Sonntag, 31. März 2019

Was vom Tage übrig blieb. Monatsrückblick März 2019

Vergangenen März war allerhand los! Ist die Winterruhe nun vorbei, oder warum ist die Liste diesmal so lang?

  • Reisen in die Türkei kann Ihre Freiheit bedrohen
  • Sonderermittler Robert Mueller legt seinen Endbericht vor
  • Sensationelle Wahlbeteiligung in Nordkorea
  • Neuer Name für Kasachstans Hauptstadt
  • Jair Bolsonaro besucht den Großen Onkel
  • Italien nimmt an der neuen Seidenstraße teil
  • Brexit oder Wir wissen zumindest, was wir nicht wollen
  • Spende aus zweifelhafter Quelle
  • Die Protestanten H.B ermöglichen die Ehe für homosexuelle Paare
  • Radovan Karadžić zu lebenslanger Haft verurteilt
  • EU-Parlament winkt neue Urheberrechts-Richtlinie durch
  • Zeitumstellung soll ab 2021 nicht mehr notwendig sein
  • Werner Schneyder ist tot
  • Attentat auf Moschee in Christchurch
  • Zyklon Idai hinterlässt eine Spur der Zerstörung
  • Tagelange Stromausfälle in Venezuela
  • Tauchlehrer von Wal verschmäht
  • Toilettenpapier für Jahre
  • Smartphones können vor Pfeilen schützen
  • Willkommen in Edinburgh!



Die deutsche Wikipedia blieb am 21. März aus Protest gegen die kommende EU-Urheberrechts-Richtline offline
Quelle: Wikipedia



Politik


Der türkische Innenminister sprach endlich aus, was die ganze Welt ohnehin schon wusste: Reisende in die Türkei, die diese für "Terroristen" hält, können bei der Einreise jederzeit festgenommen werden. Gemeint sind vor allem deutsche Kurden und Gülen-Anhänger, aber nicht nur: regimekritische Journalisten aus dem In- und Ausland sind ebenfalls betroffen. Das deutsche Außenamt verschärfte daraufhin die Reisewarnung für die Türkei.

So passt es ins Bild, dass die Akkreditierung für zwei deutsche Journalisten in der Türkei nicht verlängert wurden. Erst nach offenbar massivem diplomatischen Druck durfte einer der beiden in die Türkei zurück.


In den USA hat nach beinahe zwei Jahren Arbeit der Sonderermittler Robert Mueller seinen Bericht an die Auftraggeber abgegeben. Derzeit sind nur Ausschnitte davon in der Öffentlichkeit bekannt, aber das, was man bisher weiß, entlastet den Präsidenten vom Vorwurf, mit Russland kooperiert zu haben, um die Wahl 2016 zu manipulieren. Donald Trump sieht sich aber "vollkommen entlastet" und bläst bereits zum Gegenangriff.


In Nordkorea gab es Parlamentswahlen (doch, die gibt es). Die Wahlbeteiligung lag bei sensationellen 99,99% ! Und damit sogar noch etwas höher als bei der letzten Wahl 2014, da waren es nur 99,97%. Ich möchte gar nicht wissen, was mit den restlichen 0,01% nun geschieht...


Personenkult auch in Kasachstan. Der seit der Wende 1991 amtierende Präsident Nursultan Nasarbajew trat überraschend zurück und übergab sein Amt seinem Vertrauten Nassim Tokajew. Er bleibt aber "Führer der Nation", Parteichef und Vorsitzender des Sicherheitsrates, sodass sich de facto nichts ändert. Eine sichtbare Änderung gibt es doch: ihm zu Ehren wurde die Hauptstadt Astana in "Nursultan" umbenannt.


Jair Bolsonaro, der neue Präsident Brasiliens, besuchte sein großes Vorbild Donald Trump in den USA. Dabei haben sie vereinbart, eine neue Nord-Süd-Achse der beiden Amerikas zu bilden und so die wirtschaftlichen Beziehungen zu intensivieren. Damit soll auch die Abhängigkeit Brasiliens zu China reduziert werden.


Genau diese Abhängigkeit hat Italien jetzt erhöht, indem es ein Grundsatzübereinkommen zu Chinas neuer Seidenstraße unterschrieben hat - trotz der großen Bedenken der EU (aber die ist in Italien derzeit nicht so hoch im Kurs). China will vor allem in die Infrastruktur (Häfen, Bahnstrecken, Straßen etc.) investieren. Der Wohlstand Chinas und damit die Stabilität des Regimes insgesamt hängen von guten Absatzmärkten der Produkte dieses Landes ab, daher das große Interesse an dieser neuen Seidenstraße. Sie soll Asien und Europa besser für diese Märkte erschließen.


