Freitag, 6. Juli 2018

Was vom Tage übrig blieb. Monatsrückblick Juni 2018

Im Juni überschlugen sich förmlich die Ereignisse und es wurden Fakten geschaffen, von denen man glaubt, dass sie schon länger so existieren. Ich hatte zum Beispiel gedacht, dass der Machtwechsel in Spanien schon viel länger zurück liegt. Ähnliches gilt für die neue Regierung in Italien: die hat schon derart viel Schaum geschlagen und sich in Aktionismus geübt, dass man meinen könnte, sie wäre schon seit Monaten im Amt.

Aber um dem gegenzusteuern gibt es ja diesen Monatsrückblick.


Quelle: pixabay



Politik

In Spanien hat es gleich zwei wichtige Änderungen gegeben: einerseits wurde eine neue Regionalregierung in Katalonien angelobt. Hier gab es aber mit Quim Torra "nur" eine neue Person an der Regierungsspitze, weil Carles Puigdemont noch immer im Exil in Deutschland ist; an den parlamentarischen Verhältnissen oder gar an der politischen Linie hat sich nichts geändert. Immerhin ist die Zwangsverwaltung Kataloniens von Madrid aus jetzt Geschichte.

Die zweite gravierende Änderung gab es eben in Madrid. Dort wurde dem amtierenden Premier Mariano Rajoy die parlamentarische Stütze entzogen und statt dessen Pedro Sanchez (el guapo / der Schöne) auf den Schild gehoben. Das war allerdings mehr als nur ein Personentausch: denn damit kamen nach er konservativen Volkspartei wieder die Sozialdemokraten an die Macht. Und im Verhältnis zu Katalonien dürfte sich ebenfalls die Tonlage verändern. Immerhin wurden schon weitere Gespräche vereinbart.


In Italien fanden nach langem Hin und Her die beiden Parteien zusammen, die vor der Wahl die blumigsten Versprechen abgaben. Was es heißt, eine Regierung aus Populisten zu haben, hat sich schnell herausgestellt. Da dürfen Schiffe nicht mehr an Land, die im Mittelmeer Schiffbrüchige aufgesammelt haben. Da verschärft sich der Ton in der Politik bis zum Internetjargon. Besonders schlimm fand ich die offene Drohung mit Gewalt gegen politisch Andersdenkende durch Regierungsmitglieder: Der Mafiaaufdecker Roberto Saviano lebt seit Jahren unter Polizeischutz - aus gutem Grund. Allerdings hat er sich erlaubt, die jetzige Regierung zu kritisieren. Das kam gar nicht gut an. Innenminister Matteo Salvini stellte daraufhin ganz offen diesen Personenschutz in Frage. Das kommt der physischen, persönlichen Drohung gleich, die Hunde loszulassen. Letztklassig. Widerlich.


Präsident Trump machte wieder von sich reden. Erst unterschreibt er die gemeinsame Erklärung des G7-Treffens in Kanada; im Flugzeug dürfte er sich dann ein bisschen in Rage geredet haben, sodass er gleich aus nämlichem Flugzeug einen Tweet absetzte, in dem er sich von der gemeinsamen Erklärung lossagte. Später ist er dann noch über die anderen Teilnehmer hergezogen, speziell Justin Trudeau bekam sein Fett ab. Das Ganze in seinem üblichen Ton, der jeden Bierkutscher erblassen lässt.

Noch einmal Präsident Trump. Jetzt hat er die USA auch noch aus dem UNO-Menschenrechtsrat heraus genommen. Das Pariser Klima- und das Iran-Atomabkommen hat er bereits verlassen, NAFTA steht auf der Kippe, die NATO hat er auch schon in Frage gestellt, die WTO ist schon in Diskussion, G7 hat er gesprengt. Wo bleiben die USA überhaupt noch dabei? Ja, gut, in der UNO. Aber sonst fällt mir nicht mehr viel ein...

Nachdem die Frist Ende Juni abgelaufen war, heben die USA jetzt also erhöhte Zölle auf Stahl und Aluminium ein, auch wenn diese Produkte aus der EU kommen. Darauf reagierte die EU mit erhöhten Zöllen auf ganz bestimmte Produkte, die vor allem die Gegenden der Trump-Wähler treffen sollen. Es hat nicht lange gedauert, da hat Harley Davidson angekündigt, einige seiner Motorräder künftig nicht mehr in den USA zu produzieren, weil sie durch die neuen Zölle noch einmal teurer würden. Der Präsident "was not amused", um es einmal vorsichtig auszudrücken.

Es sind aber auch schon Zölle auf Autos im Gespräch und China wird überhaupt mit Zöllen überzogen. Da geht es aber dann nicht mehr um ein Volumen von 2,8 Mrd. Dollar sondern um etwa 200-300 Mrd. (in beide Richtungen). China hat also den Fehdehandschuh aufgenommen.

