Lissabon steht seit vielen Jahren auf unserer Liste der Reiseziele ganz oben; aber es hat sich irgendwie bis jetzt nicht ergeben: eine Zeit lang gab es keine Direktflüge Wien-Lissabon, dann war es eine Zeit lang eher teuer, dann waren andere Ziele wichtiger, und so vergingen die Jahre.
Sei's drum: heuer war es soweit. Die bewährte Reisegruppe Gundi, Fritz, Jutta und Andreas machte sich auf den Weg zu dieser interessanten und vielfältigen Stadt.
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Update aller 3 Teile des Berichtes: portugiesische Sonderzeichen verwendet, falls notwendig]
Donnerstag, 5. Juni
Der Flug war ruhig und pünktlich. Der Flughafen Lissabon liegt fast mitten in der Stadt, mit dem Bus waren es nur 25 Minuten bis zu unserem sehr zentral gelegenen Hotel auf dem Rossio.
Das Hotel nennt sich "
internacional design hotel" und ist - wie der Name schon andeutet - sehr auf Design bedacht. So ist jedes Stockwerk anders gestaltet und der Frühstücksraum ist eine eigene kleine Erlebniswelt: alle Sessel unterschiedlich, an der Wand Bilder mit witzigen Sprüchen, unterschiedlichste Leuchten - einfach bunt. Das Frühstücksbuffett war ausgezeichnet, ebenso der Kaffee - sehr ungewöhnlich für ein Hotel...
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Das Hotel vom Rossio aus betrachtet |
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Die rechte Figur hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Conchita W. |
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Der Frühstücksraum mit einem bunten Sammelsurium an Sesseln und Beleuchtungskörpern |
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vor dem großen Fenster im Hintergrund sind einfach zwei Schreibtischlampen zu einer Deckenleuchte kombiniert |
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"Geh schei*en" - "Geh du" |
Nach dem Einchecken im Hotel machten wir noch eine kleine Abendrunde um das Hotel und suchten uns einen Futterplatz. Am nächsten Tag wollten wir es dann so richtig angehen.
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apple store - sehr nobel. Irgendwoher müssen die Preise für diese Dinger ja kommen. |
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im "Sacramento" |
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Sacramento |
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Ein erster Blick auf den nächtlich beleuchteten Elevador de Santa Justa |
Freitag, 6. Juni
Der Freitag sollte allen Wetterprognosen zufolge der schlechteste Tag werden - und so war es dann leider auch. Am Vormittag noch leichtes Tröpfeln, das sich am Nachmittag dann aber zu heftigem Regen auswuchs. Wir waren darauf schon vorbereitet und versuchten, möglichst unter Dach zu bleiben.
Zu allererst besorgten wir uns eine Lisboa-Card, bei der U-Bahn, Straßenbahn, Busse, die Schrägaufzüge und viele Eintritte bereits inklusive sind. Die Dame beim Verkauf machte uns noch eindringlich und überdeutlich auf Taschendiebe aufmerksam - anscheinend ein brennendes Thema!
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Portugiesen sind offensichtlich Zuckerschlecker: zahlreiche Bäckereien bieten die "pastel de nata" an: ein Blätterteigkörbchen gefüllt mit einer Mischung aus Schlagobers, Zucker und Ei |
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Kunstvolle Pflasterung sieht man in der Stadt überall... |
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...häufig auch in Form des Namens des Geschäfts vor dem Portal |
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Praça do Comerçio: riesiger Platz am Ufer des Tejo. Die Straße hinter dem Bogen führt durch die Unterstadt direkt zu unserm Hotel. An diesem Platz gibt es unter anderem auch die Lisboa-Card zu kaufen. |
Mit dieser Lisboa-Card ausgerüstet fuhren wir gleich einmal nach Belém, das etwas westlich vom alten Stadtzentrum am Ufer des Tejo liegt. Hier versammeln sich die Weltkultur-Stätten des Hieronymusklosters und des Belém-Turms.
Kaum hatte
Vasco da Gama die Route nach Indien entdeckt, begannen die Einnahmen in Lissabon zu sprudeln. Und was macht man am besten mit diesen Einnahmen? Richtig, man gründet ein Kloster - in diesem Fall das
Hieronymuskloster.
"Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen."
(J.W.Goethe, Faust I: Mephisto überbringt Faust die Antwort des Pfarrers, nachdem Gretchen und ihre Mutter diesem die erste Schmuckschatulle übergeben hatten)
Heute ist es, wie gesagt, UNESCO-Weltkulturerbe, beherbergt die Sarkophage von Vasco da Gama,
Luís de Camões und
Fernando Pessoa, und war Stätte der Unterzeichnung des derzeit gültigen
EU-Vertrages von Lissabon. Luís de Camões gilt als Nationaldichter Portugals und sein Todestag (10. Juni) ist Feiertag im Land (übrigens unser Tag der Abreise). Fernando Pessoa ist ebenfalls sehr bedeutend für Portugal und seine Sprache, der portugiesische Literaturnobelpreisträger
Jose Saramago hat ihm sogar einen seiner Romane gewidmet ("
Das Todesjahr des Ricardo Reis")
Zugänglich sind die Klosterkirche sowie der Kreuzgang mit seinen Nebenräumen. In weiteren Gebäuden sind ein Marine- und ein Archäologiemuseum untergebracht.
