Freitag, 31. Mai 2019

Was vom Tage übrig blieb. Monatsrückblick Mai 2019

Das beherrschende Thema im Mai war natürlich das Ibiza-Video, das die österreichische Regierung zu Fall bringen sollte. Die Auswirkungen auf die EU-Wahl waren eher gering, was noch alles passieren wird, ist noch nicht ganz absehbar.

Aber natürlich gab es auch noch andere Ereignisse:

  • Wahlen in der Türkei, Indien und Litauen; neuer König in Thailand
  • Das EU-Parlament wurde neu gewählt
  • Die CDU und der YouTuber Rezo
  • Die CDU-Vorsitzende hat offenbar ein Problem mit der Meinungsfreiheit
  • Das Ibiza-Video, das die Regierung zu Fall brachte
  • Und die darauf folgende Regierungskrise
  • Die USA bekämpfen den chinesischen IT-Hersteller Huawei
  • Odin Wiesinger kommt doch nicht in den Landeskulturbeirat Oberösterreichs
  • Roaming-Gebühren vom EU-Ausland in die Heimatregion gesenkt
  • Überschallflüge in Indonesien wecken Gläubige während des Ramadans
  • USA-Farmer schneidet sich mit Taschenmesser selbst den Unterschenkel ab
  • Parkgebühren für Fahrräder in Düsseldorf?
  • Was man in Hosentaschen so alles findet
  • Rutsche für Fußgänger zu gefährlich und daher wieder gesperrt




Das Video, das die Regierung zu Fall brachte



Politik


In der Türkei gab es Kommunalwahlen, die für den Präsidenten nicht so ganz nach Wunsch ausfielen. Zugegeben, die Ergebnisse in Ankara und Istanbul waren äußerst knapp. Aber während der Verlust des Bürgermeisters in der Hauptstadt relativ sanft über die Bühne ging, konnte Präsident Erdoğan den von Istanbul nicht hinnehmen (er war es ja selbst jahrelang). Also hat er in alter Sultanmanier die Wahlbehörde so lange unter Druck gesetzt, bis diese die Wahl in Istanbul wiederholen ließ - unter fadenscheinigsten Begründungen. Demokratie sieht anders aus.


Die Wahl in Indien zog sich über mehrere Wochen, im Mai wurden sie abgeschlossen. Der regierende Ministerpräsident Narendra Modi wurde bestätigt und kann weitermachen. Eines muss man Indien lassen: die Wahlen gingen reibungslos über die Bühne, und das bei 600 Millionen (!) abgegebenen Stimmen! Hut ab, eine organisatorische Großtat!


Auch Litauen hat gewählt; dort wird der Wirtschaftsexperte Gitanas Nauseda neuer Präsident.


Und Thailand hat einen neuen König, im Mai erfolgte seine Inthronisierung.


Europawahl

Vor der Wahl gab es die große Befürchtung, dass die rechten, nationalistischen Parteien in den meisten Ländern dazugewinnen würden. Das ist in manchen Ländern dann auch tatsächlich so eingetreten, allerdings waren die Zugewinne nicht so groß wie eben befürchtet. Dennoch landeten sie etwa in Frankreich auf Platz eins, in Ungarn, Polen und Italien legten sie ebenfalls stark zu. In Österreich verlor die FPÖ, hauptsächlich wegen der Ibiza-Affäre (mehr dazu später), allerdings weniger als man annehmen könnte; die Partei hat offenbar eine treue Wählerschaft. Sebastian Kurz wiederum hat ein Rekordergebnis eingefahren. Da hat wohl ebenfalls die Ibiza-Affäre mitgespielt, genauso wie der Bonus des Bundeskanzlers oder dessen Stimmenfang am rechten Rand mit Parolen aus der untersten Schublade (Stichwort: die üblen Bürokraten in Brüssel, die uns vorschreiben wollen, wie wir Pommes und Schnitzel zu frittieren haben). In Deutschland wurde die Große Koalition abgestraft, sodass die SPD wieder einmal vor einer Personaldebatte steht. Große Gewinner waren europaweit (neben den nationalistischen Parteien) vor allem die Grünen und die Liberalen. Erstmals haben die beiden großen Fraktionen (EVP und Sozialdemokraten) keine Mehrheit im Parlament.