Und da war natürlich das historische Treffen mit Kim Jong Un, seinem neuen Freund. Was da nicht alles beschlossen wurde: Einstellung des nordkoreanischen Atomprogramms, Einstellung der US/Südkoreanischen Manöver und und und. Ob diese Versprechen wohl alle halten werden? Tatsache ist jedenfalls, dass Trump eine "Tür aufgemacht hat, an die seine Vorgänger nicht einmal angeklopft haben" (ich weiß leider nicht mehr, wo ich dieses Zitat her hab, aber es gefällt mir); und dass die Beziehungen auf Ministerebene weiter laufen. Dass dieses Treffen so gut verlaufen ist, ist sicherlich der äußerst sorgfältigen Vorbereitung Kim Jong Uns zu verdanken. Aber ob das alles für den Friedensnobelpreis für die beiden reichen wird? Mal sehen.


Weil wir schon bei Hitzköpfen sind: die gibt es auch auf dem Balkan. Da streiten Griechenland und die "Former Yugoslav Republic of Macedonia" (etwas sperrig als FYROM abgekürzt) seit Jahren über den Namen dieser Republik. Selbst würde sie sich am liebsten "Mazedonien" nennen, was irgendwie naheliegend ist. Aber Griechenland wehrt sich seit Jahren mit Händen und Füßen dagegen, weil es fürchtet, dass sie Gebietsansprüche an die gleichnamige griechische Provinz Makedonien stellen könnte. Eigenartige Logik, die außerhalb dieses Gebietes wahrscheinlich niemand versteht, aber so ist es eben. Immerhin haben sich die beiden auf einen neuen Namen geeinigt: "Nord-Mazedonien" soll sie in Zukunft heißen, wenn es nach den Regierungs-Chefs bzw. den Parlamenten geht. Wow, und dafür haben sie 25 Jahre gebraucht! Der "mazedonische" Päsident ist aber strikt dagegen und hat Widerstand angekündigt. Außerdem muss das Ganze noch durch eine Volksabstimmung. Kann also sein, dass diese schöne Lösung doch noch gekippt wird.


Die Schließung einiger Moscheen in Wien und die Ausweisung zahlreicher Prediger hat klarerweise etlichen Staub aufgewirbelt. Vorgeworfen wird den Vereinen, dass sie die Imame vom Ausland finanzieren lassen, was aber verboten ist. Etliche haben gegen ihre Ausweisung bzw. Schließung berufen und stecken noch in Behördenverfahren, aber bei einigen wird es doch dabei bleiben.
Der Zeitpunkt war vielleicht nicht ganz ideal, denn so kurz vor der türkischen Wahl konnte das nur bedeuten, dass Präsident Erdoğan von seinen Anhängern in Österreich noch mehr Stimmen bekommen würde.


In der Türkei gab es eben wieder einmal eine "Wahl", diesmal ging es aber ums Ganze. Der alte und neue Präsident ist jetzt auch noch Ministerpräsident und hat sich noch ein paar weitere Vollmachten gegönnt. Die Wahl ist zwar im Gesamtergebnis von 52,5% etwas knapp ausgefallen, die türkischen Gemeinden in Deutschland und Österreich haben aber mit weit mehr als 70% für ihn gestimmt.


Jetzt, wo Deutschland nicht mehr bei der Fußball-WM dabei ist (s. weiter unten) und die Wunden halbwegs vernarbt sind, ist endlich wieder Raum für das allereinzigste Problem, das diesem Land noch verblieben ist: die Migration. Die CSU hat den Konflikt mit der CDU und somit der Kanzlerin derart auf die Spitze getrieben, dass sogar von einer Trennung der Schwesterparteien CDU/CSU sowie einem Rücktritt von Horst Seehofer als Innenminister und somit einer Sprengung der Regierung die Rede war. Im letzten Moment haben sich die beiden auf einen halbgaren Kompromiss geeinigt; der dann noch von der SPD weiter verwässert wurde, denn die hat bei diesem  Thema als Regierungspartei ja auch noch ein Wort mitzureden. Die Frage ist nur, wie lange dieser Burgfriede halten wird. Denn im Herbst sind in Bayern Wahlen, da wird es davor noch einigen Aktionismus geben, und zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer ist einfach auch jede persönliche Basis zerstört, die können nicht mehr miteinander ("Ich kann mit dieser Frau nicht mehr arbeiten").

Einzelfälle

Der Geschäftsführer der einschlägigen Zeitschrift "Aula" ist in der Grazer FPÖ tätig. In der aktuellen Ausgabe ruft er darin zur Solidarität mit den Identitären auf, denen in Graz gerade der Prozess gemacht wird. Die Mitglieder dieser Identitären sind nicht die sonst üblichen Dumpfbacken aus den Bierzelten, die Auseinandersetzung mit ihnen ist also geistig weit anspruchsvoller, sodass der Ausgang des Prozesses sicherlich spannend wird.