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Hieronymuskloster |
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Portal zur Klosterkirche |
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Längsschiff der Klosterkirche |
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Der - leere - Sarkophag für Luis de Camões |
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Sarkophag Vasco da Gamas |
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Glasfenster |
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Kreuzgang |
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Kreuzgang |
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Kreuzgang |
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Denkmal für Fernando Pessoa (gemeint ist natürlich das Steingebilde, nicht die Dame in rot) |
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In einer Seitenkapelle des Kreuzgangs gibt es großflächige Azulejos |
Nach einem kleinen Fußmarsch (es war gerade regenfrei) kamen wir zum
Turm von Belem. Dieser Turm wurde als Wegmarke für heimkehrende Schiffe, als Waffenlager und als Gefängnis genutzt. Er hatte früher ein Zwillingsgebäude am Südufer des Tejo, das jedoch beim großen Erdbeben 1755 verloren ging.
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Prachtvoller Oleander auf dem Weg zum Turm |
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Torre de Belem |
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Gefängnis im Untergeschoß mit sehr niedriger Decke |
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schmale Gänge führen zu Seitentürmchen |
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1513 schenkte König Manuel I. dem Papst Leo X. ein Nashorn, das leider beim Transport samt Schiff und Mannschaft zunächst verloren ging, tot an Land gespült, dann aber ausgestopft und nochmals auf die Reise geschickt wurde (diesmal erfolgreich). Die Beschreibung dieses Nashorns diente später Albrecht Dürer als Vorlage für seine Zeichnung. Hier ist das arme Tier noch in Stein verewigt. |
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Die Wendeltreppen sind so schmal, dass ein ausgeklügeltes Ampelsystem für geregelten Verkehr sorgen muss. |
Ganz in der Nähe befindet sich das 1960 errichtete
Denkmal der Entdecker. Der 500. Todestag von
Heinrich dem Seefahrer wurde vom
Salazar-Regime für eine hurra-patriotische Aktion genützt. Auch zum Thema Salazar sei wieder Jose Saramago empfohlen: in seinem Roman "
Hoffnung im Alentejo" schildert er eindringlich was es heißt, in dieser Zeit als Sohn einfacher Landarbeiter aufzuwachsen.
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Denkmal der Entdecker |
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portugiesische Kolonien in Ostasien |
Die Wolken über dem Atlantik wurden immer dunkler und kamen immer näher; wir beeilten uns daher, die Station für unsere geplante kleine Stärkung so schnell wie möglich zu erreichen: die Bäckerei "Pasteis de Belem", die die besten pasteis de nata der Stadt verkauft!
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Gehsteig vor dem Eingang |
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dichter Andrang im Lokal |
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die Räume sind wieder mit großen Azulejos verziert |
Die Qualität der pasteis de nata hat uns überzeugt und frisch gestärkt machten wir uns auf den Weg zum Bus und weiter mit der U-Bahn in Richtung
Weltausstellungsgelände (1998). Der Bahnhof "Oriente" wurde vom spanischen Architekt
Santiago Calatrava entworfen und war daher ein Muss (in Wien gibt es ja leider kein Bauwerk von ihm). In der U-Bahn blieben wir ja noch trocken, aber der Regen wurde inzwischen so stark, dass es leider nur sehr wenige Fotos von diesem beeindruckendem Bahnhofs-Bau gibt. Schade.
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Einkaufszentrum neben dem Bahnhof |
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Fußabdrücke auf den Glasbrücken |
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Bacalhau ist einfach überall zu haben. Der getrocknete Kabeljau (Stockfisch) wird offen verkauft |
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der Bahnhof |
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ein typischer Calatrava-Bau |
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es hat wirklich stark geregnet |
Um 20:00 hatten wir eine Reservierung in einem Fado-Lokal, Platz für etwa 25 Personen.
Fado ist das typische portugiesische Lied, das sich vor allem mit der Heimat, mit Fern- und Heimweh, und ganz allgemein mit der "
saudade", der landestypischen Form des Weltschmerzes, beschäftigt. Das Wort "Fado" leitet sich vom lateinischen "fatum" (Schicksal) ab und hat daher mit dem englischen "fate" die gleiche lateinische Wurzel.
Das alles - und noch dazu der Name Fado - klingt irgendwie nach "fad" und "langweilig". Aber ich war sehr, sehr positiv überrascht: von fad kann keine Rede sein! Dazu kam noch, dass der Lokalbesitzer eine lokale "Fado-Größe" ist, viele Texter und Komponisten kennt, die noch dazu an diesem Abend vorbei schauten, um ihm zu seinem 66. Geburtstag zu gratulieren. So wurde aus einer einfache Fado-Aufführung eine private Geburtstagsfeier mit zahlreichen Improvisationen! Ich weiß, dass nicht alle meine Meinung teilen, aber mir hat dieser Abend wirklich super gefallen!
Das Fado-Lokal liegt im Stadtteil "
Alfama", das die Saudade irgendwie in sich trägt. Die steilen, engen und verwinkelten Gassen, durch die noch dazu die altertümliche Straßenbahn rattert, die alten und teilweise baufälligen Häuser, all das hat schon eine gewisse Trostlosigkeit. Aber den Touristen gefällt's! Die Alfama kommt einfach in jedem Reiseführer vor. Da wir vor dem Fado noch etwas Zeit hatten, nutzten wir diese zu einem kleinen Bummel durch das Viertel - denn inzwischen hatte der Regen aufgehört!
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Azulejo neben dem Straßenschild. In dieser Gasse liegt auch unser Fado-Lokal. |
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steil und eng |
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steil und eng |
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sehr steil |
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steil und eng, aber trotzdem geparkte Autos |
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steil und eng, aber für die legendäre Linie 28 ist immer noch Platz genug |
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Zwei Darstellerinnen auf dem Weg zu ihrer Fado-Aufführung; dahinter eine Bastlergelegenheit. |
Dafür, dass es zeitweise geregnet hat, haben wir doch einiges erlebt und gesehen. Die Wettervorhersage für den Samstag war durchwachsen, mal sehen.
Hier geht's zu
Teil 2 des Reiseberichts.
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