Montag, 17. November 2014

"Bei Einbruch der Dunkelheit" im Burgtheater

Nein, im Burgtheater ist nicht die Dunkelheit ausgebrochen (oder nur, wenn es so sein soll), sondern das Stück von Peter Turrini heißt so. Er hat es 2006 im Auftrag des Stadttheaters Klagenfurt geschrieben und das Burgtheater hat es neu inszeniert (aus Anlass seines 70. Geburtstages).

Am vergangenen Samstag sahen wir es im Rahmen unseres Abos.



Zum Inhalt des Stückes selbst möchte ich auf den Link auf das Burgtheater verweisen, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

Aber wie dieser Inhalt gebracht wird, war schon sehenswert. Die Inszenierung ist flott und witzig und scheut auch vor dem einen oder anderen Klamauk nicht zurück, das Bühnenbild und die Kostüme sind schrill aber zum Inhalt passend, die ausgezeichnete Schauspielerriege hat sichtlich Spaß und Freude am Spiel.

Das Stück ist stark autobiographisch gefärbt und ist voller Anspielungen. Ich versuche einmal, die Zusammenhänge darzustellen.

Der Kärntner Komponist Gerhard Lampersberg (*1928) und seine Frau Maja betreiben in den 1950er- und 1960er-Jahren in Maria Saal den sogenannten Tonhof, den Maja von ihrer gräflichen Familie in die Ehe mitgebracht hat. Geld spielt keine Rolle und so füttern sie in diesen Jahren junge Künstler, die von ihrer Arbeit noch nicht leben können, auf dem Tonhof durch; neben etlichen anderen, heute bekannten, Namen sind das unter anderem Thomas Bernhard (*1931), Fritz Riedl (*1923), Joana Thul und der um einiges jüngere Peter Turrini (*1944).

Thomas Bernhard hat sich vom Tonhof losgelöst und hat zwanzig Jahre später (1984) den Roman "Holzfällen" veröffentlicht, in dem das Ehepaar Lampersberg - gelinde gesagt - nicht gut wegkommt. Die Lampersbergs (im Roman heißen sie Auersberger) fühlen sich gekränkt und herabgesetzt und veranlassen die Beschlagnahme von "Holzfällen" mit dem Effekt, dass die Verkaufszahlen in ungeahnte Höhen schnellen. Kleines Zitat gefällig?
"Zwanzig Jahre habe ich von den Eheleuten Auersberger nichts mehr wissen wollen und zwanzig Jahre habe ich die Eheleute Auersberger nicht mehr gesehen und in diesen zwanzig Jahren hatten mir die Eheleute Auersberger allein bei Nennung ihres Namens durch Dritte Übelkeit verursacht, dachte ich auf dem Ohrensessel, und jetzt konfrontieren mich die Eheleute Auersberger mit ihren und mit meinen Fünfzigerjahren"
Wiederum zwanzig Jahre später schreibt dann Peter Turrini sein "Bei Einbruch der Dunkelheit", in dem dann weder die Lampersbergs ("Philippe" und "Claire") noch Thomas Bernhard besonders gut dastehen. Das Stück spielt an einem Nachmittag am Tonhof in den 1960er-Jahren; mit dabei sind unter anderem Thomas Bernhard (der Lyriker "Vinzenz") und der junge Peter Turrini (das lyrische Talent "Alois"), der am Rande beobachtet, wie sich die Erwachsenen gegenseitig fertig machen, und der selbst von diesen erniedrigt und fertig gemacht wird. Claire möchte bei Einbruch der Dunkelheit ein Spiel spielen, das dann aber nicht zustande kommt, weil immer mehr Teilnehmer die Szenerie verlassen.

In der Kritik der Presse wird hervorgehoben, wie gutmütig Peter Turrini mit seinen Figuren umgeht. Also das kann ich nicht unbedingt unterschreiben. Hätte ich nicht gewusst, dass das Stück eben von Peter Turrini ist, hätte ich glatt auf Thomas Bernhard als dessen Urheber getippt. Es wird schon ordentlich ausgeteilt!

Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Theaterabend mit hohem Informations- und Unterhaltungswert!


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