Donnerstag, 14. Juli 2022

Leipzig 2022 - Teil 2

In Teil 2 sehen wir weitere Sehenswürdigkeiten wie etwa das Völkerschlachtdenkmal (wobei sich hier die Frage stellt, ob es wirklich so würdig ist, gesehen zu werden), den Uniriesen, St. Trinitatis und natürlich die Löffelfamilie!

Viel Wasser kommt diesmal vor. Erstens besuchten wir den Markkleeberger See und auf einer Bootsfahrt durch die grünen Auen sahen wir Leipzig aus einer anderen Perspektive.

Und dann waren wir ja auch noch in der Oper!

Jede Menge zu sehen also!


 


Samstag, 2. Juli

Völkerschlachtdenkmal

Ein paar Kilometer südöstlich des Zentrums wurde 1913 (zum 100. Jahrestages der Völkerschlacht) das Völkerschlachtdenkmal errichtet.

Es stimmt schon: Wenn man in Leipzig ist, sollte man es besucht und gesehen haben. Aber ich sag's gleich vorweg: Es ist bestimmt das scheußlichste Denkmal-Monstrum, das uns je untergekommen ist! Ein größenwahnsinniger Großkotzklotzbau für einen größenwahnsinnigen Kaiser.


Die Sprüche im Ticketshop zeigen, dass man sich der Scheußlichkeit eh bewusst ist. Immerhin.


Beschreibung

Größenvergleich




Zugegeben: Die Aussicht von dort oben ist schon toll!


Unter den beiden markanten Kuppeln war früher eine Gemüsemarkthalle, im Volksmund daher Kohlrabizirkus genannt.
Heute sind das Veranstaltungshallen, der Name ist aber geblieben.




Der Südfriedhof im Vordergrund
Und nein, links hinten sieht man kein Atomkraftwerk. Hier gibt es in weiterem Umkreis keines.
Das ist das Kohlekraftwerk Lippendorf

Blick auf die Innenstadt.
Links der Turm des Neuen Rathauses, rechts der Uniriese


Die Treppen sind so eng, dass es eine Ampelregelung braucht




Es reicht. Jedes Foto von dieser Ausgeburt ist ein Foto zu viel.



Na, immerhin ein erfreulicher Anblick




Markkleeberger See

Südlich von Leipzig gibt es etliche Seen, die nach Beendigung des Braunkohle-Tagebaus entstanden sind. Die Zeit des Tagebaus war für die Bevölkerung bestimmt nicht lustig. Aber jetzt ist es vorbei, die Gruben wurden geflutet und entstanden ist ein tolles Naherholungsgebiet für die Leipziger!

Mit den Öffis ist der Markkleeberger See recht einfach zu erreichen. Man steigt in Leipzig vor dem Hauptbahnhof in die Straßenbahn der Linie 11 ein und steigt in Markkleeberg Ost wieder aus. Nach 8 weiteren Minuten zu Fuß ist man beim See. Es gibt dort Bootsverleih, Schiffsverkehr, Sandstrand und vieles mehr. 

Wir hatten unser Badezeug mit und erfreuten uns an einem schattigen Platz des Sandstrandes. Das Wasser war zwar etwas erfrischend, aber es ging; selbst ich war schwimmen, und das heißt was. Eine kleine Abkühlung an diesem sehr heißen Tag tat ganz gut.








Auerbachs Keller

Wenn man in Leipzig ist, muss man auch einmal in Auerbachs Keller, finde ich. Der historische Saal, den auch Goethe kannte und in seinen Faust einbaute, war leider geschlossen. Wir waren daher in einem Zubau, der erst später entstanden ist.

Im Lokal


Speisekarte aus 1938



Sonntag, 3. Juli

Aussichtsplattform auf dem Uniriesen

Dieser Turm wurde Anfang der 1970er-Jahre errichtet und ist heute noch das höchste Gebäude Leipzigs. Ursprünglich war es ein Bau für Universitätsinstitute, daher wurde das Haus im Volksmund auch Uniriese genannt. Oder – wegen seiner Gestalt – auch "Weisheitszahn".

Heute gehört der Turm nicht mehr zur Uni, sondern ist von diversen Firmen besiedelt. Es heißt daher inzwischen auch offiziell "City-Hochhaus Leipzig". Aber Uniriese und Weisheitszahn sind in Leipzig immer noch gängig.

Der Lift geht bis zur 29. Etage, ein paar Stufen führen von dort noch weiter nach oben bis zur Aussichtsplattform. Klar, dass man von hier einen ausgezeichneten Blick auf die Umgebung hat. Wegen der Wurzel des Weisheitszahnes allerdings nicht rundherum: Richtung Südosten verstellt sie leider den Blick.

Uniriese mit Uni


Links die Kirche St. Trinitatis, die gleich zur Sprache kommen wird.
Rechts das Neue Rathaus
Dazwischen der Martin Luther-Ring

Thomaskirche

In diese Richtung ist die Sicht leider verstellt


Das Völkerschlachtdenkmal ...

