Donnerstag, 20. August 2015

Rhein-Mosel 2015 - Teil 3

Teil 3 führt uns zunächst nach Worms und danach nach Bingen. Von hier bis Koblenz zieht sich das Obere Mittelrheintal, das von der Landschaft her sehr der Wachau ähnelt: sehr enges Tal, von einem Fluss dominiert und links und rechts von Wein und Burgen bewachsen. Und dazwischen gibt es noch den berühmten Lorely-Felsen.


Sonntag, 2. August

Gut, dass wir bei der Reisevorbereitung bereits herausgefunden hatten, dass im Wormser Dom um 10:00h eine Messe beginnen würde und dass während einer Messe die Besichtigung nicht möglich ist. Wir konnten daher unseren Zeitplan dementsprechend einstellen: Abfahrt von Heidelberg um 8:15h, spätestens aber um 8:30h.
Wir deponierten unseren Wunsch bei der Rezeption, damit die Hotelangestellten rechtzeitig unser Auto aus dem Parkplatz heraus kramen konnten - hat dann auch wirklich wunderbar geklappt.


Wir waren dann sogar kurz vor 9:00h in Worms beim Dom; zu dieser Zeit war er noch geschlossen, sodass wir Zeit für eine Diskussion um das neue Gemeindezentrum hatten, das die Pfarre errichten möchte. Allerdings würde dieses neue Gebäude die Sicht auf die Nikolauskapelle behindern. Es entbrannte daher ein Streit über diesen Bau, der sogar die Gerichte beschäftigte. Stand der Diskussion ist jedenfalls, dass sich die Kirche gerichtlich durchsetzen konnte und das neue Gemeindezentrum wohl wie geplant kommen wird. Schade.


Das geplante Gemeindezentrum erhitzt die Gemüter

Noch ist die Sicht aber ungehindert möglich: links das Westwerk, rechts die Nikolauskapelle

Das Unbehagen ist verständlich, denn eine große Bausünde gibt es schon: die Volksbank verstellt die Sicht auf den Dom bereits heute.



Der Wormser Dom ist nicht nur einer der drei deutschen Kaiserdome, sondern er spielt auch im Nibelungenlied eine Rolle. Beim Eingang zum Dom kommt es zum Streit zwischen Kriemhild und Brunhild, wer von den beiden den Vortritt hat. Kriemhild als Hausherrin setzt sich durch, worauf Brunhild fürchterliche Rache nimmt: sie verrät Hagen die Stelle, an der Siegfried verwundbar ist. Und damit nimmt das Unheil seinen weiteren Verlauf.
Wegen dieser Szene im Nibelungenlied gibt es heute jedes Jahr in Worms die Nibelungenfestspiele. Dafür wird auf der Nordseite des Doms eine Freilichtbühne aufgebaut; leider hat das auch uns getroffen, denn dadurch war die Nordseite für uns nicht zugänglich. Auch der damit verbundene Lärm kommt bei den Anrainern nicht immer gut an.

Die Nordseite war leider nicht zugänglich

Genervte Anrainer

So ein Dom ist eine ewige Baustelle: ständig wird umgebaut, zugebaut, draufgebaut, ausgebessert - so auch hier; und daraus ergibt sich dann ein Mix aus unterschiedlichen Baustilen.


Man betritt heute den Dom durch das gotische Südportal

Wieder eine Mischung aus romanischen Bögen und gotischen Gewölben. Blick nach Osten zum Hauptaltar.

Altarraum im Osten

Blick nach Westen, sehr ungewöhnlich: es gibt keinen Chor (ev. mit Orgel), sondern eine zweite Apsis mit Altar. Die Orgel ist als Schwalbennestorgel ausgeführt (rechte obere Ecke im Bild)

Die Glasfenster sind alle aus dem 20. Jahrhundert, nachdem die alten 1921 bei der Explosion in Oppau (12km entfernt) zu Bruch gingen. Diese Explosion in einem BASF-Werk war so gewaltig, dass sie 561 Tote forderte und sogar noch in Heidelberg Dächer abdeckte. Angeblich waren die Explosionen noch im 300km entfernten München zu hören.

Moderne Glasfenster

Ahnen und Angehörige des Salier-Kaisers Konrad II. haben hier ihre letzte Ruhestätte

An der Ostseite wird wieder einmal restauriert

Besucher werden von den hoch gelegenen Fensterbänken auf der Ostseite beobachtet

Ostfenster

Nach der Besichtigung des Doms machten wir noch einen Abstecher zum nahe gelegenen jüdischen Friedhof "Heiliger Sand", dem ältesten erhaltenen jüdischen Friedhof Europas.

Heiliger Sand

Manche Grabsteine sind auf einer Seite lateinisch...

...und auf der anderen Seite hebräisch beschriftet

Rituelle Handwaschung nach Besuch des Friedhofs

Worms ist auch ein Zentrum der Reformation. Immerhin sollte Martin Luther 1521 auf dem hier stattfindenden Reichstag seine Lehre widerrufen, was er aber nicht tat - er "stand zwar da, konnte aber nicht anders". Auf seiner Rückreise nach Wittenberg wurde er von Soldaten des Sächsischen Kurfürsten Friedrich III. zum Schein überfallen und auf die Wartburg verschleppt, wo er inkognito als "Junker Jörg" die Bibel übersetzte. Worms wurde danach zu einem Zentrum der Reformation, und aus all diesen Gründen gibt es hier ein großes Reformationsdenkmal: Luther steht im Zentrum, umringt von Wegbegleitern und Vorläufern.

