Donnerstag, 14. April 2016

Andalusien 2016 - Teil 2

Teil 2 führt uns zunächst nach Jerez, der Stadt, aus der der berühmte Sherry kommt. Nach einem Abstecher in das nahe Cádiz, einer der ältesten Städte Europas, geht die Reise weiter nach Sevilla, der Hauptstadt der Region Andalusien.

Allesamt also drei sehr sehens- und besuchenswerte Ziele!

Jerez, die Stadt aus der der Sherry kommt
[Update 19.4.2016: einige Fotos von Sevilla ergänzt]

Dienstag, 29.3.2016

Erster Tagesordnungspunkt: Besuch der Bodega (Kellerei) Williams & Humbert - wir sind ja schließlich in Jerez de la Frontera! Enthalten ist eine Besichtigung des Weinlagers sowie eine Erklärung des Herstellungsprozesses, und anschließend ist noch eine Verkostung von drei typischen Sherry-Sorten vorgesehen - und das am Vormittag!

"Sherry" ist nichts anderes als das englische Wort, das dem spanischen "Jerez" noch am nächsten kommt. In Spanien bestellt man übrigens "vino de Jerez", im Rest der Welt eben - "Sherry".

Sherry wird nur aus zwei Rebsorten gewonnen und unterschiedliche Gärverfahren liefern unterschiedliche Sherry-Sorten: vom Fino (trocken) über den Medio (halbsüß) bis zum Cream (süß) - mit noch weiteren Stufen dazwischen.
Sherry wird im sogenannten "Solera"-Verfahren hergestellt. Dabei sind mehrere Lagen Fässer übereinander gestapelt: in der untersten Reihe liegt der älteste Wein, in der obersten der jüngste. In Flaschen abgefüllt wird immer nur aus der untersten Reihe. Die Fässer werden dabei aber nur zu etwa einem Drittel geleert. Die fehlende Menge wird aus der Reihe darüber ergänzt; was dann in der zweiten Reihe fehlt, kommt aus der dritten, und so weiter. Das Endprodukt ist also immer ein Verschnitt unterschiedlicher Jahrgänge, es gibt daher produktionsbedingt keinen Jahrgangs-Sherry. All das (und noch viel mehr) wird im oben verlinkten Wiki-Artikel ausführlich erklärt.
Sherry ist regional geschützt, dh. nur Wein aus Jerez und Umgebung darf die Bezeichnung Sherry führen!

Kellerei Williams & Humbert. Von außen betrachtet kommt man kaum auf die Idee, dass diese Halle einen architektonischen Preis gewonnen hat. Die wahren Werte stecken im Inneren des Gebäudes!

Die Solera-Methode (s. Text oben). Abgefüllt wird immer nur aus den untersten Fässern. Der fehlende Wein wird aus der nächsthöheren Reihe ergänzt.
Das Regenwasser wird auf dem Dach gesammelt und in unterirdischen Zisternen gespeichert. Der sandige Boden wird im Sommer mit diesem Wasser gesprengt; dadurch kann eine gleichbleibende Temperatur ohne zusätzliche Klimaanlage sichergestellt werden.

Verkostung zum Abschluss der Führung


Gut gelaunt und beschwingt ging es mit dem Bus zur nächsten Station, der Königlich-Andalusischen Reitschule. Man kann die Vorstellung gut mit einer in der Wiener Spanischen Hofreitschule vergleichen: Pferd geht nach links, Pferd geht nach rechts, Pferd stellt sich auf die Hinterbeine, Pferd macht Luftsprung. Mag sein, dass das alles nur sehr schwer in die Pferdeköpfe zu bringen ist, aber mir fehlt jede Beziehung dazu. Ich hab mich auch in Wien bis jetzt erfolgreich einem Besuch der Reitschule entziehen können. Nach der Pause blieb ich im herrlichen Park bei ebenso herrlichem Wetter.

Eingang in den Park der Reitschule

Eigentliche Reithalle, in der die Veranstaltungen stattfinden

Gespanntes Warten auf den Beginn der Vorstellung

Lerchenzungen! Otternasen! Ozelotmilch! Zaunkönigleber!