Brexit und kein Ende. Zunächst gingen zwei Abstimmungen über den mit der EU ausgehandelten Deal krachend in die Hose. Am 27. März (zwei Tage vor dem Brexit-Termin) stimmte das Parlament über acht verschiedene Szenarien ab, wie es weitergehen könnte - alle acht wurden verworfen. Die Abgeordneten wissen also daher, was sie nicht wollen, sie haben aber selbst keine Idee, was sie denn nun eigentlich wollen. Dass jetzt alle auf der unglücklichen Theresa May herumhacken, finde ich in diesem Zusammenhang schon ziemlich unfair; denn ich bin überzeugt davon, dass niemand mit der EU einen wesentlich anderen oder für GB besseren Vertrag aushandeln hätte können.

Sie bot sogar ihren Rücktritt an, wenn das Parlament den Vertrag in der dritten Abstimmung am 29. März annehmen sollte. Das bewog einige Hardliner (Boris Johnson, Jacob Rees-Moog) in ihrer eigenen Partei, dem tatsächlich zuzustimmen, allerdings ging der Deal auch bei dieser dritten Abstimmung nicht durch, sodass es jetzt ganz nach einem Hard-Brexit am 12. April aussieht. Diese kurze Verlängerung wurde den Briten von der EU für genau dieses Szenario zugesagt. Oder es gibt eine vierte Abstimmung. Oder ...


Einzelfälle


Zuletzt kamen Zusammenhänge der Identitären und dem Anschlag in Christchurch zum Vorschein: Der Attentäter hat nämlich für sie gespendet. Daraufhin gab es ein Statement der FPÖ, dass "...jemand, der sich dort engagiere, keinerlei Funktion in der FPÖ haben kann". Naja, dann dürfte der Funktionärskörper der FPÖ demnächst ziemlich ausgedünnt werden, wie die Seite "FPÖ Fails" dokumentiert. Wer's glaubt...


Gesellschaft


Ein Jubiläum hätte ich diesmal auch wieder anzubieten. Vor 30 Jahren hatte das World Wide Web seine Premiere am CERN. Zunächst war es nur gedacht, die Unmengen an Dokumenten, die dort entstehen, allen Wissenschaftern des CERN zukommen zu lassen. Bis sich das WWW eben rasant verbreitete und um die Jahrtausendwende seinen massenhaften Durchbruch erlebte. Ich selbst bin seit 1995 dabei, damals war das noch die Internet-Steinzeit.


Die Trauung für homosexuelle Paare beschäftigt natürlich auch die Kirchen. Die Protestanten H.B (Helvetisches Bekenntnis / Zwingli, Calvin, Bullinger u.a.) haben diese Ehen nun ermöglicht. Die A.B (Augsburger Bekenntnis / Luther) konnten sich dazu nicht durchringen; da gibt es nur "Segnungen", aber keine echte Trauung.

Von den Katholiken und Orthodoxen reden wir gleich gar nicht...


Radovan Karadžić wurde bereits 2016 für seine Kriegsverbrechen im Jugoslawienkrieg zu 40 Jahren Haft verurteilt; er ging in die Berufung. Diesen März wurde das endgültige Urteil gesprochen und die Strafe wurde sogar auf lebenslänglich erhöht. Das Tribunal in Den Haag sah es als erwiesen an, dass er der politische Verantwortliche für die Belagerung Sarajewos und das Massaker von Srebrenica ist. Damit sind beinahe alle wesentlichen Täter abgeurteilt, fehlt nur noch das endgültige Urteil für Ratko Mladić, dem militärischen Pendent von Radovan Karadžić. Slobodan Milošević starb bereits 2006 in der (Untersuchungs-)Haft in Den Haag an einem Herzinfarkt, ohne ein Urteil zu bekommen.


Das EU-Parlament hat am 26. März die neue Urheberrechts-Richtlinie durchgewinkt, trotz aller Bedenken und Proteste. Die Länder haben jetzt zwei Jahre Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Besonders umstritten waren dabei die Artikel 13 (in der neuesten Fassung ist das Artikel 17) und der Artikel 11 (jetzt Artikel 15). Der oben verlinkte Bericht enthält auch eine indirekte Wahlempfehlung für die kommende EU-Wahl, weil er genau auflistet, welche Fraktionen wie abgestimmt haben.

Der Artikel 17 wird die von niemandem gewünschten Upload-Filter bringen, mit denen die großen Plattformen (YouTube, facebook etc.) prüfen müssen, ob ein hochgeladener Inhalt urheberrechtlich geschütztes Material enthält oder nicht. Die Filter sind erstens nicht perfekt, sodass das eine oder andere Video zurückgewiesen werden wird, obwohl es eigentlich harmlos im Sinne der Richtlinie ist. Andererseits werden sie oftmals Satire nicht erkennen, weil die Tonspur nicht mit geprüft werden wird. Wie absurd diese Richtlinie ist, kommt in diesem Artikel bei heise recht gut heraus. Ebenso absurd ist, dass die CDU/CSU-Abgeordneten im EU-Parlament für die Richtlinie gestimmt haben, in Deutschland die Upload-Filter aber nicht umsetzen wollen...