... und das Kraftwerk Lippendorf

Der Hauptbahnhof Leipzig ist der
größte Kopfbahnhof Europas

Heute ist der Uniriese von diversen Firmen besiedelt


Weil der Hauptbahnhof gerade erwähnt wurde: Hier noch ein paar Fotos in Ergänzung.







Kirche St. Trinitatis

Die Probsteikirche St. Trinitatis ist eine der wenigen katholischen Kirchen in Leipzig und wurde erst 2015 eingeweiht. Für einen Neubau ist sie relativ großzügig geraten; sie stellt eine echte Landmarke im Stadtbild von Leipzig dar und ist von jedem höheren Punkt der Stadt (zB Uniriese) gut zu sehen und zu erkennen.

Ein gewisses Problem war die Findung einer geeigneten Adresse. An sich würde sich ja anbieten "Martin Luther-Ring x" (denn dort steht sie), aber für eine katholische Kirche wollte man das irgendwie nicht. Also hat man hinter dem Gebäude eine alte Gasse wiederhergestellt, sodass die offizielle Adresse nun "Nonnenmühlgasse 2" lauten kann. Klingt doch gleich viel besser!


Martin Luther-Ring geht als Adresse natürlich gar nicht

Da ist Nonnenmühlgasse natürlich wesentlich besser






Löffelfamilie

Irgendwo hatten wir aufgeschnappt, dass man unbedingt die Löffelfamilie sehen sollte. Wir sind also extra mit der Straßenbahn die Karl Liebknecht-Straße (genannt KarLi) rausgefahren, um dieses 8. Weltwunder zu bestaunen.

An der Fassade einer ehemaligen Suppenfabrik (VEB Feinkost Leipzig) gibt es immer noch eine große Leuchtreklame zu sehen – eben eine Familie, die Suppe löffelt. Die Darstellung ist animiert, sodass es tatsächlich so aussieht, als würden sich die Figuren bewegen. Die Anlage steht unter Denkmalschutz und ein Verein kümmert sich liebevoll um ihre Erhaltung. 

Die Gebäude, die von der VEB Feinkost noch erhalten sind, stehen heute unter Denkmalschutz und beherbergen ein kleines alternatives Einkaufszentrum sowie ein Theater


In der KarLi, gegenüber der Feinkost










Wenn man an eine bestimmte Telefonnummer eine kostenpflichtige SMS schickt, wird die Animation gestartet und läuft dann ein paar Minuten. An einem sonnigen Nachmittag hat das wenig Sinn, aber es gibt auf YouTube ein paar Videos, die in der Nacht aufgenommen wurden:




Oper

Um 17:00 Uhr begann dann in der Oper die Vorstellung der "Meistersinger von Nürnberg". Die Vorstellung dauerte brutto 6 Stunden, wobei es zwei Pausen zu je 30 Minuten gab. Es wurde aber nie langweilig, im Gegenteil, diese 5 Stunden (netto) vergingen wie im Flug!

Wir sahen eine recht solide, bodenständige Inszenierung mit ebenso solider Besetzung. Und natürlich dem Gewandhaus-Orchester, das für den ausgezeichneten musikalischen Unterbau sorgte! Zeitweise vielleicht etwas zu laut, sodass die Sänger manchmal Mühe hatten, über den Orchestergraben zu singen.

Recht hilfreich waren die Texteinblendungen über der Bühne, sodass man der Handlung auch dann folgen konnte, wenn man im Libretto nicht so sattelfest sein sollte. Solche Über-/Untertitel sind in den Opernhäusern inzwischen Standard.

Insgesamt also ein toller Opernabend!






In der Pause müssen sich die Musiker vorkommen wie Zootiere


Montag, 4. Juli

Tag der Abreise!

Aber noch ist es nicht soweit, unser Flug ging erst am Abend, sodass wir noch Zeit für Leipzig hatten.


Bootsfahrt

In der Innenstadt merkt man kaum etwas davon, denn dort gibt es nicht wirklich einen Fluss. Aber rundherum gibt es sehr viel Wasser: Vor allem die PleißeWeiße Elster, Parthe und zahlreiche Kanäle, sodass man vom Leipziger Gewässerknoten spricht. Leipzig hat jede Menge Auwald innerhalb seines Stadtgebietes. Überhaupt ist die Stadt sehr grün, weil es neben dem Auwald auch sehr viele Parks und Straßenbäume gibt. Nach ihrem Abriss wurde die alte Stadtmauer nicht durch neue Gebäude, sondern durch Parks ersetzt; sodass die Innenstadt von Parks eingerahmt wird.

Es gibt ein paar Firmen, die Bootsfahrten entlang dieser Gewässer anbieten. Sie fahren alle vom sogenannten "Stadthafen" am Elstermühlgraben ab, biegen dann da und dort ab und fahren dann vor allem auf dem Karl Heine-Kanal. Der sollte einmal die Weiße Elster mit der Saale verbinden, aber mehr als 3 km sind es nicht geworden. Auf dieser Bootsfahrt bekommt man einen sehr guten Eindruck vom grünen Leipzig!



