Mittwoch, 29. März 2017

Han Kang: Die Vegetarierin ★★★★☆

Han Kang: Die Vegetarierin 


Cover: Aufbau-Verlag


Eine junge Frau beschließt eines Tages, kein Fleisch mehr zu essen und zur Vegetarierin zu werden.
Sieht auf den ersten Blick nicht rasend spannend oder interessant aus. Ist es aber, wie sich herausstellen wird!

Han Kang hat diesen relativ kurzen Roman bereits 2007 in Südkorea veröffentlicht. Erst 2015 wurde er ins Englische übersetzt und gewann 2016 prompt den Man Booker International Prize. Seit er 2016 auch auf deutsch erschienen ist, ist er mir in mehreren Rezensionen begegnet. Zeit also, ihn selbst auch zu lesen!



Das Leben der unscheinbaren Hausfrau Yeong-Hye wird aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Wobei aber jede der drei erzählenden Personen einen anderen Zeitabschnitt beschreibt; die drei Zeitbereiche überlappen jeweils nur kurz.

Eines Tages beschließt sie, kein Fleisch mehr zu essen; in Südkorea anscheinend ein Affront gegen die Gesellschaft. Denn sowohl der Ehemann als auch die Eltern wenden sich von ihr ab. Als ihr Vater versucht, seiner bereits abgemagerten Tochter bei einer Familienfeier ein Stück Fleisch gewaltsam in den Mund zu schieben, schneidet sie sich vor versammelter Familie die Adern eines Handgelenkes auf.

Im Krankenhaus beschließt sie weiters, nicht nur vegetarisch zu leben, sondern überhaupt auch gleich zur Pflanze zu werden. Ihr Schwager, ein Videokünstler, erfährt zudem noch von deren Schwester, dass bei Yeong-Hye der Mongolenfleck nie ganz verschwunden ist. Das bringt seine Fantasie einigermaßen in Schwung. In einer Videosession bemalt er ihren Körper mit Blättern, Ranken und Blüten, wobei eben der Mongolenfleck im Mittelpunkt steht. Diese Aktion bringt sie ihrem Ziel, Pflanze zu sein, schon ziemlich nahe; konsequenterweise wäscht sie die Bemalung auch in den nächsten Tagen nicht ab.

Ihrer Schwester, die sich zuletzt als Einzige noch um sie kümmert, wird das alles zuviel und sie bringt sie in die Psychiatrie. Dort verschlechtert sich ihr Zustand immer weiter, bis sie sogar künstlich ernährt werden muss. Weil sie dabei bereits Blut spuckt, wird sie in ein anderes Krankenhaus verlegt. Damit endet der Roman mit einem eher offenen Schluss, wir ahnen aber bereits, dass das traurige Ende nahe ist.

Ich bin mit den koreanischen Sitten und Gebräuchen halt so überhaupt nicht vertraut. Daher glaube ich, dass mir viele Aspekte beim Lesen entgangen sind - einfach deshalb, weil mir der kulturelle Kontext fehlt. Gut, ich habe verstanden, dass Vegetarier als subversive Elemente betrachtet werden. Das war zwar bis vor nicht allzu langer Zeit bei uns auch noch so. Aber wer im Westen als Pflanze bemalt herumlaufen möchte, endet nicht gleich in der Psychiatrie, da muss man schon mehr bieten. Blicke und Gelächter ziemlich sicher ja, Psychiatrie ziemlich sicher nein.

Ich hoffe, ich hab mit meinen Beschreibungen nicht allzu viel verraten. Ich glaube eher nicht, weil ich doch weite und wesentliche Teile weggelassen habe. Ich will ja niemandem das Leseerlebnis nehmen.

Denn ein Erlebnis ist es jedenfalls, in diese Geschichte einzutauchen. In relativ einfachen und kurzen Sätzen gelingt es Han Kang, den Leser zu fesseln und neugierig zu machen. Und im Nu ist man auch schon wieder am Ende des Buches angelangt!

Weiterführende Links zu Rezensionen, die mich letztlich zu diesem Buch geführt haben:

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