Sonntag, 26. November 2023

"Die Dämonen" im Burgtheater

Ich hab von Dostojewski schon ein bisschen was gelesen, "Die Dämonen" kannte ich aber noch nicht. Sehr erfreulich daher, dass das Burgtheater die dramatisierte Form dieses Romans im Spielplan behält, obwohl der Autor derzeit ziemlich verschrien ist – Stichworte "religiöser Nationalist", "Ukraine".

Die Vorfreude wurde dann aber durch die Umsetzung leider ziemlich getrübt. Der Abend war etwas durchwachsen.


Alte Liebe rostet nicht. Stepan und Warwara.
Quelle: Burgtheater / Mathias Horn


Romane zu dramatisieren ist wirklich schwierig, aus eigener Erfahrung kenne ich wirklich gelungene und wirklich – na, sagen wir: weniger gelungene – Umsetzungen.  Zu den gelungensten zählt sicher "Schuld und Sühne" mit Udo Samel als Untersuchungsrichter, Joachim Bißmeier als Raskolnikow und Jutta Lampe als Sonja.

Hier versteht man die Handlung selbst dann, wenn man den Roman vorher nicht gelesen hat. Obwohl, wie bei Dostojewski üblich, eine Unmenge an Personen mit für uns gewöhnungsbedürftigen Namen herum läuft.

Das war aber hier bei den "Dämonen" leider so gar nicht der Fall. Obwohl ich mich auf die Handlung vorbereitet hatte, fiel es mir schwer, derselben auf der Bühne immer zu folgen. Personen werden nicht ordentlich vorgestellt (Lisa ist plötzlich da, schreit und schlägt um sich, wer ist sie?, was ist ihre Vergangenheit?), Teile der Handlung finden weit hinten statt, während das Publikum auf den Vordergrund fokussiert ist. Etwa als Lisa zur Brandruine geht, dort irrtümlich für die Brandstifterin gehalten und vom anwesenden Mob gelyncht wird: Geht hier komplett unter.

An der Akustik hab ich ebenfalls herumzumeckern. Die Männer verstand ich durchwegs gut, bei den Damen war nur Dagna Litzenberger Vinet als Dascha wirklich immer deutlich; Maria Happel als Warwara großteils. Aber bei Birgit Minichmayr als Lisa hab ich mich schon wirklich geplagt. Schade, denn auf sie halte ich ansonsten große Stücke!

Die Musik fand ich bei der Einleitung wirklich gut! Sehr dramatisch und eindringlich. Meistens mit der wirklich tollen Lichtgestaltung exakt abgestimmt. Aber dann gab es leider Stellen, an der sie übermäßig laut oder zu kreischend oder zu lang war – oder alles zusammen.

Schauspielerisch war das Ensemble auf Top-Niveau, es fällt mir schwer, da jemanden herauszuheben. Wenn ich jetzt Nicholas Ofczarek, Maria Happel, Oliver Nägele, Jan Bülow und (noch einmal) Dagna Litzenberger Vinet nenne, tue ich es eben doch.

Ob ich die Vorstellung empfehlen würde? Ob ich noch einmal hingehen würde? Eher nicht; ist mehr was für echte Dostojewsi-Enthusiasten mit viel und gutem Sitzfleisch. Der erste Teil dauerte zweieinviertel Stunden, nach einer kurzen Pause folgten dann noch einmal 75 Minuten.

Aber ich hab's durchgedrückt!

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