Dienstag, 4. Februar 2025

Tschüss Windows! Willkommen Linux Mint!

Diesmal hat Microsoft (MS) den Bogen überspannt.

Ende September 2025 stellt MS die Wartung für Windows-10 ein. Wer dann noch mit dieser Version weitermacht, läuft früher oder später Gefahr, sich im Internet mit irgendwas anzustecken.

Um das zu verhindern, empfiehlt MS dringend, auf die neue Version von Windows-11 umzusteigen.

Nur: MS hat eine gänzlich willkürliche Altersgrenze für Computer und deren Hardware gezogen, die so um 2017/18 herum liegt. Ältere Geräte sind von einem Upgrade dezidiert ausgeschlossen und werden millionenfach von MS zu Elektroschrott erklärt – auch wenn sie noch tadellos funktionieren würden.

Was also tun mit meinem hp-Notebook vom November 2016? Verschrotten, so wie MS das vorsieht?

Nein. Nach kurzer Überlegung stand fest: Ich werde den Windows-Pfad verlassen und auf ein kleines Linux umsteigen.

Für Windows-Umsteiger wird immer wieder die Version "mint" genannt, weil die vom Aussehen und von der Bedienung her Windows am nächsten kommt. Den letzten Ausschlag für mint (und nicht ein anderes Linux) gab dann dieses ausgezeichnete Video.

Vor ein paar Tagen ist es also passiert: Tschüss Windows, willkommen mint

Dieser Post berichtet von diesem Umstieg und beschreibt den Status quo nach einigen Tagen Erfahrung.




Vorgeschichte

Ich hab in den letzten 25 Jahren schon mehrere Anläufe unternommen, um von Windows auf Linux umzusteigen. Aber immer wieder hatte ich eine so spezielle Windows-Software im Einsatz, für die es in der Linux-Welt keinen Ersatz gab. Also bin ich nolens volens bei Windows geblieben.

Mit Windows-10 konnte ich gut leben, das war ok. MS kündigte ja an, dass wir "Windows-10 lieben würden".

Aber vor mehr als einem Jahr kam dann eben der Zwangsumtausch auf Windows-11, wie bereits in der Einleitung beschrieben. Ich hab das Problem noch eine Weile vor mir hergeschoben; aber der September 2025 rückt näher, es wurde ernst! 


Softwareliste

In diesen letzten 25 Jahren hat sich allerdings einiges verändert, sodass ein Umstieg diesmal eher gelingen würde. Einerseits wurde Linux immer tauglicher für solche Umstiege, andererseits wurde meine Liste an Spezialsoftware immer kürzer.

Für praktisch alle Aufgaben gibt es inzwischen ausgereifte Software in diesem Bereich: Office, Internet, Fotos, Videos, KeePass, Dropbox, PDF-Tools, etc.

Blieb nur noch MS-Money. Schon wieder so ein Programm, das den Umstieg über den Haufen werfen könnte! Wir verwenden dieses einfache Haushaltsbuch seit beinahe 30 Jahren, leider hat MS dafür aber schon kurz nach der Jahrtausendwende die Pflege eingestellt. Wir arbeiten also seit 25 Jahren mit einer Software, die nicht mehr gewartet wird. Aber solange sie läuft ... Und neue Fehler können ja nicht mehr dazukommen, weil MS keine Updates mehr bereitstellt.

Meine Vorstellung war, MS-Money unter Wine laufen zu lassen, einer Zwischenschicht, die alte Windows-Programme auch unter Linux starten kann. Es kam anders.


Tests

Vor so einem gravierenden Umstieg sind erst Mal natürlich einige Tests vorzunehmen.

Mint macht es einem da leicht, da man es auf einen USB-Stick packen kann. Wenn man dafür sorgt, dass der Computer von diesem USB-Stick startet (bootet), dann kann man mint einmal "neben Windows" ausprobieren, ohne gleich Windows zu zerstören.

Hab ich gemacht, klappte wunderbar. Die Tastatur ließ sich anstandslos auf Deutsch umstellen, Drucker wurde sofort richtig erkannt, Scannen funktionierte, Netzwerk und Internet sowieso.

Wine hab ich ebenfalls in dieser kleinen Testumgebung installiert, und darunter dann MS-Money. Aber das ging schief, keine Chance. Da das Testen mit dem USB-Stick ziemlich langsam war, wollte ich nicht zu viel Zeit in Wine investieren. 