Um nicht falsch verstanden zu werden: ich hab durchaus Verständnis für Kreative, die ihre Arbeit geschützt sehen möchten und respektiere sie auch. Aber die jetzt verabschiedete Richtlinie halte ich für ausgesprochenen Murks und für den falschen Weg.


Noch einmal EU-Parlament. Da wurde jetzt abgesegnet, dass die Umstellungen von Winter- auf Sommerzeit (und umgekehrt) ab 2021 nicht mehr stattfinden sollen. Der Ball liegt jetzt aber wieder bei den Mitgliedsländern, die sich für ihre jeweiligen Zeitzonen festlegen müssen. Da man auf alle Fälle verhindern möchte, dass es in Europa zu einem Fleckerlteppich an Zeitzonen kommt, ist der Termin 2021 noch keineswegs ausgemachte Sache!


Chronik / Panorama

Die Kabarett- und Satireszene trauert um Werner Schneyder. Dieser "Universaldilettant" (Selbstbeschreibung) war ja nicht nur der kongeniale Partner von Dieter Hildebrandt, sondern er war auch ein begeisteter Sportler und Sportkommentator, vor allem beim Boxen. Am 2. März haben wir ihn verloren.


In Christchurch (Neuseeland) ist ein Bewaffneter in eine Moschee eingedrungen und hat dort wild um sich geschossen - mehr als 40 Tote sind zu beklagen. Der rechtsextreme Täter hat seine Tat auch noch mit einer Helmkamera mitgefilmt und das Video auf facebook verbreitet. Es hat Tage gedauert, bis es dort endlich gelöscht wurde. Aber sobald es einmal im Internet verfügbar ist, ist so etwas praktisch nicht mehr endgültig zu löschen, irgendjemand hat es sicher vorher lokal bei sich abgespeichert. So auch der türkische Präsident Erdoğan, der es in seinem Wahlkampf immer wieder verwendete.

Außerdem gibt es zu diesem Anschlag auch einen Österreichbezug. Der Attentäter besuchte vergangenes Jahr Österreich und hat dann auch gleich für die Identitären gespendet (s. Einzelfälle).


Mitte März ereignete sich "eine der schlimmsten Wetterkatastrophen der Südhalbkugel". Der Zyklon Idai traf auf die Küste Mosambiks und verwüstete weite Landstriche im Grenzgebiet mit Malawi. Häuser wurden zerstört, Straßen und Kommunikationswege unterbrochen und außerdem brachte der Zyklon jede Menge Wasser mit, das große Gebiete überschwemmte. Hunderte Tote und Hunderttausende Obdachlose waren die Folge - die genauen Zahlen sind noch gar nicht bekannt. Die Bilder sagen mehr als tausend Worte.


Venezuela steckt in einem Machtkampf zwischen dem Regime und der Opposition - und das seit Monaten. Die Wirtschaft und die Infrastruktur gehen den Bach runter. So ist es nicht verwunderlich, dass es im März bereits zwei landesweite Stromausfälle gab (nein, inzwischen sind's vier), die jeweils Tage anhielten.


Wie: Echt jetzt? Kurioses, Skurriles


Die Bilder von dem Tauchlehrer, der vor der südafrikanischen Küste beinahe von einem Wal verschluckt wurde, gingen um die Welt! Dabei hatte der Lehrer unglaubliches Glück, denn der Wal hat ihn wieder freigelassen. Wahrscheinlich mochte er den Geschmack von Neopren nicht.


Ein Mitarbeiter der Gemeinde Fuchstal (Bayern) hatte vor 12 Jahren Toilettenpapier bestellt, das bis in den März 2019 reichte! Damals hatte dieser Mitarbeiter eben einen ganzen Sattelschlepper voll bestellt und diese gewaltige Lieferung musste im Gemeindeamt erst einmal untergebracht werden! "Überall, wo du reingeschaut hast - in jedem Schrank, in jeder Schublade - war Klopapier".


Alt trifft auf neu - wortwörtlich. Denn in Australien wollte jemand mit seinem Smartphone Fotos einer Hippie-Gemeinde machen und wurde dort von einem Einwohner mit Pfeil und Bogen angegriffen. Der Eindringling konnte sein Telefon gerade noch rechtzeitig vor sein Gesicht halten, sonst wäre die Sache wahrscheinlich böse ausgegangen. So blieb lediglich ein Smartphone zurück, in dem ein Pfeil steckt. Könnte in jeder Ausstellung moderner Kunst Furore machen!


Die Fluggäste staunten nicht schlecht, als sie die Crew herzlich willkommen in Edinburgh hieß - die wollten nämlich eigentlich nach Düsseldorf! Wo der Fehler lag, ist noch nicht ganz geklärt; die Piloten dürften ihn jedenfalls nicht gemacht haben. Denn ihr Flugplan war ganz eindeutig auf Edinburgh ausgerichtet; sie hatten ihn ganz ordentlich abgegeben und sämtliche Überflugs- und Landerechte lagen vor. Ich vermute (ohne es wirklich zu wissen), dass am Flughafen in London die Gäste einfach in das falsche Flugzeug gesetzt wurden...




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen