Donnerstag, 12. Juni 2014

Pfingstwochenende in Lissabon - Teil 2

Lissabon ist eine sehr hügelige und vielfältige Stadt. Ich möchte Teil 2 daher mit ein paar allgemeinen Infos beginnen.

Allgemeines zu Lissabon

Die Unterstadt (Baixa) beginnt mit dem Praça do Comerçio am Tejo-Ufer natürlich mit dem Niveau des Flusses. Nach Norden erstreckt sich diese Unterstadt etwa bis zum Rossio und steigt bis dorthin nur unwesentlich an. Dieses Viertel ist nach dem großen Erdbeben von 1755 auf dem Reißbrett entworfen und später auch so gebaut worden: einige Längsstraßen werden von mehreren Querstraßen im rechten Winkel gekreuzt.

Östlich und westlich sowie nördlich davon geht es aber sofort relativ steil nach oben:
  • im Osten der Burghügel und die Alfama
  • im Norden der lange Pracht-Boulevard "Avenida Liberdade" bis zum großen Kreisel mit dem Denkmal des Marquis de Pombal
  • im Westen der Bairro Alto (hochgelegenes Viertel) und Estrela (Sternenviertel)
Westlich des Praça do Comerçio zieht sich noch ein schmaler Küstenstreifen entlang des Tejo bis Belém und dann noch weiter bis Estoril und Cascais. Bewegt man sich von diesem niedrig gelegenen Küstenstreifen aber Richtung Norden, geht's sofort wieder steil nach oben (Bairro Alto).

Das Wetter ist in dieser Jahreszeit meistens sonnig, vom Atlantik kommen aber immer kühle Luftströmungen, sodass eine Jacke jederzeit griffbereit sein muss.

Erdbeben und Wiederaufbau

Am Allerheiligentag des Jahres 1755 erschütterte ein zerstörerisches Erdbeben die Stadt. Viele Menschen kamen um, während sie in den Kirchen die Messe besuchten.
Der König (Jose I.) fürchtete sich zu Tode und war handlungsunfähig (er lebte seither nur noch in einem Zelt). So übernahm der Marquis de Pombal den Wiederaufbau; und er gestaltete die Stadt nach modernen (aufklärerischen) Gesichtspunkten, die neuen Gebäude wurden möglichst erdbebensicher erbaut. Er war dabei sehr erfolgreich, wurde aber später von der sehr frommen Tochter des Königs entmachtet und unter Hausarrest gestellt.

Das Beben hatte in ganz Europa Auswirkungen bis hin zur Philosophie und Literatur der Aufklärung, zum Beispiel im "Candide" von Voltaire.

Sprache

Ich bin mit romanischen Sprachen einigermaßen vertraut - 6 Jahre Latein sind nicht spurlos vorüber gegangen. Ich verstehe einige Brocken Italienisch und Spanisch, zumindest kann ich mir Geschriebenes zusammen reimen - auch beim Portugiesischen.
[Nur, damit keine Missverständnisse aufkommen: ich bin meilenweit davon entfernt, diese Sprachen wirklich zu beherrschen!]

Allerdings hat im Portugiesischen das Geschriebene mit dem Gesprochenen nur teilweise etwas zu tun. Die Sprache klingt von der Melodie her nicht romanisch, sondern eher slawisch. Bei einer Sprechprobe würden wahrscheinlich viele Kroatisch oder Tschechisch vermuten, aber nicht Portugiesisch. Um zu verdeutlichen, was ich damit meine, möchte ich auf die Sprachprobe in der Wikipedia verweisen. Dort gibt es einen Absatz, in dem der Text geschrieben steht und anschließend gesprochen wird (bitte im Wiki-Artikel auf den Play-Button der Hörprobe klicken). Ich hab jedenfalls kaum mitlesen können, weil ich nicht wusste, wo die Sprecherin gerade ist. Beim Zuhören eines Gespräches unter Portugiesen hatte ich nicht den Funken einer Chance zu erkennen, worüber die gerade reden...


