Donnerstag, 30. Mai 2013

"Der Talisman" im Akademietheater

Unser Besuch dieser Vorstellung ist zwar schon zwei Wochen her, ich fand aber leider nicht früher Zeit, darüber zu berichten. Ich hoffe erstens, ich kann mich noch gut genug daran erinnern, und zweitens, ich komme nicht für all jene zu spät, die sich diese relativ moderne und erfrischende Aufführung noch ansehen möchten!



Der Inhalt des Stückes ist im Wikipedia-Artikel relativ ausführlich erzählt. Salome Pockerl, die Gänsehirtin, die wegen ihres roten Haars von der Dorfgemeinschaft gemieden wird, trifft auf den ebenso rothaarigen und ebenso ausgestoßenen Titus Feuerfuchs. Während die beiden Leidensgenossen eben ein wenig anbandeln, beobachtet Titus, wie gerade die Pferde eines Gespannes durchgehen. Er wirft sich ihnen entgegen und es gelingt ihm tatsächlich, die Pferde wieder zu beruhigen. Als Dank bekommt er vom geretteten Herrn Marquis einen ganz besonderen Talisman: eine braune Perücke.

Diese Perücke öffnet ihm die Türen: erst bei der Gärtnerswitwe Flora Baumscher, dann bei der verwitweten Kammerfrau Constantia und schließlich sogar bei der verwitweten Frau von Cypressenburg. Je weiter nach oben er mit seiner Perücke kommt, umso abgehobener wird er: er möchte mit seinem früheren Leben und schon gar nichts mit Salome zu tun haben. Er wird erst auf den Boden der Realität zurück geholt, als ihm der Herr Marquis, der gar kein Marquis ist, sondern nur so heißt und in Wirklichkeit Friseur ist, die Perücke vom Kopf reißt und so sein roter Schopf zum Vorschein kommt. Der Traum vom neuen Leben ist geplatzt wie eine Seifenblase.

Jetzt steht der Witwentröster wieder ohne Aussicht auf eine gute Partie und Geld da, wäre da nicht sein reicher aber kinderlose Vetter, der Bierversilberer Spund, der ihn als Universalerben einsetzen möchte. Titus verzichtet auf die große Erbschaft, sondern nimmt nur so viel Geld an, dass er sich eine gesicherte Existenz aufbauen kann. Zum Schluss finden noch alle ihren neuen Partner: Titus seine Salome, Flora ihren Gehilfen Plutzerkern, und die Kammerfrau den Herrn Marquis.

Die Besetzung ist meiner Meinung nach gut gelungen: junge und schon etablierte Schauspieler bieten einen unterhaltsamen Mix. Das Bühnenbild ist angemessen: nicht zu reduziert aber auch nicht überladen, passend eben. Die Kostüme sind teilweise urkomisch und schreiend: etwa Maria Happel in hautenger Jean und ausladendem Top oder Kirsten Dene in einer Hose mit Leopardenmuster - mutig, mutig, die Damen!

In der Inszenierung gibt es zahlreiche Zitate und Anspielungen. Die Musikanten spielen etwa Arik Brauers Lied "Rostiger, die Feuerwehr kommt" (auf YouTube leider nur als Coverversion vorhanden), der Friseur (Marquis) ist blutrünstig wie bei den Monty Pythons und der Friseurstuhl wird in die Höhe gepumpt wie bei Charly Chaplins "Der Große Diktator".

Alles in allem ein sehr gelungener, frischer Nestroy-Theaterabend!

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