Das war's auch schon wieder mit Jerez! Diesmal nur ein Tag, vor 30 Jahren war das einer unserer Hauptstützpunkte: von hier aus besuchten wir Arcos (war diesmal leider nicht im Programm - schade), Ronda (war schon in Teil 1) und Sevilla (folgt gleich) und machten zwischendurch auch ein paar Mal Station am Strand von Sanlúcar de Barrameda. Damals hatte sich Jutta an einer scharfkantigen Muschelschale leider die linke Ferse aufgeschnitten, was in den folgenden Tagen natürlich das Gehen ziemlich beeinträchtigt hat. Die Wunde wurde gleich am Strand von einem Rotkreuz-Sanitäter versorgt, die Verbandswechsel nahmen wir dann selbst vor. Unvergesslich der Einkauf von Leukoplast in einer Apotheke in Jerez - Verständigung per Hand und Fuß, aber wir haben es geschafft. Als Belohnung werd ich das spanische Wort dafür mein Lebtag nicht mehr vergessen: esparadrapo!

1986 mit unserem Leihauto am Strand von Sanlúcar de Barrameda


Damals gab es auch noch wesentlich mehr Osborne-Stiere! Praktisch auf jedem Hügel neben der Straße war einer aufgestellt. Nach dem Verbot von Plakatständern in Sichtweite von Landstraßen wurden die Stiere nach und nach abgebaut. Die Regionalregierung von Andalusien beantragte die Anerkennung der Stiere als nationales Kulturgut, aber die Zentralregierung ordnete die Demontage an. Die Sache ging bis zum Obersten Gerichtshof, der sich für die Stiere aussprach, und daher gibt es heute noch welche - wenige, aber immerhin.

1986: Osborne-Stiere auf jedem Hügel
2016: nur noch wenige Exemplare ohne Aufschrift


Zurück zur Gegenwart! Wir fuhren also weiter nach Cádiz, einer der ältesten Städte Europas. Ursprünglich eine Insel, erst im 17. Jahrhundert wurde eine schmale Landbrücke zwischen San Fernando und Cádiz aufgeschüttet. Wir kamen aber über die erst 2015 eröffnete "Brücke der Verfassung von 1812" herein, der längsten Brücke Spaniens. Zunächst hatten wir eine kleine Rundfahrt um die Alt-Stadt mit dem Bus, danach hatten wir Zeit, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Fernando, unser Reiseleiter, wählte eine extra markante Stelle als Treffpunkt aus, damit auch alle wieder zurückfinden. Denn die Altstadt ist ein einziges Labyrinth aus schmalen Gassen. Fernando meinte auch, wir sollten nicht allzuviel Vertrauen in Stadtpläne setzen, "er kenne keinen einzigen, der stimmt". Der Nomade des 21. Jahrhunderts setzt sich auf seinem Smartphone einen GPS-Merker, auf dass er in Cádiz nicht verloren geht. Wäre nicht unbedingt notwendig gewesen, die Stadt ist zwar unübersichtlich, aber klein: irgendwann wären wir wieder zum Bus gekommen!

Hier noch ein paar Fotos von Cádiz:

Die "Brücke der Verfassung von 1812" sollte pünktlich zur 200-Jahrfeier 2012 eröffnet werden. Es hat dann aber bis 2015 gedauert: Finanzkrise, Kampf ums Geld mit der Zentralregierung, ...

Kathedrale von Cádiz

Im Labyrinth von Cádiz

Uferpromenade

Zahlreiche Straßenmusikanten...

... auf dem Platz vor dem Rathaus


Zu Cádiz noch eine kleine Anekdote von damals. Nachdem wir auf der ganzen Strecke von Málaga bis Cádiz kein Quartier gefunden hatten und es bereits sehr spät war, machten wir das, was wir unbedingt vermeiden wollten, nämlich im Parador zu übernachten. Nach einer Nacht machten wir uns auf den Weg zur Touristen-Info, die leider leider mitten in der Altstadt von Cádiz liegt (genau, im Labyrinth). Wir suchten gerade auf dem Plan, den wir auf die Motorhaube gelegt hatten, nach eben diesem Weg, als ein freundlicher Spanier anhielt. Nach einigem Hin und Her (Sprachbarriere!) gab er uns zu verstehen, er würde uns voraus fahren und uns so zu unserem Ziel lotsen. Gesagt, getan. Wir fuhren hinterher bis er plötzlich rechts ran fuhr und uns erklärte, dass sein Versprechen nur bis hierher gälte, "da rein" (ins Labyrinth) würde er nicht fahren - viel Glück! So fuhren wir eben ohne Lotsen weiter: durch Gassen, die so eng sind, dass gerade ein Auto durchpasst und Passanten in die Eingangstore verschwinden müssen, wenn wirklich eines kommt; sicherlich sind wir auch ein paar Mal im Kreis gefahren, aber letztlich angekommen. Wir bekamen das schon oben erwähnte Hotel in Jerez vermittelt und waren froh, ein leistbares Quartier zu haben. Wie wir wieder aus Cádiz raus gefunden haben, kann ich mich nicht mehr erinnern.