Samstag, 7. Juni

Wir hatten unsere Regenausrüstung zwar mit, haben sie aber glücklicherweise nicht gebraucht - es war sehr sonnig. Die Route ging quer durch den Bairro Alto, dann mit dem Ascensor Bica wieder nach unten, zurück zum Praça do Comerçio und wieder zurück zum Hotel. Klingt nach nicht sehr viel, wenn man aber alles zu Fuß geht, braucht es schon einen ganzen Tag.

Der Elevador Santa Justa wurde von einem Schüler Eiffels konstruiert und führt von der Baixa zur Ruine von Carmo

großer Andrang in der Talstation

von der oberen Plattform hat man einen wunderbaren Rundblick (im Hintergrund die Burg auf dem gegenüber liegenden Hügel)

Die Brücke vom Aufzug führt zur Kirche Carmo, die nach dem Erdbeben als Ruine belassen wurde. An den Rissen im Portal erkennt man, wie die Kirche nach unten weggebrochen ist.

Ruine des Convento do Carmo

Convento do Carmo als Archäologie-Museum

Kreuzwegstationen als Azulejos

Im Museum sind auch zwei Mumien aus Peru ausgestellt

Am 25. April 1974 ereignete sich in Portugal die sogenannte Nelkenrevolution. Überall in der Stadt sind Fotos ausgestellt, die sich mit den Tagen der Revolution am jeweiligen Platz befassen. In diesem Beispiel am Vorplatz des Convento do Carmo


Diesen auffallend blau blühenden und süßlich duftenden Palisanderholzbaum sieht man sehr häufig in Lissabon. Nicht zu verwechseln mit Palisander!



Die Häuser rund um den Convento do Carmo sowie im Literatenviertel Chiado wurden in einem großflächigen Brand 1988 zerstört und später wieder aufgebaut, wobei die Außenfassaden originalgetreu nachgebildet wurden.


Der weitere Weg führte durch das Literatenviertel Chiado...

... bis zum berühmten Cafe a Brasileira, dem Lieblingscafe...

... von Fernando Pessoa. Eine Bronzestatue vor dem Cafe lädt zu einem Foto ein.

Cafe a Brasileira



Haus mit Azulejo-Fassade im Bairro Alto

Detail der Fassade

Im Inneren der Cervejaria Trindade befinden sich großflächige Azulejos

in der Cervejaria Trindade

Cervejeria Trindade

Der Ascensor da Gloria führt vom Bairro Alto zum Rossio-Bahnhof. Wir fuhren einmal hinunter und gleich wieder hinauf

Fahrt mit dem Ascensor da Gloria

Wandgemälde zur Nelkenrevolution

Blick vom Bairro Alto nach Süden zum Tejo

Verkabelung für SAT-Fernsehen

es geht ständig rauf und runter

irgendwann waren wir bei der Bergstation des Ascensor Bica

wir fuhren damit runter zur Talstation...

... und gingen zu Fuß weiter entlang des Tejo...

... bis zum Praça do Comerçio. Auch hier wieder ein Foto von damals (Nelkenrevolution)

Auf dem Weg zurück zum Hotel begegneten wir zahlreichen Schaustellern, hier einer mit Riesen-Seifenblasen.

Auf dem Rückweg vom Abendessen zum Hotel gab es noch große Aufregung. Gundi merkte plötzlich, dass mit ihrem Rucksack was nicht in Ordnung war - sie hatte leider Recht. Der Rucksack war offen, ebenso der innen liegende Reißverschluss - sie wurde Opfer eines Taschendiebes. Eine Zeugin machte uns auf den gerade weglaufenden Dieb aufmerksam, Fritz und ich rannten ihm hinterher. Nach ein paar Haken war er allerdings in einer Hauseinfahrt verschwunden, eine weitere Verfolgung war sinnlos. Während Gundi noch überlegte, was alles in der Geldbörse war, kam plötzlich ein junger Mann von hinten auf uns zu und überbrachte uns die vom Dieb weggeworfene Geldbörse. Nachdem er kein Geld für den Fund annehmen wollte, gehen wir davon aus, dass er wirklich der Finder und kein Komplize des Diebes war. Glücklicherweise hatte Gundi Kreditkarte, Bankomatkarte und Führerschein im Hotelsafe gelassen, sodass "nur" etwa 120 Euro Bargeld verloren gingen. Ihre e-card und die Lisboa-Card waren noch vorhanden.