Wenn man der alten Stadtmauer entlang geht, kommt man nach kurzer Zeit...

zum Lutherdenkmal


Der harte Termin in Worms war die letzte gröbere zeitliche Einschränkung, ab jetzt ging es etwas entspannter zu. Wir wollten im Laufe des Nachmittags in Koblenz sein, dazwischen hatten wir aber noch drei Zwischenstopps.

Zunächst einmal Bingen. Die Stadt selbst haben wir nicht besucht, sondern nur die Burg Klopp (hat nichts mit Jürgen oder Dortmund zu tun), die - auf einem Hügel gelegen - eine gute Übersicht über Bingen und das Rheintal bietet. Und die Hildegard ist sowieso nicht so unser Fall.


Burg Klopp

Der Korb erinnert an das Bäckerschupfen, es ist allerdings kein Wasser in der Nähe. Möglicherweise wurden Delinquenten einfach der Höhe ausgesetzt.

Heute ist in der Burg die Stadtverwaltung von Bingen untergebracht.

Von diesem Turm aus hat man einen schönen Ausblick auf  die Umgebung

Auf dem Hügel gegenüber des Rheins befindet sich das Niederwalddenkmal, das an die Reichsgründung 1871 erinnert.

Bei Bingen beginnt das Obere Mittelrheintal, das sich bis Koblenz zieht. Das gesamte Tal inklusive Bingen und Koblenz sind heute UNESCO-Weltkulturerbe. Der Rhein musste sich hier durch hartes Gestein schneiden; ganz hat er das allerdings nicht geschafft, und so blieben bei Bingen und bei der Loreley einige große Felsen im Flussbett stehen, die die Schifffahrt jahrhundertelang behinderten. Erst im 18. Jahrhundert gelang es, bei Bingen eine 4m breite Fahrrinne herauszusprengen. Bis dahin mussten bei Bingen die Lastschiffe entladen werden und die Landung auf dem Landweg dieses Hindernis umgehen. Diese neue schmale Fahrrinne wurde Binger Loch genannt. Vom Mäuseturm aus wurde der Verkehr beobachtet und geregelt, sodass immer nur ein Schiff diese Engstelle durchfahren konnte bzw. durfte. Erst im 20. Jahrhundert wurde eine breitere Fahrrinne gesprengt, sodass jetzt Schiffe in beiden Fahrtrichtungen gleichzeitig diese Stelle passieren können.

Zum Mäuseturm gibt es die Sage, dass ein hartherziger Bischof im Turm, in den er geflüchtet war, von Mäusen gefressen wurde.

Binger Loch und Mäuseturm (kleiner weißer Turm auf der Rheininsel)

Zwischen Mainz und Koblenz gibt es keine weitere Brücke mehr über den Rhein, lediglich ein paar Fährübergänge. Wir entschieden uns, für die Fahrt durch dieses malerische Tal das linke Ufer zu benützen, damit wir erstens Bingen anfahren können und dann bei der Loreley einen besseren Blick auf diesen berühmten Felsen haben.

Dieses Gebiet wird von Weinbau dominiert: Wein, soweit das Auge reicht. In dieser Gegend wird einfach alles mit Riesling hergestellt: Bratensoße, Schorle, selbstverständlich auch pur getrunken, Eis und so weiter; wahrscheinlich sogar Babynahrung und Kinderlimonade.

Aufgefallen ist uns, dass die Weinstockreihen immer in Falllinie stehen. Das wird zwar auch bei uns so gemacht, aber nicht bei so steilen Lagen; da wird dann eher quer gepflanzt - ev. sogar auf Terrassen - um bei Regen zu verhindern, dass zuviel Erdreich zu Tal geschwemmt wird.

Nächster Zwischenstopp: Bacharach. Also das war wirklich eine äußerst positive Überraschung! Wunderschöne alte Häuser, tolles Gesamtensemble. Getrübt wird dieser Eindruck nur von der Bahn, deren zweigleisige Trasse direkt neben den Tischen von Gast-Terrassen liegt. Ich weiß nicht, wann diese Linie gebaut wurde, aber diese schwere Bausünde wäre heute wahrscheinlich nicht mehr möglich.
Ansonsten natürlich: Wein. Ich geb von Bacharach extra viele Fotos rein, damit der Eindruck besser rüberkommt.




Die Wernerkapelle im Hintergrund



Die Schröter zogen mit Hilfe einer Seilwinde befüllte Weinfässer aus den Kellern. Montiert war diese Winde an Schroterbalken, die an die Wand gelehnt wurden. Der Löwenkopf (Schrotmaul) oberhalb des Kellerfensters ist eine besonders schöne Ausführung für die Halterung eines Schroterbalkens.

Im Weinmuseum Koblenz war so eine Schroterwinde ausgestellt.




Die Bahn donnert direkt an den Rieslinggläsern vorbei. Kein Wunder, dass viele betroffene Lokale geschlossen waren.

Selbst in so steilen Lagen wurde der Wein in Falllinie gepflanzt

Burg Stahleck


Probiert und für gut befunden!





Die Stelle beim Loreley-Felsen war ebenfalls jahrhundertelang gefährlich, weil große Steine (Riffe) im Flussbett stehen geblieben waren. Der romantische und vielfach mal so und mal so besungene Felsen ist wirklich sehr beeindruckend, wir blieben aber nur für einen kurzen Fotostopp stehen.

Das ist er also, der berühmte und berüchtigte Felsen am rechten Ufer

Am Nachmittag kamen wir dann in unserem zweiten Hotel (Koblenz) an. Die Zeit reichte nur noch für einen sehr kurzen Stadtrundgang; mehr war dann am nächsten Tag möglich.

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Hier geht's zu Teil 4 des Reiseberichts.

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