Als vorletzter Punkt für diesen Tag stand dann nur noch die Fahrt nach Sevilla auf dem Programm. Fernando machte dankenswerter Weise einen kleinen Umweg, sodass wir freien Blick auf die berühmte Alamillo-Brücke von Santiago Calatrava werfen konnten! Der einzige Pylon dieser Hängebrücke hat Seile nur in eine Richtung, aber keine Gegenzüge. Nur die Hebelwirkung des schräg gestellten Pylons trägt die gesamte Konstruktion!

Die Alamillo-Brücke trägt deutlich die Handschrift von Santiago Calatrava

Nach dem Abendessen hatten wir noch einen Abendspaziergang durch die Altstadt von Sevilla, geführt von Fernando. Es war gut, dass es diesen Spaziergang noch gab, denn am nächsten Vormittag war das Programm so gedrängt, dass für diese Teile keine Zeit mehr gewesen wäre!

Pavillon der Expo 1929

Ein weiterer beherbergt heute das Archäologische Museum


Plaza de España bei Nacht

Kolumbusdenkmal. Die zwei Säulen des Herakles, verbunden durch ein Schiff

Glockenturm (Giralda) der Kathedrale

Kathedrale

Weil wir diesmal so wenig Zeit für die Plaza de España hatten, füge ich an dieser Stelle ein paar Fotos von 1986 ein:






1986 hatten wir mehr Zeit für die Plaza de España


Mittwoch, 30.3.2016

Dieser Mittwoch stand ganz allein Sevilla zur Verfügung. Die Stadt liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel und der Fluss der Stadt (Guadalquivir) ist bis hierher schiffbar. Das war er auch früher schon; die reich beladenen Schiffe aus den neu entdeckten Kolonien mussten ihre Fracht in Sevilla löschen. Das ging solange gut, als die Schiffe noch den Fluss befahren konnten; denn die Schiffe wurden immer größer und schwerer. Letzlich musste Sevilla dieses Privileg aber an die Stadt Cádiz abgeben, die ja an der Küste und nicht im Landesinneren liegt.

Gleich in der Früh wurden wir wieder von einem lokalen Führer übernommen (Moizes), der mit uns einen wirklich kleinen Morgenspaziergang absolvierte. Er führte uns (leider nur) vorbei an der Plaza de España, weiter bis zur Plaza de América, und dann schon wieder in den Bus.

Aber auch nur kurz bis zur Oper; von dort sind wir dann quer durch die Altstadt bis zum Haupteingang des Alcázars marschiert. Dieser Palast geht bis auf die Maurenzeit zurück und das sieht man seiner Architektur auch an. Er wird immer noch als Quartier von der königlichen Familie benutzt, falls sie sich in Sevilla aufhält. Dem mächtigen und prächtigen Palast ist ein großer Park angeschlossen, den wir aber nur kurz besuchten.

Plaza de España aus der Entfernung

Viele blühende Judasbäume

Eingang zum Alcázar 1986 und 2016

Sicherheitsvorkehrungen wie auf dem Flughafen

Tor zum Hof vor dem königlichen Palast

Eingang zum königlichen Palast

Moizes begleitete uns durch die Stadt, den Alcázar und die Kathedrale

Innenhof...

...mit deutlich erkennbarem maurischen Erbe

Die Wände reich verziert

Wappen des Königreiches Kastilien (Land der Kastelle)

Wappen des Königreiches León. Die Heirat von Ferdinand und Isabella (den Katholischen Königen) vereinte diese beiden Königreiche, die Isabelle in die Ehe mitbrachte, mit Ferdinands Königreich Aragón. 




