Freitag, 4. Januar 2013

Paradies: Liebe

Die Woche vor Weihnachten waren wir im Kino und sahen uns den Ulrich Seidl-Film "Paradies: Liebe" an.
Ich war lange Zeit unsicher ob ich darüber was schreiben soll und kann, und wenn ja, wie ich es angehen soll. Denn der Film behandelt das ein wenig heikle Thema "weiblicher Sextourismus".

Dass Männer einschlägige Reisen nach Thailand unternehmen, ist ja hinlänglich bekannt. Aber dass es dieses Phänomen auch in quasi weiblicher Form gibt, schon weniger. Ich selbst wurde durch einen Artikel in der Presse vor ein paar Jahren darauf aufmerksam. Leider gibt es diesen Artikel im Presse-Archiv nicht (mehr), aber ich hatte ihn damals glücklicherweise bei mir abgespeichert und kann ihn euch zum Lesen zur Verfügung stellen. Zum Einstieg in dieses Thema kann ich ihn wirklich empfehlen.

Eine knappe Inhaltsangabe und weiter führende Links zu diesem Film gibt es in der Wikipedia; einen recht guten Videobericht stellte aus Alass des Filmstarts in Deutschland die ARD ins Netz. Unzählige Filmausschnitte gibt es natürlich auch auf YouTube.

Der Film sieht zwar aus wie eine Doku, ist aber per Drehbuch komplett durchkomponiert. Die Darstellerinnen sind österreichische Schauspielerinnen, die afrikanischen Darsteller sind allerdings Laien. Die Damen sind so im Alter 50+ und entsprechen nicht gerade - vorsichtig formuliert - dem aktuell vorherrschenden Schönheitsideal. Umso mutiger finde ich, dass sie sich auch für einige Nacktszenen zur Verfügung stellten: sie kommen nicht allzu häufig vor, aber doch dort, wo es sinnvoll und richtig ist.

Ich finde, Ulrich Seidl ist an dieses Thema einerseits mit sehr viel Witz und Direktheit heran gegangen, andererseits ist er aber auch sehr behutsam damit umgegangen. Er zeigt, dass es sich bei solchen Reisen einfach um ein Geschäft handelt, bei dem entsprechend für die Leistung zu bezahlen ist. Das muss nach einigen Fehlversuchen und Enttäuschungen auch Theresa (die Protagonistin) feststellen. Etwa in einer der letzten - sehr berührenden - Szenen des Films, in der sie sich den ganz jungen Barkeeper in ihr Zimmer holt, und der es einfach nicht fertig bringt, diese - für seine Verhältnisse alte und nicht gerade attraktive - Frau  zu berühren bzw. mit ihr Sex zu haben. Sie schickt ihn unverrichteter Dinge wieder aus dem Zimmer; enttäuscht, gekränkt und zurückgewiesen liegt sie allein in ihrem Bett und weint.
Dass sie davor mit drei Freundinnen einen anderen Afrikaner im Rahmen einer Geburtstagsfeier ordentlich gedemütigt hat, ist eine andere Facette dieses Films.

Der Film ist der erste Teil einer Trilogie; nächste Woche läuft in unseren Kinos Teil zwei an: "Paradies: Glaube", den wir uns sicherlich auch ansehen werden.

Fazit: Keine leichte Kost (fremdschämen inklusive), aber absolut sehenswert!

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