Eine recht schöne Übersicht über die Wahlergebnisse in den einzelnen Ländern gibt es hier oder hier.

Erfreulich immerhin, dass die Wahlbeteiligung erstmals über 50% lag. Offenbar wird die Wichtigkeit des Parlaments schön langsam deutlicher wahrgenommen.

Nachdem der Brexit noch nicht abgeschlossen ist, mussten auch die Briten an der Wahl teilnehmen. Die neue Brexit-Partei von Nigel Farage triumphierte, während die Tories und Labor schlicht und einfach abgewatscht wurden.


Eine recht schöne Zusammenfassung, was das EU-Parlament in der nun abgelaufenen Periode so beschlossen hat, bietet die ARD in dieser Bildergalerie.

CDU und Rezo

Eine Woche vor der Wahl machte ein Video die Runde, in dem der YouTuber Rezo über die CDU herzog und die Empfehlung abgab, die CDU nicht zu wählen. Viele seiner Argumente treffen sicherlich zu, etliche Vorwürfe hat er nicht belegt, obwohl er das im Vorspann versprochen hatte, und etliche Argumente sind schlicht falsch.

Egal, das Video wurde millionenfach angeklickt und hat vor allem bei den jungen Wählern gewirkt. Die CDU verfiel daraufhin erst einmal ein paar Tage in Schockstarre und hat dann ziemlich unbeholfen darauf reagiert. Inzwischen wurde Rezo sowohl von CDU als auch von SPD zu einem Gespräch eingeladen; er möchte das Angebot der CDU aber nur annehmen, wenn sie "einen Kurswechsel in der Klimapolitik für notwendig hält".

Ein deutliches Signal, wie wenig die CDU das Medium Internet verstanden hat, kam dann einen Tag nach der Wahl von der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK). Sie verlangte nicht weniger, als eine Regulierung von YouTubern und ihren Aussagen. Der Aufschrei gegen diese Zensurgedanken kam sofort (und berechtigerweise) und war so heftig, dass sie ein paar Tage später ebenso hilflos zurückruderte.


Ibiza-Video und Regierungskrise in Österreich

Etwas mehr als eine Woche vor der EU-Wahl veröffentlichten der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung ein Video, das in Österreich wie ein Erdbeben wirkte.



Es wurde zwar schon 2017 vor der Nationalratswahl aufgezeichnet, wurde aber erst jetzt diesen beiden Medien zugespielt. Darin zu sehen ist, wie in einer Villa auf Ibiza die beiden Politiker H.C. Strache (Parteivorsitzender) und Johann Gudenus (Klubobmann/Fraktionsführer im Parlament) mit einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen die Zukunft Österreichs diskutieren, sobald die FPÖ einmal in der Regierung ist. Von illegalen Parteispenden, Einstieg in die Kronen-Zeitung bis zur Vergabe von Regierungs-Aufträgen ist da ganz offen die Rede. Ein Skandal erster Ordnung, das wahre Gesicht der FPÖ kam da zum Vorschein.

Das sah auch Bundeskanzler Kurz so, der dann tags darauf die Zusammenarbeit mit der FPÖ aufkündigte und Neuwahlen ausrief. H.C. Strache legte alle politischen Ämter zurück, ebenso Johann Gudenus, der später sogar aus der Partei austrat.

