Donnerstag, 1. Dezember 2022

"Die Blendung" im Stadttheater Baden

Für den Roman "Die Blendung" bekam Autor Elias Canetti 1981 den Nobelpreis.

Paulus Hochgatterer ist im Hauptberuf Kinder- und Jugendpsychiater, im Nebenberuf aber auch Autor und hat als solcher schon etliche Romane veröffentlicht; einige davon hab ich auch gelesen. Er ist derjenige, der aus Canettis Roman ein Theaterstück formte.

Und Nikolaus Habjan ist ein toller Regisseur und Puppenspieler. Seine Inszenierung des "Don Quijote", bei der sämtliche Figuren lebensgroße Puppen waren, bleibt uns sicher noch lange in guter Erinnerung.

Beste Voraussetzungen also für einen gelungenen und aufregenden Theaterabend. Wir sahen das Stück im Stadttheater Baden als Gastspiel des Landestheaters St. Pölten.


Landestheater Niederösterreich / Luiza Pulu


Ich muss gestehen, dass ich die Romanvorlage nicht gelesen habe. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht so der riesengroße Fan von Elias Canetti bin. Vor ein paar Jahren hab ich den ersten Band seiner Autobiografie "Die gerettete Zunge" gelesen – auf die weiteren Bände hab ich dann verzichtet. Unglaublich, was ein Kind und Jugendlicher alles auf die Reihe kriegt, ein echter Wunderwuzzi. Seine Selbstverliebtheit fand ich schon ziemlich penetrant.

In den Beschreibungen ist immer wieder die Rede, dass hier die Umbruchstimmung zwischen den beiden Weltkriegen skizziert wird. Das kommt im Stück leider nicht wirklich heraus.

Was gut heraus kommt, ist der Anspruch der Haushälterin Therese, sobald sie die Ehefrau des großen Sinologen Kien ist. Da wird sie sofort "raumgreifend", im wahrsten Sinn des Wortes. Vertraglich stand ihr einer von vier Räumen der mit Büchern vollgestopften Wohnung zu, aber so nach und nach nimmt sie ein Zimmer nach dem anderen in Beschlag. Zuletzt drängt sie den Bücherwurm aus seiner eigenen Wohnung. Dort wird er dann so richtig mit der Umwelt und deren Realität konfrontiert. So weit, so klar.

Aber die anderen Szenen und Personen zünden nicht so recht. Weder der Hausmeister Pfaff noch der kleine Gauner Fischerle. Eher farblos. Ausnahme bleibt der Möbelverkäufer Grob, über den die sexuell vernachlässigte Therese gleich im Geschäft herfällt.

Ansonsten plätschert das Stück so dahin bis zum Grande Finale, in dem die Wohnung abbrennt – mit Kien mittendrin. Dass der davor sich immer mehr in Wahnvorstellungen hineinsteigert, kommt ebenfalls nicht so richtig rüber.

Sehr gut fanden wir die Schauspielerriege sowie den Einsatz der Puppen. Die gab es nur für ein paar Personen des Stücks, die anderen blieben ohne Double. Die Darsteller und Darstellerinnen drückten ziemlich drauf: Große Bewegungen, große Gesten, große Mimik. Manchmal wurde ich an die gute alte Spielfilmzeit erinnert. Dazu noch große Lautstärke.

Als wir, die Siebenergruppe, nach der Vorstellung beieinander standen, waren die Fragezeichen groß. Was hatten wir da eben gesehen? Was wollte man uns mitteilen? Wahrscheinlich sehr viel, es ist bloß nicht bei uns angekommen.

Nach all der Vorfreude leider eher enttäuschend.






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen