Montag, 25. September 2017

Apulien - Teil 3

Teil 3 führt uns nach Bari und somit zum Heiligen Nikolaus (den man auch bei uns kennt), sowie nach Taranto und vor allem nach Matera. Dessen Sassi (Höhlenwohnungen) waren besonders beeindruckend.

Und zum Schluss noch einmal Alberobello, nachdem das ja an unserem ersten Tag (Sonntag) etwas zu kurz gekommen war.

Matera


Donnerstag, 7. September

Bari


Bari ist die Hauptstadt der Region Apulien und somit ein wichtiges Zentrum, vor allem der Verwaltung.

Nachdem wir den Bus verlassen hatten, machten wir uns gleich einmal auf den Weg zur Basilika des Heiligen Nikolaus, die aber nicht die Bischofskirche ist. Diesmal ist es wirklich der Nikolaus von Myra; den kennt man auch bei uns, weil er am 6. Dezember Geschenke bringt.

Diese Kirche ist aber auch noch aus einem anderen Grund interessant. Sie wurde extra für die Reliquien des Heiligen Nikolaus errichtet, die zuvor von Seefahrern aus seinem ursprünglichen Grab in Demre (Türkei) nach Bari entführt wurden. Nach einigen Verwicklungen wurde entschieden, dass sie in Bari bleiben würden. Da Nikolaus in der Orthodoxie ein wichtiger Heiliger ist und sein Grab eine ebenso wichtige Pilgerstätte war, müssen die orthodoxen Pilger seit dieser Zeit nach Bari kommen.
Aus diesem Grund ist es auch möglich, in der Krypta eine Messe nach orthodoxem Ritus zu halten (es gibt dort daher auch eine Ikonostase). Als wir dort waren, wurde eine solche Messe gerade gehalten und die Krypta war voll mit russischen Pilgern! Dadurch war es aber leider auch nicht möglich, das Grab und die Reliquien zu fotografieren, die sich eben in der Krypta befinden.

Diese Nikolausstatue auf dem Platz vor der Basilika wurde von Russland für die vielen russischen Pilger gestiftet.

Als besondere Attraktion und extra für uns gab es an diesem Donnerstag eine Hochzeit in der Oberkirche der Basilika, die dann rein römisch ist!


gespanntes Warten

Italienische Schuhmode

Ein Fotograf der heutigen Zeit braucht seine Drohne. Die hier ist gut erzogen und wartet brav neben ihrem Herrchen.



Na also, da ist sie ja!

Der Bräutigam wird doch nicht jetzt schon Fluchtgedanken haben?

Heiliger Nikolaus

In der Krypta wurde gerade eine orthodoxe Messe gefeiert

Unser weiterer Spaziergang führt uns zur Kathedrale San Sabino, die auch Bischofssitz ist. Auch hier gibt es wieder eine eindrucksvolle Krypta.

San Sabino



Krypta

In Bari gibt es auch eine Festung, die ursprünglich tatsächlich als solche in Verwendung war, später aber in ein Schloss und noch später in ein Gefängnis umgewandelt wurde. Heute finden darin Konzerte statt; heuer waren sie Tito Schipa gewidmet, dem großen Tenor aus Lecce, der uns dort schon untergekommen ist.

Das "Castello Svevo di Bari" (Schwabenschloss)

Eingang zur Festung

Typisch für Apulien und speziell für Bari sind die Orechhiette (Öhrchen), die wir auch schon im "Lebenden Museum" in Alberobello gesehen hatten. In Bari gibt es einen Straßenzug, in dem praktisch vor jedem Haus Frauen sitzen und in der Gasse diese Öhrchen rollen. Nach dem Formen wird der noch rohe Teig auf großen Sieben zum Trocknen aufgelegt.

tagaus, tagein. Jedes Öhrchen handgefertigt!

In diesen Sieben werden sie, vor Insekten geschützt, getrocknet.

vor jedem Haus werden sie angefertigt

Polignano al Mare

Wir fahren mit dem Bus weiter nach Polignano al Mare und steigen direkt vor einem Denkmal für Domenico Modugno aus. Er ist der bekannteste Sohn dieser Stadt und weltberühmt wurde er mit diesem Lied:


volare - fliegen

Nur wegen dieses Denkmals sind wir aber nicht hierher gekommen. Sehenswert ist dieser Ort vor allem, weil die Häuser direkt bis an die Kante einer Klippe gebaut wurden - sehr eindrucksvoll!



Direkt unter der Klippe gibt es sogar einen Strand

Straßenszene

Freitag, 8. September

Taranto


Taranto (Tarent) ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und liegt bereits am Ionischen Meer.

