Donnerstag, 14. April 2016

Andalusien 2016 - Teil 1


Diese Reise wollten wir unbedingt machen, seit einigen Jahren wird der Termin frei gehalten - es hängt sehr viel Emotion daran: denn vor 30 Jahren machten wir fast die gleiche Rundreise durch Andalusien, noch dazu in fast gleicher Besetzung (Felix war 1986 noch nicht dabei). Damals machten wir die Reise auf eigene Faust per Mietwagen, diesmal in einer geführten Bustour. Damals im Hochsommer (August) durch eine ausgedörrte Steppenlandschaft, diesmal durch eine frühlingshaft grüne Weidelandschaft mit noch schneebedeckten Bergen der Sierra Nevada im Hintergrund.

Apropos damals: ich hab natürlich auch noch Fotos von damals. Allerdings waren das Dias, die ich vor etlichen Jahren einscannen ließ; gerade noch rechtzeitig, bevor die Qualität der Filme noch schlechter wurde (Verfärbungen, Staub, Kratzer,...). Dass die Bilder alt sind, sieht man ihnen aber trotzdem an - abgesehen von der Kleidung, den Frisuren, den Brillen... Wenn die Gelegenheit passt, werde ich alt und neu gegenüberstellen. Für Heiterkeit ist gesorgt, das garantiere ich!

2016: Gundi, Felix, Jutta, Fritz, Andreas vor der Alhambra in Granada

1986: Fritz, Gundi, Jutta, Andreas




Unsere Route 1986 (ganz ohne elektronische Hilfsmittel!)


Auf geht's!

Sonntag, 27.3.2016


Abflug von Wien war am Ostersonntag 6:00 Uhr Früh. Also 4:00 am Flughafen, also Abfahrt um 3:30. Das war noch dazu die Nacht mit der Umstellung auf Sommerzeit, für unsere inneren Uhren bedeutete das also 2:30 Uhr - schon eine gewisse Herausforderung, zumindest für Nachtvögel. Aber was tut man nicht alles!

Den Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung - klar, wir waren ja früh dran. Wir fuhren mit der Vorortelinie von Torremolinos, wo wir die erste Nacht untergebracht waren, in das Zentrum von Málaga.

Dort waren noch Tribünen aufgebaut für die letzte Prozession im Rahmen der Semana Santa. In ganz Spanien werden in der Karwoche (Palm- bis Ostersonntag) Umzüge veranstaltet, bei denen riesige Statuen und Monstranzen (Pasos) durch die Stadt getragen werden. Wir sind selbst auch durchmarschiert als wären wir Teilnehmer der Prozession, allerdings vor leeren Tribünen, denn die wirkliche fand erst etwas später statt. Diese Umzüge dauern viele Stunden und es ist keine Seltenheit, dass sie erst um 3h Früh enden!

Beispiel einer kolossalen Statue, die viele Träger benötigt [Quelle: Wikimedia]

Wir machten einen Rundgang, der uns zunächst zur Kathedrale, zum römischen Theater und zur Festung Alcazaba führte; das Picasso-Museum ließen wir aus (da gibt es bessere Sammlungen als in seiner Geburtsstadt). Am späteren Nachmittag holte uns dann aber doch die Müdigkeit ein und wir fuhren noch vor Beginn der Prozession nach Torremolinos zurück.

Für die Semana Santa werden sehr aufwändige Tribünen aufgebaut

Kathedrale von Málaga

Hauptaltar

Sehr schöner Innenhof (Patio)

Das Römische Theater am Fuß der Festung Alcazaba

In der Alcazaba

Innenhof der Alcazaba

Semana Santa ist überall, auch in der Konditorei...
...oder als Wanddekoration

Montag, 28.3.2016

Nach dem Frühstück lernten wir jetzt auch unseren Busfahrer Jesús und Reiseleiter Fernando kennen. Unsere Gruppe hatte 31 Teilnehmer aus Deutschland (Großteil), der Schweiz, Österreich und Belgien. Dementsprechend pünktlich wurden die diversen Treffpunkte und Abfahrtszeiten eingehalten!

Unser Reisebegleiter Fernando (Mitte) und unser Busfahrer Jesús (rechts)


Erste Station für diesen Tag war Ronda. Dort übernahm die lokale Stadtführerin Cristina unsere Gruppe und geleitete uns von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit.

