Montag, 24. Januar 2022

Egyd Gstättner: Klagenfurt ★★★★☆

 Egyd Gstättner: Klagenfurt  ★★★★☆



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Ich glaube, ich muss Abbitte leisten.

Vor mehr als 40 Jahren besuchten wir zum ersten Mal Klagenfurt; und unser Eindruck war – wie soll ich sagen – nicht gerade positiv. Die Freunde Klagenfurts mögen uns verzeihen, aber unsere Assoziationen waren eher: Ödnis, Provinznest, tote Hose, im Vergleich dazu ist ja Krähwinkel eine Metropole – so was in der Art. Deshalb war dieser erste Besuch bis jetzt auch unser letzter.

Aber Egyd Gstättner hat's wieder gutgemacht! In seinem Stadtführer präsentiert er im Zuge zweier Spaziergänge alles, was Klagenfurt zu bieten hat. Und das ist gar nicht so wenig. Als gebürtiger Klagenfurter, der auch immer noch in dieser Stadt lebt, hat er natürlich zu jedem Haus, zu jeder Gedenktafel, zu jedem Baum eine Geschichte parat. 

Und diese Geschichten bringt er so informativ und witzig, dass ich einen weiteren Besuch wohl ins Auge fassen werde.


Die beiden Spaziergänge sind für jeweils einen Tag gedacht.

Der erste behandelt natürlich die Innenstadt und die angrenzenden Bezirke. Vom Lindwurm wird da erzählt sowie vom daneben stehenden Herkules, der mit seinem Schnauzbart aussieht wie "ein Lehrer aus Portugal". Natürlich von allen Statuen, Häusern, Gedenktafeln und Kaffeehäusern. Und vom KAC, dem er ein sehr ausführliches Kapitel widmet. Dieser Verein dürfte für das Klagenfurter Befinden wirklich äußerst wichtig sein. 

Ich kann mich hier auf weitere Details zum ersten Spaziergang nicht weiter einlassen, sonst sitze ich noch ein paar Stunden an diesem Post! Doch, eines noch: Die Kärntner Nudeln. Hier eine kleine Textprobe:

Eine originäre Kärntner Küche existiert natürlich, auch wenn sie in ihrer ganzen Vielfalt und Üppigkeit in ländlichen Regionen leichter zu bekommen ist als in der Stadt. Aber die Kärntner Nudeln serviert man dir natürlich auch hier, eine Art Regionalnationalgericht, mit einer Topfenmasse gefüllte Teigtaschen, die man als mutante Ravioli nicht ganz unzutreffend beschreiben könnte. (An dieser Stelle ein Wort zu der sagenumwobenen Tätigkeit des sogenannten »Krendelns«, von der es in rustikalen Führern heißt, jede Kärntnerin müsse sie beherrschen, bevor sie heiraten dürfe. Alora: Krendeln ist eine sehr befriedigende manuelle Technik, bei der zwei Nudeln mit bestimmten Fingergriffen kunstvoll ineinander verflochten und verknotet/knetet werden. Tatsächlich beherrschen nur die wenigsten Landsfrauen diese Technik – vor oder nach der Hochzeit.)

Ich kenne diesen Brauch des Krendelns auch aus meiner eigenen Verwandtschaft – keine weiteren Details.


Der zweite Spaziergang ist dann dem Westen Klagenfurts gewidmet. Er beginnt kurz außerhalb des Rings, wo der Lendkanal beginnt – oder endet, je nach Betrachtungsweise. In einer virtuellen Bootsfahrt bis zum Wörthersee erfahren wir wieder alles, was es hier zu sagen gibt. Von Brücken und Fährbooten, die nicht mehr vorhanden sind, selbstverständlich wieder von Kaffeehäusern und Theatern und vielem vielem mehr. Sehr viel Platz gönnt er an dieser Stelle auch dem Bachmannpreis:

Gert Jonke ist übrigens nach dreiundvierzig Jahren seines Bestehens noch immer der einzige Klagenfurter, aber nicht mehr der einzige Kärntner, dem es gelungen ist, den Bachmannpreis zu gewinnen. 

Am See angekommen schweift noch ein Blick nach Süden zum Komponierhäuschen Gustav Mahlers. Und wenn wir uns einen richtig kalten Winter vorstellen, fahren wir über den zugefrorenen See bis nach Velden ans gegenüberliegende Ufer (und wieder zurück).

Einen Reiseführer dieser Art würde ich mir für weitere Städte und Länder wünschen. Sehr liebevoll und informativ und witzig erzählt! Hat viel Spaß gemacht, ihn zu lesen!



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