Erste Station ist die Kathedrale San Cataldo, eine Mischung verschiedener Stile von Romanik bis Barock.

Eingang zur Kathedrale

Hauptschiff

In der Kirche sind teilweise noch alte Bodenmosaike erhalten

Auch hier gibt es wieder eine Krypta

Wandmalerei in der Krypta

Seitenkapelle mit den Reliquien von San Cataldo


Wieder sehr schöne und aufwändige Einlegearbeiten aus Marmor
Nach Verlassen der Kathedrale bewegen wir uns weiter Richtung Castell. Auf dem Weg dorthin gehen wir durch eine Gasse, deren Häuser ziemlich heruntergekommen sind. Je weiter man sich vom Dom wegbewegt, desto besser werden die Häuser. Diese Gegend wird gerade von jungen und wohlhabenderen Einwohnern neu belebt. Durch diese Gentrifizierung werden aber die ärmeren Bewohner aus ihren Häusern immer mehr verdrängt.

Eher triste Gegend rund um den Dom

viele leerstehende Häuser

Wandmalereien  - die Gegend wird wieder besser


Auf dem Weg liegt auch die Universität; hier das Eingangsportal

Innenhof

Wir kommen auch an Resten eines griechischen (dorischen) Poseidon-Tempels vorbei

Das Castello Aragonese wurde zum Schutz vor Sarazenen und der Republik Venedig gebaut, Auftraggeber war Ferdinand II. von Aragón, Ehemann von Isabella von Kastilien und somit einer der spanischen "Katholischen Könige". Es bewacht den Eingang zum mare piccolo (s. unten). Noch heute wird es von der Italienischen Marine genutzt.

Das Castell



Diese Kapelle der Festung ist dem Heiligen Leonardo geweiht


Ein besonderes Merkmal von Taranto ist, dass sie das sogenante "mare piccolo" umschließt. Diese Bucht ist nur durch einen schmalen Kanal mit dem eigentlichen Meer ("mare grande") verbunden. Und dieser Kanal wiederum ist mit einem der Wahrzeichen von Taranto überbrückt. Diese Brücke (Ponte Girevole) ist nämlich eine Drehbrücke. Sie kann in der Mitte geteilt werden, indem die beiden Arme zur Seite geschwenkt werden; die Drehpunkte liegen dabei an den beiden Ufern. Damit wird die Durchfahrt für Schiffe ermöglicht.

Satellitenbild vom mare grande und mare piccolo

Der Ponte Girevole ist als Drehbrücke ausgeführt


Gedenktafel für Giordano Bruno.
"Diejenigen, die für den freien Gedanken sterben, der die Heimat ehrt, gehören zur Welt"
Seine eigenen freien Gedanken haben ihm leider nur den Scheiterhaufen eingebracht.

Matera


Matera liegt genau genommen nicht mehr in Apulien, wenn man es als Verwaltungseinheit sieht; da gehört es bereits zur Region Basilikata. Daher durfte auch Anna uns nicht durch Matera begleiten (obwohl sie das natürlich gekonnt hätte), sondern es musste eine neue Reiseführerin einspringen, die eine Zulassung für Basilikata hat. Kantönligeist wie bei uns halt.

Matera ist bekannt für seine Sassi. Das sind Höhlen, die in den weichen Stein gegraben wurden. Je nach Lage konnte die Höhle senkrecht nach unten oder seitlich in den Hang geschaffen werden. Die Öffnung nach oben bzw. nach vorne wurde dann ganz herkömmlich mit Mauerwerk geschlossen. Im Stadtviertel "Sasso Barisano" sind die Höhlen nach unten vorherrschend, im Viertel "Sasso Caveoso" die seitlich in den Berg gebohrten.

Vor allem Sasso Caveoso ist sehr steil und zerklüftet, es geht ständig treppauf und treppab. Die Siedlung war schon mehrfach Kulisse für Filme: wann immer man ein "antikes Rom" oder "antikes Jerusalem" brauchte, war Matera der gesuchte Drehort!

Es gab für die Bewohner weder Strom noch Fließwasser, Mensch und Tier lebten in der gleichen Höhle, die hygienischen Zustände kann man sich leicht ausmalen. Die Situation in Matera galt als "Schande Italiens" und wurde erst Mitte der 1950er-Jahre von der Zentralregierung in Rom bereinigt! Die Bewohner wurden in Wohnblöcke abgesiedelt, daneben wurden Ställe für die Tiere errichtet.

Blick hinunter in das Viertel "Sasso Barisano". Hier sind die Höhlen kaum zu sehen, weil sie mit Häusern übermauert sind

Granatäpfel auf unserem Spaziergang durch die Stadt

Unser Spaziergang führt uns um Sasso Barisano herum, bis wir bei der Kathedrale des Heiligen Eustachius ankommen. Neben der Kirche gibt es eine weitere Aussichtsterrasse, die einen Blick hinunter erlaubt.

