Freitag, 19. April 2019

"Diese Geschichte von Ihnen" im Akademietheater

Christian Köllerer führt einen Blog, den ich seit einigen Jahren verfolge. Seine Einstellung zum Theater ist ganz ähnlich zu meiner, sodass seine und meine Kritiken oft sehr ähnlich ausfielen. Wenn ihm also ein Stück derart gut gefällt wie dieses, ist das schon ein sehr gutes Argument, ebenfalls dorthin zu gehen.

Das Stück von John Hopkins aus dem Jahr 1968 ist auch schon einmal verfilmt worden, der deutsche Titel lautet "Sein Leben in meiner Gewalt"; passt schon einmal ganz gut als Inhaltsangabe.

Im Akademietheater ist es wirklich top-besetzt. So wurden - abgesehen von der Geschichte selbst - die mehr als zweieinhalb Stunden nie langweilig.

Gestern Abend war es dann endlich soweit; es war nämlich gar nicht so leicht, Karten zu bekommen. Erstens steht es nicht sehr oft auf dem Spielplan, und wenn, dann ist es rasch wieder ausverkauft.

Sergeant Johnson bearbeitet den verdächtigten Baxter
Foto: Bernd Uhlig



Um drei Uhr Früh poltert Sergeant Johnson im Wohnzimmer herum, sodass seine Frau aufwacht und zu ihm kommt. Er erzählt ihr, dass sie (die Polizei) endlich einen Kinderschänder auf frischer Tat ertappt und ihn aus dem Verkehr gezogen hätten, nachdem er die Wochen davor schon mehrfach tätig geworden war. Allerdings ist er, Johnson, im Verhör mit dem Verdächtigen so hart umgegangen, dass er ihn wahrscheinlich erschlagen hat. Er liegt zwar noch im Krankenhaus, Johnson erwartet aber jeden Augenblick den Anruf, dass er tot ist - der dann etwas später auch kommt.

Das ist aber schon so ziemlich das Einzige, was Johnson seiner Frau Maureen erzählt, denn er will sie mit den Bildern, die er im Kopf trägt, nicht belasten. Sie erkennt, dass er unbedingt Hilfe braucht, schafft es aber nicht, ihn zu öffnen; die Kommunikation zwischen den Eheleuten bleibt stecken - wie immer.

Der tödliche Ausgang des Verhörs hat natürlich Folgen. Chief Inspector Cartwright leitet die interne Untersuchung. Bei einem ersten Gespräch macht er Johnson gleich klar, wer hier das Sagen hat und wie er die Sache sieht: nämlich ganz anders als Johnson. Für Cartwright hat Johnson einen Mann festgenommen, der auch zufällig dort gewesen sein könnte. Die Aussage einer Zeugin, die den verdächtigen Baxter gemeinsam mit dem Kind gesehen haben will, ist mehr als zweifelhaft, weil die Entfernung viel zu groß war. Und überhaupt: es gibt überhaupt keine Beweise und Johnson hat gegen Baxter nichts in der Hand. Für ihn sieht es so aus, als hatte sich Johnson einfach eine Geschichte zurecht gelegt und versuchte, Baxter in diese Geschichte hineinzupressen. Diese "Leistung" passt ins Bild seiner bisherigen Karriere, denn Johnson ist seit 20 Jahren unverändert Sergeant, ohne Aussicht auf eine Beförderung.

Im dritten Akt wird in einer Rückblende dann das Verhör gezeigt. Man erkennt relativ rasch, dass alles so gewesen sein könnte, wie Johnson sich das zusammenreimt, aber eben auch ganz anders; wirkliche Beweise hat er nicht, und die wird er aus Baxter auch nicht herausbekommen. Der ist Johnson zwar körperlich unterlegen, aber er hat schnell begriffen, dass er eben nichts Brauchbares gegen ihn in der Hand hat - und schweigt in weiterer Folge. Also greift Johnson zu gewaltigeren Argumenten...

* * *

Die Zeit verging wie im Flug, es wurde, wie schon erwähnt, nie langweilig. Inszenierung und Ensemble ist das zu verdanken, und so gab es am Ende des Abends Riesen-Schlussapplaus. Ein toller, faszinierender, unter die Haut gehender Theaterabend ging damit zu Ende!

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