Nach der Entdeckung Amerikas stellte man fest, dass hinter "non plus ultra" doch noch was existiert. So wurde das "non" einfach gestrichen und es entstand das neue Logo "plus ultra"; die beiden Säulen des Herakles blieben.

Karl V. hat die Säulen ins spanische Wappen gebracht. In der oberen Reihe wieder die Symbole für Kastilien und León; darunter die für Aragón und Navarra; ganz unten der Granatapfel für Granada; in der Mitte die Lilien der Bourbonen (spanisches Königshaus) [Quelle: Wikimedia]


Dieser Ritter hat sich offenbar im Alcázar verirrt und ist dringend auf der Suche nach einer Toilette!

1986 nach dem Besuch des Alcázars. Es war August, es war heiß...

...da war die Abkühlung schon sehr angenehm.


Dem Alcázar gleich gegenüber liegt die riesige Anlage der Kathedrale von Sevilla. Sie ist eine der größten Kirchen der Welt und wurde - wie so oft in Spanien - um und auf den Resten einer ehemaligen Moschee erbaut. Wie groß die Moschee gewesen sein muss, erkennt man noch an dem alles überragenden Glockenturm Giralda, der früher das Minarett der Moschee war. Um rascher nach oben zu kommen, führen nicht Stufen, sondern Rampen nach oben, die auch von Eseln oder Pferden begangen werden können.

Die riesige Kathedrale von außen

Eingangstor

Dieses Foto zeigt das Querschiff, das vom Hinter- in den Vordergrund verläuft. Zwischen den Säulen nach rechts laufen die fünf Längsschiffe der Kirche.

Hauptaltar. Reiches Zeugnis aus einer reichen Zeit.

Restaurierungen

Wieder ein riesiges "Gesangsbuch für alle"

In die Wand des Chorgestühls (von außen betrachtet) ist die Orgel eingebaut.
Grabmal für Christoph Kolumbus. An den Wappen der Träger erkennt man wieder die Königreiche Kastilien und León.
Gedenkplatte für Ferdinand Magellan, der von Sevilla aus zu seiner Weltumsegelung aufbrach. Er selbst wurde auf den Philippinen ermordet, von den fünf Schiffen kam nur die "Victoria" wieder nach Sevilla zurück.
Auf den Glockenturm (Giralda)...

...kommt man nicht auf Stufen, sondern auf Rampen

Oben gab's furchtbares Gedränge um die besten Plätze

Denn man wird schon mit einer tollen Aussicht belohnt. Im Hintergrund die Alamillo-Brücke


Den Nachmittag hatten wir wieder für uns. Wir beschlossen, durch die Altstadt zu schlendern, dort was zu essen, und uns dann durch die Gassen der Stadt bis zum Hotel in der Nähe der Basilica de la Macarena durchzuschlagen.

Enge Gassen

Die "Ecke des Figaro" spielt auf  die "Hochzeit des Figaro" bzw. den "Barbier von Sevilla" an.

Sehr schöne Ecke Sevillas!

In die alte Festungsmauer wurden auch gleich die Wasserrohre integriert (Wassergasse)

Zum Bauen nimmt man das, was da ist, und wenn es alte Mühlsteine sind!

Da passt gerade einmal ein Auto durch

Im Inneren...

...der Macarena-Kirche.


Auf dem Weg zum Hotel kamen wir noch am neuen Wahrzeichen von Sevilla vorbei, den Parasoles. Früher stand hier eine Markthalle, heute ist dort eine moderne, sehr gewagte Holzkonstruktion, angeblich die größte weltweit. Man kann mit dem Lift hinauf fahren bis zu einer Plattform mit einem Café. Von dort kann man noch zu Fuß einen gewundenen Weg auf den Pilzen gehen; von hier aus hat man eine herrliche Aussicht über die Stadt! Die Pilze kann man kaum beschreiben, man muss sie sehen:

Fantastische Holzkonstruktion...

...für das neue Wahrzeichen Sevillas

Auf den Pilzen läuft ein Aussichts-Steg


Das war Sevilla! Morgen geht es bereits wieder weiter mit dem Bus nach Córdoba und noch weiter bis Granada! Eine lange Busfahrt also.

Hier geht's zu Teil 3 des Reiseberichts.

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