Wer glaubte (so wie ich), das wäre das Ende der FPÖ, zumindest für die EU-Wahl, wurde rasch eines Besseren belehrt. Der FPÖ gelang es in der verbleibenden Woche bis zur Wahl, die Opferrolle perfekt zu kommunizieren und die Verluste in Grenzen zu halten (s. oben). Plötzlich stand nicht mehr der unglaubliche Inhalt dieses Videos im Mittelpunkt, sondern nur noch dessen Entstehung. Denn eines ist schon klar: das war eine professionell aufgebaute Falle. Die Hinweise verdichten sich, dass hinter der Entstehung dieses Videos ein Wiener Anwalt und ein Privatdetektiv stehen.

Der Bundeskanzler wollte auch noch den Innenminister Herbert Kickl loswerden, dagegen sträubte sich aber die FPÖ erfolgreich, indem nicht nur Herbert Kickl, sondern sämtliche Minister der Partei zurücktraten. Sebastian Kurz musste sich also um Ersatz umsehen und fand diesen auch sehr rasch, sodass noch vor der EU-Wahl eine Interrims-Regierung zustande kam, die bis zur Bildung einer neuen Regierung die Geschäfte weiterführen sollte.

Damit aber nicht genug. Am Montag nach der EU-Wahl gab es eine Sondersitzung des Nationalrates, bei der die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung einbrachte, den auch die FPÖ unterstützte. Die Folge war also, dass nach 185 erfolglosen Misstrauensanträgen der 186. erstmals in der Zweiten Republik eine Mehrheit fand und die Regierung damit gestürzt war!

Somit ist also der Bundespräsident am Zug. Er muss eine komplett neue Regierung finden, die bis zur Bildung einer neuen (nach der Wahl) im Amt ist. Erste Namen sind bereits bekannt. Brigitte Bierlein, bis jetzt Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, wurde mit der Bildung dieser Übergangsregierung beauftragt; sie wird somit die erste Bundeskanzlerin Österreichs werden! Vizekanzler und Justizminister soll Clemens Jabloner werden, der in seiner aktiven Zeit zuletzt Präsident des Verwaltungsgerichtshofs war. Und Außenminister wird Alexander Schallenberg, derzeit oberster Beamter im Außenministerium in der Sektion "Europa". Alle drei genießen einen ausgezeichneten und einwandfreien Ruf; und was ebenso wichtig ist: allen dreien wurde von allen Parteien bereits die Unterstützung im Parlament zugesagt! In den nächsten Tagen soll Brigitte Bierlein also noch die fehlenden Personen finden und dem Bundespräsidenten vorschlagen; endgültigen Termin gibt es noch nicht, allgemein wird aber in der kommenden Woche damit gerechnet.

Der Wahlkampf ist bereits eröffnet und er wird heftig werden, soviel trau ich mich schon zu sagen.


Huawei

Der chinesische Konzern Huawei ist einer der weltweit führenden Hersteller von Smartphones und vor allem von Netzwerk-Infrastruktur. Blöd nur, dass auch die USA mit Cisco ebenfalls so einen Hersteller (für Infrastruktur) haben. Jetzt, wo der Ausbau des Mobilfunknetzes auf die 5. Generation (5G) ansteht, möchte Präsident Trump "seine" Cisco natürlich unterstützen. Er hat das bisher damit gemacht, dass er Huawei in die Nähe der chinesischen Regierung rückte und Huawei Spionageabsicht unterstellte. Ob an diesen Vorwürfen was dran ist oder nicht, ist heftig umstritten. Selbst in der EU gibt es Länder, die Huawei nicht haben möchten, genauso wie Länder, die da weniger Bedenken haben.

Jetzt ging Donald Trump aber noch einen entscheidenden Schritt weiter: er setzte Huawei auf eine schwarze Liste. USA-Firmen ist es dadurch untersagt, mit Firmen, die auf dieser Liste stehen, Geschäfte zu machen. Innerhalb von Tagen kündigte Google an, dass sie Huawei nicht mehr mit aktuellen Versionen des Smartphone-Betriebssystems android beliefern dürfen; und in Folge davon nahmen schon zahlreiche Händler Huawei-Smartphones aus dem Sortiment! Der erste Schock bei Huawei war dementsprechend groß, aber fehlende Software kann man gegebenenfalls selbst nachbauen.