Gesellschaft

Jetzt ist es auch in Österreich soweit. Durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes muss in Zukunft die Eintragung eines dritten Geschlechts ermöglicht werden. Bisher war es schon möglich, gar kein Geschlecht anzugeben; aber wenn doch, dann wurde nur m/w akzeptiert. Der VfGH hat sich nicht darauf festgelegt, wie dieses dritte Geschlecht zu benennen ist, er hat nur auf die ohnehin schon gängigen Bezeichnungen verwiesen. Diese Entscheidung ist sicherlich ein Durchbruch; seine Folgen könnten weitreichend sein: von Formularen und Dokumenten bis zu Datenbanken und Software und nicht zuletzt: Toiletten.


Saudi-Arabien erlebt unter dem neuen Kronprinzen eine sanfte Öffnung. Seit Ende Juni ist es nun Frauen offiziell erlaubt, selbst ein Auto zu steuern! Etwas, wofür die Frauen dort jahrzehntelang kämpfen mussten. Was wird als nächstes kommen? Gemeinsame Freibäder für Männlein und Weiblein? Abschaffung der SMS-Verständigung für den Mann, wenn seine Frau die Grenze überschreitet? Zu rasch wird es wohl nicht gehen, denn auch der Kronprinz muss auf die religiösen Hardliner Rücksicht nehmen, wenn er an der Macht und am Leben bleiben will.


Dass der Zugang zu Waffen in den USA relativ leicht ist, ist bekannt; die Folgen sind praktisch jede Woche in den Nachrichten nachzulesen. Es gibt aber schon diverse Hürden, um an eine Waffe zu kommen. Allerdings konnte man die in Florida ein Jahr lang umgehen, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Eine Beamtin, die den Hintergrundcheck der Antragsteller durchführen hätte sollen, hatte ihr Kennwort zu diesem System vergessen. Also hat sie den Check gleich ganz ausgelassen. Ganze 275.000 Anträge sind auf diese Art und Weise "bearbeitet" worden!

Chronik / Panorama

König Fußball regiert wieder! Die Weltmeisterschaft in Russland hat inzwischen bereits die Gruppenphase und das Achtelfinale abgeschlossen und ist bisher äußerst ruhig verlaufen, vor allem rund um die Stadien; da hätte ich mit mehr Radau gerechnet.

Auch von Doping hat man noch nicht sehr viel gehört. Obwohl es im Vorfeld einigen Wirbel gab, weil Russland dem anerkannten Dopingexperten der ARD kein Einreisevisum erteilte. Erst nach diplomatischer Intervention wurde es ausgestellt. Noch viel bedenklicher ist aber die Tatsache, dass Hajo Seppelt dennoch nicht nach Russland geflogen ist. Sämtliche Sicherheitsdienste Deutschlands haben ihm nämlich dringend von dieser Reise abgeraten: er würde ein uneinschätzbares persönliches Risiko eingehen!

Für den regierenden Weltmeister Deutschland war es natürlich besonders bitter, als Gruppenletzter bereits nach Hause fliegen zu müssen. Schwacher Trost vielleicht: die Niederlande und Italien waren gleich gar nicht dabei...


In Guatemala ist der Volcán de fuego (Feuervulkan, nomen est omen) ausgebrochen und hat die Umgebung mit einer dicken Schicht Asche überzogen. Erst kamen heiße Asche und Gase die steilen Hänge herunter; dann kam auch noch starker Regen dazu, der sich mit der Asche zu heißem Schlamm vermengte und so zu Tal rutschte. Zahlreiche Tote waren leider die Folge!


Eine Sternschnuppe der besonders großen Art gab es über dem südlichen Afrika (Botswana). Das Video in diesem Beitrag ist schon sehenswert!

Wie: Echt jetzt? Kurioses, Skurriles

In Salzburg ist ein Känguruh seinem Gehege entsprungen (wortwörtlich). Die Einsatzkräfte mussten die Feuerwehr anfordern, weil das Tier zu Fuß nicht zu erwischen war.


In Mainz gab es einen richtigen Geysir als Attraktion! Ein nahe gelegener Eissalon musste sogar seine Öffnungszeiten verlängern! Allerdings war das Vergnügen nur von kurzer Dauer...


In Griechenland wurde der ehemalige Leiter des Statistikamtes endgültig und rechtskräftig wegen "Pflichtverletzung" verurteilt. Die sah so aus, dass er verlangte, dass über Zahlen nicht mehr abgestimmt würde und dass halbwegs richtige und nicht frisierte an die EU-Stellen gemeldet würden. Das war genau zu der Zeit, als die Griechenland-Euro-Krise schön langsam immer heißer wurde. Man kann und will diese Geschichte eigentlich kaum glauben...

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