Auf den engen Gewässern kann man nur mit kleinen Elektrobooten fahren.
Ein Tisch in der Mitte, links und rechts je 8 Personen, das war's.
Der Bootsführer erzählt natürlich, was rundherum zu sehen ist.


Die Durchfahrtshöhe bei dieser Brücke ist so niedrig ...

... dass alle den Kopf einziehen müssen!
[Schutz der Persönlichkeit muss sein.]



Die Könneritzbrücke in Plagwitz kennen wir schon (Druckmuseum)

Dieser Name für ein griechisches Lokal ist einfach genial!

Ehemaliges Verwaltungs- und Fabriksgebäude von "Mey & Edlich"
Diese Firma war berühmt für ihre Hemdkragen aus Papier.
Später wurde noch mehr Kleidung aus Papier gefertigt!
Um 1880 wurde ein bebildeter Katalog herausgebracht, Mey & Edlich gelten daher als die Begründer des Versandhandels in Deutschland!




In der ehemaligen Kammgarnspinnerei befinden sich heute Wohnungen (Lofts)




Von hier wurde eine Zeit lang die Talkshow "Riverboat" übertragen




Die Alkoleichen auf dem Steg dürften nicht zum Inventar des Stelzenhauses gehören

Eine echte venezianische Gondel




Bootsverleih am Stadthafen



Denkmalrunde

Am Rand des Johannaparks befindet sich das Denkmal für Clara Zetkin. Sie ist vor allem als Kämpferin für Frauenrechte in Erinnerung.


Im Johannapark


Die beiden Türme scheinen direkt nebeneinander zu stehen

Clara Zetkin



Johann Sebastian Bach gehört einfach zu Leipzig. Heutzutage. Kurz nach seinem Tod geriet er in Vergessenheit und wurde erst Jahrzehnte später von Felix Mendelssohn-Bartholdy wiederentdeckt.

Das sogenannte "Alte Bachdenkmal"; das neue steht vor der Thomaskirche



Nur ein paar Schritte weiter findet man das Denkmal für den eben angesprochenen Felix Mendelssohn-Bartholdy. Es ist eine genaue Nachbildung des früheren Denkmals, das vor dem alten Gewandhaus stand. Als 1936 Bürgermeister Carl Friedrich Goerdeler im Ausland war, nutzten die Nazis die Gelegenheit, um das Denkmal zu beseitigen. Goerdeler trat daraufhin als Bürgermeister zurück und engagierte sich verstärkt im Widerstand.





Ausklang mit Banduras

Die beiden jungen Damen waren uns schon am Vortag aufgefallen. Sie spielten dort ein Instrument, das wir noch nie gesehen hatten und fragten nach: Wir hörten eben Klänge der Bandura, einem ukrainischen Musikinstrument. Es hat ein paar längere Saiten zur Begleitung; die Melodie wird aber auf wesentlich mehr Saiten gespielt, und zwar mit einem Dorn gezupft, ähnlich wie bei einer Zither.

Am nächsten Tag (also Montag) kamen wir wieder bei ihnen vorbei, als sie in der Grimmaischen Straße spielten. Dort war wesentlich mehr los als am Sonntag in einer Nebengasse! Wir hörten ihnen eine Weile zu, bis es dann eh schon Zeit für uns war, zum Hotel zu gehen, unser Gepäck dort abzuholen und zum Flughafen raus zu fahren.

Zwei junge Ukrainerinnen spielen auf ihren Banduras.



* * *

Der Flug war wieder sehr locker besetzt, völlig problemlos und pünktlich. Angesichts der Probleme, die es coronabedingt auf den Flughäfen gibt (Personalmangel allerorten), waren wir nur mit Handgepäck unterwegs und mussten nach der Ankunft in Wien daher auch nicht auf irgendwelche Koffer warten.


* * * * * * *

Fazit: Wir waren von Leipzig sehr angetan. Eine sehr lebenswerte und auch junge Stadt mit sehr viel Lebensqualität. Die Tage, die wir dort verbrachten, waren grade recht, nicht zu viele und auch nicht zu wenige. Mehr hätten wir nur gebraucht, wenn wir noch das eine oder andere Museum besucht hätten. 

Da gäbe es einige Kandidaten. ZB das Mendelssohn-HausFelix Mendelssohn-Bartholdy haben wir mit Ausnahme des Denkmals völlig vernachlässigt. Dabei hat er trotz gehässiger, antisemitischer Anfeindungen so viel für diese Stadt und für die Musik bewirkt.

Aber nicht nur er. Da wären ja auch noch Johann Sebastian BachRichard Wagner oder das Gewandhaus plus Orchester. Könnte man in die Reiseplanung alle noch aufnehmen.

Ich glaube, man sieht schon: Leipzig ist jedenfalls eine Reise wert!


<< Teil 1 des Reiseberichts


Ende des Reiseberichts!

1 Kommentar:

  1. Wieder Mal ein toller Bericht, Oper für Tantchen auch wie im Flug vergangen? Grüße

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