Viel schlimmer ist aber, dass auch der Chiphersteller ARM nicht mehr liefern darf - und damit hat Huawei ein weit größeres Problem. Denn dessen Chips stecken praktisch in allen Smartphones und Infrastruktur-Geräten - und Ersatz ist da keiner in Sicht! Wie Huawei darauf regiert, ist noch nicht ganz klar. Inzwischen hat China angedroht, den Export von Seltenen Erden in die USA einzuschränken oder gar einzustellen. Diese Materialien kommen zu 90% aus China und sind für die Chipherstellung unerlässlich; die USA nehmen China aber nur etwa 4% der chinesischen Produktion ab. Sie importieren viel mehr Zwischenprodukte aus China, in denen diese Seltenen Erden bereits verarbeitet sind. Könnte also sein, dass der Exportstopp nur der Roh-Erden auf die USA eher geringe Auswirkungen hat.


Einzelfälle


Der Maler Odin (Manfred) Wiesinger wurde in Oberösterreich von der FPÖ in den Landeskulturbeirat berufen. Nachdem ich kein Leser der rechten Magazine wie der "Aula" bin und auch nicht an Kongressen wie "Verteidiger Europas" teilnehme, war er mir (und vielen anderen) völlig unbekannt. Nach ein paar Tagen heftigen Protestes verzichtete er aber selbst auf diese Nominierung.


Und dann gab es noch den ganz heftigen Einzelfall "Ibiza-Video", dessen Geschichte aber schon weiter oben erzählt wurde.


Gesellschaft


Bisher war es so, dass zwar Telefonate aus dem EU-Ausland in die Heimatregion der SIM-Karte von Roaming-Gebühren befreit waren, nicht aber in der umgekehrten Richtung (oder von einem EU-Ausland in ein anderes). Diese Roaming-Gebühren wurden nun ebenfalls niedriger.


Chronik / Panorama


Am 6. Mai begann der Ramadan. Dieser islamische Fastenmonat verlangt, dass der Gläubige von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang eben fastet. Der Termin folgt dem alten Mondkalender, sodass der Ramadan jedes Jahr etwas früher beginnt als im Vorjahr - heuer eben am 6. Mai. Da um diese Jahreszeit die Sonne schon relativ früh aufgeht, muss auch das Frühstück dementsprechend früh angesetzt werden. Um dieses nicht zu verschlafen, hat sich die Indonesische Luftwaffe ein besonderes Service einfallen lassen: sie veranstaltet täglich Überschallflüge in relativ geringer Höhe, deren Knall eben die Gläubigen rechtzeitig weckt!


In den USA ist ein Farmer mit einem Fuß in eine Maschine geraten, aus der er sich nicht mehr befreien konnte. Das Telefon war nicht in Reichweite, sonstige Hilfe leider auch nicht. Er hat sich daraufhin mit einem Taschenmesser das linke Bein unterhalb des Knies abgeschnitten und auf diese Weise überlebt! Wow!


Auf dem Weg zur Verblödung


Die CDU in Deutschland ist halt die wahre Autofahrerpartei. So passt es gut ins Bild, dass der Vizeschef der Stadtpartei in Düsseldorf Parkgebühren für Radfahrer verlangte. Klimapolitik der anderen Art. Nach dem Rezo-Video-Desaster also eine weitere Glanzleistung der CDU.


Wie: Echt jetzt? Kurioses, Skurriles


Was man in Hosentaschen nicht alles so findet: Steine, Feuerzeuge, Schlüssel, Taschentücher, Alligatoren. Alligatoren? Ja, doch!


In Spanien wurde eine Rutsche installiert, die für Fußgänger eine erhebliche Abkürzung darstellen sollte. Allerdings war sie so steil, dass sie einfach zu gefährlich war und nach einem Tag schon wieder gesperrt werden musste.

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