Sonntag, 8. Juni

Diesmal ließen wir die Regenausrüstung gleich im Hotel, nachdem wir sie am Vortag schon nicht mehr gebraucht hatten und das Wetter sich stabilisierte.

Am Sonntag ging's auf den anderen Hügel im Osten. Wir begannen mit einer Fahrt mit der legendären Straßenbahnlinie 28. Zunächst im Uhrzeigersinn um die Burg bis zu São Vicente, Kathedrale und zur Baixa. Weil wir den Ausstieg verpassten, fuhren wir gleich weiter auf den anderen Hügel im Westen bis zur Estrela-Kirche. Dort stiegen wir aus, fuhren sofort wieder zurück bis zur Kathedrale "Se" und begannen dort mit dem eigentlichen Tagesmarsch.

Von der Kathedrale gibt es nur ein Foto von außen, im Inneren war gerade ein Hochamt im Gange (Pfingstsonntag!), sodass ein Herumgehen in der Kirche leider nicht möglich war.

Von der Kathedrale führte der weitere Weg zur Burg, wo wir uns eine ganze Weile aufhielten.

Garnitur der Linie 28: Schmalspur, extrem kurzer Radstand, hölzener Wagenaufbau. Früher war zu wenig Geld für die Modernisierung vorhanden, heute ist diese Staßenbahn ein Tourismusmagnet erster Güte.

Im Inneren des Wagens: 20 Sitzplätze, 38 Stehplätze

Dieses Bild ist während der Fahrt bei offenem Fenster entstanden,...

... genauso wie dieses.

Bei der Estrela-Kirche stiegen wir aus und fuhren in der Gegenrichtung wieder zurück...

... bis zur Kathedrale "Se"

Die Straße des Weltschmerzes - portugiesischer geht's kaum

Rua da saudade

Auf dem Weg zur Burg gibt es noch Ausgrabungen eines Römischen Theaters

Eingang zur Burg (Castelo de São Jorge)

Der Burgbereich ist ein großer, weitläufiger Komplex aus Gebäuden, Terrassen und Türmen, von vielen Punkten aus hat man eine großartige Aussicht auf die Stadt.

Blick auf den Praça do Comerçio

Blick auf den Elevador de Santa Justa sowie auf die dahinter liegende Carmo-Ruine

Blick auf den Tejo und die Brücke des 25. April (Revolutionstag)

Wappen von Lissabon. Die Legende dazu sagt, dass der Leichnam des Hl. Vicente in einem herrenlosen Schiff an der Algarve angeschwemmt wurde. Das Schiff wurde nur von einem Raben und einer Krähe begleitet. Der Leichnam wurde nach Lissabon gebracht und dort beigesetzt.

Wanderung auf der Burgmauer

Turm mit Gesicht

auf der Burg

Blick aus dem Fenster

Der weitere Weg führte von der Burg zu São Vicente, durch das Graça-Viertel bis zum Aussichtspunkt "Senhora do Monte", zur Graça-Kirche und zuletzt mit der Linie 28 wieder zum Praça do Comerçio und zurück zum Hotel.

São Vicente war wegen der Pfingst-Aktivitäten leider geschlossen, nur der Vorplatz war zugänglich

Die Linie 28 im Graça-Viertel

Graça-Viertel

Graça-Viertel

Die Villa Bertha ist Teil einer ehemaligen Werkssiedlung für Arbeiter

In der Kirche "Senhora do Monte" gibt es eine Krippe, in der ganze Karawanen...

... mit Pferden und Elefanten Geschenke bringen.

Neben der Kirche gibt es einen der höchsten Aussichtspunkte (Miradouro) auf die Stadt. Hier der Blick zur Burg.

Graça-Kirche von außen...

... und von innen

Soweit ich mich erinnern kann, stand seit jeher auf jeder Sardinendose "hergestellt in Portugal". Dieser Souvenirladen hat sie alle gesammelt (die Dosen sind gefüllt!)

Unser Programm für die eigentliche Stadt Lissabon ist damit erledigt. Bleibt nur noch die Besichtigung von Sintra; der Bericht darüber folgt aber aus Platzgründen in einem eigenen Post.

Hier geht's zu Teil 3 des Berichts.


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