Ein etwas reißerischer Titel, geb ich zu. Aber ich meine es ernst.
Für Mitte Juni hatte Microsoft (MS) ursprünglich geplant, eine neue Windows-Funktionalität (auf neudeutsch: Feature) auszuliefern. Zunächst nur für PCs neuesten Typs, aber im Herbst flächendeckend für alle Windows-11-Geräte. Anmerkung: Windows-10-Rechner sind generell nicht betroffen.
Was ist das nun für ein geheimnisvolles neues Feature? Es nennt sich "Recall", auf deutsch soviel wie "Erinnerung".
Dabei wird alle fünf Sekunden (!) ein Abbild des gerade angezeigten Bildschirms (screenshot) gespeichert. Anschließend fährt eine Künstliche Intelligenz (KI) über diese screenshots drüber und versucht dabei, möglichst viel Inhalt (Texte, Bilder etc.) zu "verstehen". Diese Inhalte werden dann in einer Datenbank gespeichert.
Ich glaube, schön langsam dämmert es, warum ich diesen Titel für diesen Post gewählt habe.
Quelle: pixabay |
MS hat dieses Recall aber nicht zur Überwachung erfunden, sondern als Service für den Anwender.
Denn diese Datenbank ist durchsuchbar. Wenn ich also nicht mehr genau weiß, von wem ich eine bestimmte Information bekommen habe und auch nicht über welchen Kanal (war das nun über Email, WhatsApp, Teams, Signal, ...?), kann ich also in dieser Datenbank einfach nach dieser Info suchen.
Außerdem kann ich mich entlang eines Zeitstrahls in meiner jüngsten PC-Vergangenheit bewegen und bekomme dabei den richtigen screenshot zum jeweiligen Zeitpunkt angezeigt.
Das sind Daten und Informationen, bei denen sich viele Interessenten sämtliche Finger lecken! Da denke ich gar nicht so sehr an die bösen Geheimdienste, sondern in erster Linie an Arbeitgeber und MS selbst. Und noch viele weitere Kreise sind denkbar, die von solchen Daten magisch angezogen werden.
MS verspricht zwar, dass die Daten lokal auf dem PC bleiben und nicht via Internet auf irgendwelchen Servern landen. Aber als Anwender gehört dann schon eine ordentliche Portion Vertrauen dazu, MS das zu glauben. Und wenn es nur irrtümlich durch einen Programmierfehler passiert.
Das Ganze sollte am 18. Juni rausgehen. MS hat aber wenige Tage davor doch ein bisschen kalte Füße bekommen und hat das neue Feature zurückgezogen. Selbst im geplanten großen Herbst-Update (24H2) von Windows-11 scheint es derzeit nicht mehr drinnen zu sein.
Aber es wird kommen, in irgendeiner Form.
Immerhin soll es dann ein sogenanntes Opt-In geben, dh. ich kann als Anwender selbst entscheiden, ob ich Recall nutzen möchte oder nicht. Ob ich in der Arbeitswelt ebenfalls selbst entscheiden kann ...? Oder ob mir mein Arbeitgeber die Entscheidung einfach abnimmt?
Kaum zu glauben, kaum vorstellbar, was da auf uns zukommt!
Der ursprüngliche Plan war ja noch schlimmer: Der sah ein Opt-Out vor, dh. der Anwender konnte / musste sich selbst darum kümmern, dieses Feature abzustellen.
All das oben Beschriebene und noch viel mehr könnt ihr euch auch in diesem ganz tollen Video erzählen lassen. Keno, der Präsentator, hat Recall ein paar Tage ausprobiert und auf diese Weise einige Daten gesammelt. Im Video wird also auch gezeigt, wie Recall aussieht und wie man es bedient. Keno beschreibt außerdem, wie es sich anfühlt, wenn einem ständig ein virtuelles Auge über die Schulter schaut.
Das Video ist absolut sehenswert und es ist kaum techniklastig. Also nur Mut!
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"Recall" ist nur ein Grund, warum ich mich gerade mit Linux Mint beschäftige, um die Windows-Welt zu verlassen.
Es gibt noch einen zweiten, der aber erst nächstes Jahr im Herbst schlagend wird. Stichworte dazu wären: Wartungsende von Windows-10, Zwangsumstieg auf Windows-11 (sofern das mit der vorhandenen Hardware möglich ist), unnötiges Erzeugen von Elektroschrott, bestehend aus Millionen funktionsfähiger Geräte.
Aber dazu später mehr.
Wahnsinn was sich die immer wieder einfallen lassen, wirklich ärgerlich.
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