Der Umstieg

Es ist also beschlossen, Windows geht, mint kommt. Doch nicht so schnell!

Vorarbeiten

Auf dem Notebook gab es zwar jede Menge installierte Software, aber kaum Daten. Die liegen entweder in einem Cloud-Speicher oder auf einem kleinen Dateiserver bei uns im Keller.

Die paar Daten, die noch auf dem Notebook selbst gespeichert waren (hauptsächlich Ausmalbilder für die Enkelkinder) kopierte ich noch auf den erwähnten Server im Keller, und das war's auch schon.

Ja, und für den Fall, dass wirklich alles schief gehen sollte, legte ich noch ein Disk-Image (exakte Kopie des installierten Windows) an und speicherte es ebenfalls auf dem Server. Sicher ist sicher. Das Werkzeug dazu kann ich nur empfehlen: rescuezilla.


Installation von mint

Die Installation von mint ging dann genau so einfach und geräuschlos vor sich, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich löschte sämtliche alte Partitions (Unterteilungen) auf der Platte, sodass nur noch eine einzige, große übrig blieb, und da drin sollte mint landen. Nach etwa 20 Minuten war alles erledigt: Notebook neu starten, die Fragen nach dem ersten Start beantworten (Name, Sprache, Tastaturlayout, wie soll das System aussehen etc.) – fertig.


Weitere Software-Installationen

Soo viele Programme waren da nicht nachzuinstallieren, das meiste war ja eh schon da. Aber ein paar fehlten dann doch:

  • Chrome, den wir auch bisher schon in Verwendung hatten. Sollte den Umstieg erleichtern. Wäre kein unbedingtes Muss gewesen, aber es hilft. Firefox ist natürlich in einer Linux-Umgebung vorinstalliert.

  • Dropbox-Client. Wir haben nur sehr wenige Daten auf der Dropbox, aber eben doch ein bisschen was. Dieses Notebook sollte bei der Synchronisierung der Daten mit dabei sein.

  • KeePass, unser Passwort-Safe. Absolutes Muss!

  • PDF arranger. Es ist zwar ein PDF-Reader installiert, aber manchmal muss man ein PDF in seine Einzelseiten zerlegen, ein paar Seiten dazu nehmen, ein paar löschen, wieder zu einem einzigen zusammensetzen, drehen, etc. 
  • flameshot (snipping tool) für Bildschirmfotos plus ein paar kleinere Nachbearbeitungen (Dinge einrahmen, Pfeile hinzufügen, etc)
  • XnView als Ersatz für den IrfanView; zum Betrachten, Organisieren und Verändern von Bildern.
  • Ich hab noch nicht sehr viel Erfahrung mit XnView, aber es soll mittelfristig auch Picasa ablösen, das ich bis jetzt zum Organisieren der Fotos verwende. Der erste Eindruck ist jedenfalls sehr positiv!


Mint bringt ein Startmenü mit, das an Windows erinnert. Allerdings fange ich im Alltag mit dieser Gruppierung nicht allzu viel an und ich halte sie für zu unübersichtlich und umständlich.

Startmenü von mint

Ich hab daher die oben genannte Programme in einem eigenen Fenster zusammengefasst, sodass sie leicht zu finden und zu starten sind:

Start-Fenster mit den wichtigsten Programmen des Alltags.
Auch das hatten wir in Windows schon so.



Die Stolpersteine

Bis jetzt hab ich von einer Erfolgsgeschichte berichtet. Es gab aber auch zwei Stellen, die nicht so einfach zu bewältigen waren.

Spoiler: Jetzt wird's ein wenig technischer!


Netzlaufwerk

Bei meinen früheren Linux-Versuchen war das Einbinden eines Netzlaufwerkes, das mit dem Windows-Filesystem NTFS formatiert ist, immer ein Gefrickel und Gefummel; zahlreiche Versuche waren notwendig, bis das endlich zuverlässig eingehängt war. Sicher, Windows ist in dieser Linux-Umgebung ein Fremdkörper, aber es ist nun einmal da.

Meine Hoffnung, dass es inzwischen einfacher geworden ist, hat sich leider nicht bewahrheitet. 

Meine Recherchen im Internet liefen immer auf das gleiche Ergebnis hinaus: Ich muss diesen zusätzlichen mount manuell in /etc/fstab eintragen, damit das klappt. Ja, und vorher natürlich samba installieren, es ist ja ein NTFS-Laufwerk!