Noch einmal Sasso Barisano, diesmal vom Domplatz aus gesehen

Kathedrale

Romanische Kirche, später barockisiert


Eustachius-Kapelle


Diese Kirche trennt die beiden Sassi-Viertel, das heißt, wir kommen jetzt nach Sasso Caveoso, dem eindrucksvolleren Teil der Altstadt.



Dieser Kalkstein ist leicht zu bearbeiten

Souvenirs aus diesem Material

In Sasso Caveoso gibt es auch Schauhöhlen: eine Kirche und eine Wohnhöhle.

Kirche

Speicherkammer für Tierfutter

Tier und Mensch in einer gemeinsamen Höhle



Das ist nicht das, wonach es aussieht. Unterhalb befindet sich eine Zisterne, in der Regenwasser gesammelt wurde. Über diese Öffnung konnte das Wasser in die Wohnung gehoben werden

So ändern sich die Zeiten: 1950 noch Schande Italiens, heute UNESCO-Welterbe und 2019 Europäische Kulturhauptstadt.

Samstag, 9. September

Unser Flug ging erst am Abend, das geführte Programm war zu Ende, wir hatten also noch den ganzen Samstag zu unserer eigenen Verfügung.

Bei vielen Busfahrten kamen wir am Friedhof von Alberobello vorbei. Ein markantes, monumentales Eingangsgebäude schließt den Friedhof zur Straße hin ab. Soweit ich herausgefunden habe, wurde dieses Tor vom Architekten Antonio Curri, einem Sohn Alberobellos, entworfen und 1890 erbaut (Quelle). So ein Bauwerk fällt einfach auf. Wir beschlossen daher, zunächst einmal diesen Friedhof zu besuchen.

Gleich nach Durchschreiten dieses Tores fallen die vielen Urnengräber auf. Sie und die Grufthäuser dominieren eindeutig den Gesamteindruck. Es gibt zwar auch Erdbestattung, sie nimmt aber nur einen kleinen Teil der Fläche ein; vermutlich wegen des felsigen Untergrunds.

Wenn ich nicht wüsste, dass das Tor aus 1890 ist, hätte ich auf die Mussolini-Zeit getippt

Noch ein weiterer Aufgang





Urnengräber auf zwei Etagen

Die Erdbestattung macht nur einen kleinen Teil aus

Und weil wir ja schließlich in Alberobello, der Hauptstadt der Trulli sind, noch ein paar Fotos rund um Trulli.

Der Trullo Sovrano ist zweigeschoßig



Trulli-Krippe







* * * * * * *

Der Heimflug war dann ganz planmäßig, sodass wir samstags spät in der Nacht wieder in Wien gelandet sind. Martin hat uns dankenswerter Weise vom Flughafen wieder abgeholt.

Schlussbemerkungen

In diesen paar Tagen haben wir sehr viele Orte besucht und sehr viele Eindrücke mitgenommen:
  • Apulien ist grün, sogar im Spätsommer, wenn etwa in Andalusien längst alles braun ist. Dort, wo nichts angebaut ist, gibt es Steine und Steine und Steine und...
  • Es ist größer, als eine Karte vermuten lässt. Wir waren doch einige Zeit im Bus unterwegs!
  • Es gibt zwar ein paar größere Städte, im Wesentliche ist Apulien aber landwirtschaftlich geprägt
  • Strand gibt es auf der Adriaseite nur auf einem kleinen Abschnitt rund um Bari, ansonsten ist die Küste felsig. Es fehlen daher auch der Massen-Strand-Tourismus plus dazugehörige Hotels. 
  • Es gibt zahlreiche Kunstperlen, die muss man aber kennen oder suchen. Vieles blüht (noch) im Verborgenen
  • Etliche Kirchen besucht, einige sind sogar Bischofssitz. Mir kommt vor, dass es auf relativ kleinem Raum relativ viele Bischöfe gibt.
  • Viele, bei uns meist unbekannte, Heilige: Oronzo, Cataldo, Sabino, Comasia,... Und dazu auch noch deren Legenden von Ringen, Mänteln, Schiffbrüchen, Wasser, Wundern etc. 
  • Und last but not least: einige sehr nette Leute kennengelernt: sowohl dort, als auch in der Reisegruppe

Es war daher eine sehr interessante Woche. Aber wir werden wahrscheinlich nicht noch einmal nach Apulien kommen. Wir haben den Eindruck, wir haben alles gesehen.

Ende des Reiseberichts

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