Die erste war gleich einmal die Stierkampfarena, eine der größten in ganz Spanien. Stierkampf ist ja ein ziemlich heikles Thema. Aber Cristina schaffte es mit ein paar sachlichen Informationen, den allgemeinen Widerspruchsgeist, der über der Gruppe schwebte, ein wenig zu besänftigen. So ist ein Stier etwa nur ein einziges Mal 20 Minuten lang in der Arena - auch wenn er überlebt, was gar nicht so selten ist. Und wenn er das tut, dann wird er gleich an Ort und Stelle tierärzlich versorgt. Auch für den Torero ist im Falle des Falles gesorgt: eine Arena darf nur bespielt werden, wenn es vor Ort einen betriebsbereiten Operationssaal gibt. Sollte der Stier aber getötet werden, wird das Fleisch meist caritativ gespendet (zB Altersheime) oder es wird an einen Fleischhauer verkauft und gelangt so in den normalen Handel.

Wichtiger als der Kampf an sich sind aber das Zeremoniell und der Bewegungsablauf - ein Ballett im Sand, gewissermaßen. Das Publikum und eine Musikkapelle geben dem Torero Feedback über die Zufriedenheit mit der Vorstellung, sodass er eventuell noch verbessernd eingreifen kann. 

Wegen des hohen Risikos ist die Bezahlung für den Torero außergewöhnlich gut: je nach "Spielerklasse" kann er in großen Arenen mit EUR 40.000 bis 100.000 pro Auftritt rechnen. Der Stierkampf bewegt etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr und insgesamt hängen etwa 200.000 Arbeitsplätze daran - ein Milliardengeschäft also.

Unsere Sicht auf den Stierkampf ist also vielleicht nicht mehr ganz so getrübt wie vorher, die große Skepsis bleibt aber!

Alle Zuschauerplätze sind überdacht. Die Frage "sombre o sol" (Schatten oder Sonne) beim Kauf der Eintrittskarten stellt sich hier nicht



Von der Arena nur ein paar Meter entfernt ist die berühmte Neue Brücke, die die Alt- mit der Neustadt verbindet. Sie überspannt eine 120m tiefe Schlucht und wurde Ende des 18. Jahrhunderts gebaut. Sehr beeindruckendes Bauwerk!

Die Neue Brücke. Beim mittleren Bogen erkennt man ein Geländer: im Bürgerkrieg 1936-39 diente dieses Gesims als Gefängnis.

Die Brücke von der anderen Seite. Hier sieht man auch, wie tief die Schlucht ist, die sie überwindet.


Weiter durch die Gassen, vorbei an wunderschönen Balkonen, Blumenschmuck, Gittern aus Schmiedeeisen und Oasen der Kühle, den sog. Patios. Ein besonders schönes Exemplar eines Patios konnten wir im Don Bosco-Haus sehen, außerdem bietet der Garten des Hauses einen schönen Aussichtspunkt auf die Brücke. Das Haus wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und später von den Besitzern an die Salesianer Don Boscos vererbt.

Pomeranzen sieht man sehr oft. Die Früchte sind bitter und höchstens für Marmelade geeignet. Niemand interessiert sich für sie. Die Früchte hängen noch vom Vorjahr, inzwischen blühen die Bäume schon wieder!

Sehr schöner Patio im Don Bosco-Haus

Sehr gepflegter Garten


Letzte Station auf unserem Spaziergang durch Ronda war dann die Kathedrale. Sie wurde an der Stelle errichtet, an der früher die große Moschee stand. Das Minarett ist in den Glockenturm integriert und die Gebetsnische (Mihrab) ist noch mit Hilfe eines Kunstgriffes zu sehen (s. Foto), ansonsten ist die Kirche eben Neubau. Wobei "neu" auch relativ ist; sie wurde aus Anlass der Reconquista (katholische Wiedereroberung Andalusiens) an die Katholischen Könige Ferdinand und Isabella Ende des 15. Jahrhunderts übergeben.

Eingang zum Mondragón-Palast

Sehr malerische Seitengasse auf dem Weg zur Kathedrale

Das Minarett wurde in den Glockenturm der katholischen Kirche integriert


Um die reichen Verzierungen der alten Gebetsnische (Mihrab) zu sehen, wurde ein Spiegel aufgestellt.


Hauptaltar

Die Statue benötigt etliche Träger bei der Prozession!

Die französische Künstlerin NN begann ein Abendmahl zu malen, dessen Teilnehmer/innen weiblich konzipiert waren. Das ging dem auftraggebenden Bischof dann doch zu weit und sie musste männliche Köpfe auf die weiblichen Körper malen!