Komischerweise funktioniert dieser zusätzliche Eintrag nicht, wenn mint neu gestartet wurde. Erst, wenn manuell sämtliche mounts durchgeführt werden, funktioniert der Eintrag.

Ist nicht schön, aber es gibt immerhin einen workaround. Ich hab ein Mini-Skripterl gebaut, das genau das macht:

sudo mount -a

Und dieses Skripterl in einen mint-Starter verpackt. Sollte also nach einem Neustart das Netzlaufwerk nicht vorhanden sein, genügt ein Doppelklick auf diesen Starter und alles ist wieder da!


Die Daten auf dem Server sind nahtlos in den Dateimanager eingebunden.


MS-Money

Das mit Wine würde also nix werden, soviel stand inzwischen fest. Aber was dann? In diesem System sind 17 Jahre Zahlungsflüsse dokumentiert, darunter viele Projekte wie Fassaden- und Fensterrenovierung, Photovoltaik, Wärmepumpe, sämtliche Urlaube und vieles mehr. Diese Daten möchten wir natürlich auf keinen Fall verlieren.

Es boten sich folgende Möglichkeiten an:

  1. MS-Money auf einem Windows-Gerät weiterhin benutzen. Das würde aber den Kauf eines neuen Notebooks bedeuten, denn das alte hier bekommt ja kein Upgrade auf Windows-11
  2. Umstieg auf ein Programm der android-Welt. Gibt es ("Meine Ausgaben"), ich hab es sogar um ein paar Euros gekauft.
  3. Umstieg auf ein Programm der Linux-Mint-Welt. Da gibt es mehrere mit mehr oder weniger guten Eigenschaften
  4. Auf die Dokumentation der Finanzen komplett verzichten.

Option 4 war nie wirklich in der engeren Auswahl.

Option 1 wollte ich ja grade vermeiden.

Und bei den Optionen  2 und 3 gab es noch zwei Unteroptionen:

  1. Datenstand von MS-Money exportieren und einfrieren. Diese Export-Dateien wären dann nur noch zum Nachlesen da.
    Und dann in einem neuen Programm mit einem leeren Datenstand fortsetzen
  2. Oder: Daten aus MS-Money exportieren und im neuen Programm importieren (echte Migration).

Option 1 wäre zwar möglich, aber damit geht die Kontinuität verloren. 

Anzustreben wäre also Option 2: Die echte Datenmigration

Hab ich auch gemacht, und zwar oft. Immer wieder unterschiedliche Versionen des Exports und des Imports versucht, mit einmal mehr, einmal weniger frustrierenden Ergebnissen.

Um die Sache abzukürzen: Wirklich gut hat dann folgender Weg funktioniert:

  • Export von drei Konten aus MS-Money. Das sind die drei Konten Giro, Geldbörse und Kreditkarte. Diese drei Konten haben Kontakt mit dem Universum außerhalb von MS-Money (Zahlungsein- und Ausgänge)
    Export im "ausführlichen" Quicken-Format (QIF), also nicht die verkürzende Methode
  • Import in das neue mint-Programm "HomeBank"

Der Import hat zu 99% richtig funktioniert. Lediglich bei (geschätzten) 20 Transaktionen hat der Import falsch reagiert. Wir haben zu zweit diese betroffenen Transaktionen manuell korrigiert (dauerte etwa 90 Minuten) und jetzt passt es! Sämtliche Daten sind im neuen System – und das auch noch richtig!

Die nächsten Wochen und Monate werden wir die Haushaltsbuchführung doppelt machen: Zunächst wie gehabt in MS-Money (auf einem zweiten Rechner, der noch Windows-10 hat) und gleich anschließend in HomeBank. Einfach um mit der neuen Software vertraut und um auf Handlingsprobleme aufmerksam zu werden. Aber früher oder später wird es für uns wahrscheinlich nur noch HomeBank geben!


* * * * * * *


Das ist also der Stand der Dinge nach einer Woche Linux mint. Bisher ist kein unüberwindliches Hindernis aufgetreten. Auch das Problem mit MS-Money scheint sich einer dauerhaften Lösung zu nähern. Ich bin also recht zuversichtlich, dass Linux mint auf diesem alten Notebook noch einige Jahre problemlos laufen wird!


1 Kommentar:

  1. Lieber Andreas.
    Respekt vor diesem Umstieg und Danke für die ausführliche Dokumentation.
    Ciao, Hannes

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