum Grab ihres Ehemannes Kalev tragen, was ihr aber nicht gelang. Sie setzte sich auf den Stein und begann zu weinen. So viel, dass daraus der Ülemiste-See entstand. Der Stein ragt heute noch aus dem See, der bis heute die wichtigste Trinkwasserquelle der Stadt ist. Dieses Denkmal erinnert an diese mythologische Episode.

Die Alexander-Newski-Kathedrale erinnert an die russische Zeit Tallinns

Der Dom steht am höchsten Punkt der Oberstadt

Im Inneren des Doms


Der Rundgang führt uns vom Dom bis zum Rathausplatz. Ein Eingangstor auf dieser Stecke.

Auf dem Weg zum Rathausplatz

Nullpunkt auf dem Rathausplatz. Wenn man sich auf diesen Punkt stellt, sieht man im Umkreis sieben Turmspitzen der Stadt!

Am Rande des Rathausplatzes befindet sich die Ratsapotheke aus 1422, eine der ältesten Apotheken Europas, die noch in Betrieb ist!

In der Apotheke




Den Schnaps gibt's zwar auf dem Rathausplatz, aber nicht in der Apotheke!


Peppersack

Nikolai-Kirche

Kurzes Bein...

...mit Durchgang zum...

Langen Bein. Das Lange Bein läuft entlang der Trennmauer zwischen Ober und Unterstadt und führt bis zur Dicken Margarethe.

Die Finanzverwaltung ist Teil der Oberstadt; hier vom Langen Bein aus fotografiert. Sehr deutlich ist die Trennmauer zu erkennen.

Langes Bein

Regierungspalast in der Oberstadt. Von hier aus hat man einen schönen Ausblick auf den Hafen und den Finnischen Meerbusen.

Teile der Stadtmauer...

...sind heute noch begehbar.
Hoppla, auf diesem Foto bin ja einmal ich zu sehen! Wie ist das denn passiert?




Eingang zur Katharinen-Gilde, die heute viele Geschäfte des Kunsthandwerks beherbergt.


Hutmacher

Glasbläser

Keramik

Einige alte Grabplatten wurden hier versammelt

Kleine Rast zwischendurch in der Katharinengilde

Russische Botschaft

Big Brother auf dem Dach der Botschaft

Die Händler waren in Gilden organisiert. Hier der Eingang zur Schwarzhaupt-Gilde

Namengebendes Detail

Auf dem Weg...

...zur Olai-Kirche

Im Inneren der Olai-Kirche

Keine Sorge! Die Köpfe sind noch dran!

Die Drei Schwestern waren früher Handels- und Speicherhäuser, heute sind sie Hotels.

Am Ende des Langen Beins steht die Dicke Margarethe, ein sehr sprechender Name für diesen Turm der Stadtmauer!

Die Dicke Margarethe

1994 kam es zur großen Fährkatastrophe mit der Estonia. Dieses Denkmal erinnert daran.

Die Fahrt beginnt,...

...sie endet aber im Nichts.

Am anderen Ende der Altstadt steht der Turm Kiek in de Kök (guck in die Küche)

Er steht so nahe an den Häusern, dass man vom Turm aus in die Küchen sehen kann!

Ganz in der Nähe steht der Lange Hermann

Der Hafen liegt nur wenige Gehminuten von der Altstadt entfernt. Man fährt nur etwa eine Stunde von Helsinki hierher, was die Finnen auch leidlich nutzen - vor allem für Alkoholkonsum, der in Estland wesentlich billiger zu haben ist als in Finnland!

Ausflug nach Rocca al Mare (26. Juli)

Etwas westlich von Tallinn befindet sich das Freilichtmuseum Rocca al Mare. Aus ganz Estland wurden alte Häuser hierher gebracht und originalgetreu wieder aufgebaut (ähnlich Szentendre bei Budapest).



Landwirtschaftliches Geschirr

Diverse Holzverbindungen

Schiebetür

Schaukel

Giebelkreuz

Einfaches Stallgebäude aus lose gelegten Steinen

Geflochtener Holzzaun

Nordischer Kinderspielplatz

Nach diesen zwei Tagen war unser Besuch in Nordeuropa auch schon wieder zu Ende - unglaublich, wie schnell so eine Woche vergeht!

Was wird in Erinnerung bleiben? Vor allem der krasse Gegensatz zwischen St. Petersburg und Tallinn. Auf der einen Seite eine Millionenstadt, die schon als Hauptstadt eines Großreiches geplant und angelegt wurde. Auf der anderen Seite die alte, gewachsene Stadt auf dem Hügel mit ihren engen Gassen und der langen und bewegten Geschichte.

Wie schon eingangs erwähnt, war vor allem Tallinn die große positive Überraschung. Dass St. Petersburg groß und sehenswert ist, wussten wir schon vorher. Aber Tallinn. Wirklich eine Reise wert! Wer noch überlegt, ob er oder sie dorthin fahren soll oder nicht, dem können wir nur dringend empfehlen, sich für Tallinn zu entscheiden.

Ich komm schon wieder ins Schwärmen für diese Stadt!

Ende des Reiseberichts!


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