Kunstvoll geschnitztes Chorgestühl. Das Gesangsbuch ist so groß, damit es alle in den Chorstühlen aus der Entfernung lesen können. Vor Zeiten des Buchdrucks gab es nur ein Buch für alle.


* * * * * * *

Wir wurden mehrfach darauf hingewiesen, an diesem Tag die Reisepässe parat zu haben: denn die Reise würde uns in nahe Ausland, nämlich nach Gibraltar führen!

Gibraltar, dieser britische Stachel im spanischen Fleisch! Er fiel 1713 im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges an England und wird dort so lange dazugehören, solange die Makaken  den Felsen bewohnen. Und damit das noch sehr lange so bleibt und es den Affen gut geht, gibt es eine eigene Spezialklinik für sie. Ja, wirklich! Hallo, wir sind schließlich in Großbritannien!

Weil's doch ein wenig eng hier ist, wurde im 20. Jahrhundert viel neues Land durch Aufschüttungen gewonnen; viele moderne Wohnblöcke prägen hier das Bild.

Der Felsen ist übrigens eine der beiden Säulen des Herakles; die zweite ist der Berg Dschebel Musa in Marokko. Der Sage nach hat Herakles diese beiden Säulen auseinander gedrückt und so das Mittelmeer und die Meeresstraße geformt. Anschließend hat er die Stelle noch mit dem Spruch "nicht mehr weiter" (lateinisch "non plus ultra") und damit als das Ende der Welt markiert. Die Säulen und der (später abgewandelte) Spruch haben es bis in das Wappen Spaniens geschafft und werden uns noch ein paar Mal begegnen.

Wir überquerten die Grenze zu Fuß; nach der Passkontrolle fuhren wir in kleineren Bussen weiter, weil die Straßen im alten Teil von Gibraltar schon sehr schmal sind. So richtig eng wurde es aber in zwei Tunnels, durch die selbst diese kleine Busse gerade noch durchfahren können.
Der Weg führte uns zunächst zum Europa Point, der südlichsten Spitze Gibraltars. Diese Aussichtsplattform ist allerdings nicht der südlichste Punkt des europäischen Festlandes, der wird erst bei Tarifa erreicht. Vom Europa Point aus hat man nicht nur Blick auf den beeindruckenden Felsen, sondern auch auf das gegenüber liegende Marokko.


Der Dschebel-Musa liegt bereits in Marokko und ist eine der beiden Säulen des Herakles

Der berühmte Felsen von Gibraltar

Grenzübergang

Very British! Die Moschee ist eine Spende Saudi Arabiens an Gibraltar.


Wir fuhren weiter zu einer Tropfsteinhöhle. Sie ist innen für Veranstaltungen ausgebaut (Bühne, Tribünen, Licht, Ton) und kann ohne Führung in 20 Minuten locker durchwandert werden.
Zuletzt gab es noch eine Begegnung mit den Affen, deren Erhalt den Briten ja so wichtig ist. Sie sind neben den Menschen die einzigen Primaten, die in Europa leben; noch dazu in freier Natur. Tatsächlich sind sie inzwischen sowas wie Haustiere, sind an Menschen gewöhnt und werden zum Teil auch von ihnen versorgt.

Die Tropfsteinhöhle als Veranstaltungsort

Gibraltar bleibt britisch, solange die Affen den Felsen bewohnen!

Sie sind Touristen gewohnt

Interessanter Baum (Eukalyptus): wächst oben noch einmal zusammen!

Wir fahren mit dem Bus gerade mitten auf der Startbahn des Flughafens. Bei den wenigen Starts und Landungen wird die Straße einfach kurze Zeit gesperrt.


Danach fuhren wir wieder runter zum Busparkplatz, überquerten (samt Passkontrolle) wieder zu Fuß die Grenze nach Spanien, bestiegen unseren angestammten Bus und fuhren zu unserem nächsten Hotel nach Jerez de la Frontera.

To Spain: this way!


Auf der Fahrt dorthin durchquerten wir noch den Naturpark der Korkeichen; diemal aber ohne Halt zum Fühlen!

Gundi 1986 beim Korkeichen-Fühlen


Hier geht's zu Teil 2 des Reiseberichts.

1 Kommentar:

  1. Das ist eine super Idee, die Fotos und Impressionen von "damals" gegenüberzustellen mit heute! Die Unterschiede bzw. das Gleichgebliebene haben wir ja jeweils vor Ort erinnert, gefühlt und/oder besprochen. Aber das dann auch so darzustellen ist sehr kurzweilig!

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