Montag, 30. April 2018

Was vom Tage übrig blieb. Monatsrückblick April 2018

Es hat sich wieder einiges getan in der Welt! Ich hoffe, es gibt heute eine kleine Pause an diesem Fenster-/Brücken-/Zwickeltag, sodass nicht eine wichtige Meldung verloren geht: denn dieser Fenstertag macht's möglich, dass ich schon am 30. April mit meinem Monatsrückblick fertig bin!


Quelle: pixabay



Politik

Der erste Versuch, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre einzusetzen, ist ja an Dilettantismus gescheitert. Jetzt, im zweiten Anlauf, hat es wie erwartet geklappt. Halte ich persönlich für höchst notwendig.


Auf Kuba wurde ein Generationswechsel an der Staatsspitze eingeleitet. Zwar nicht unbedingt dem Geiste nach, aber dem Alter. Denn der neue Präsident Miguel Diaz-Canel ist ein linientreuer Revolutionär. Ich denke, erst nach dem Tod von Raúl Castro wird sich in Kuba etwas ändern können - falls der Neue überhaupt die Absicht hat.


Auf dem Parteitag der SPD wurde nun formell beschlossen, dass Andrea Nahles deren neue Vorsitzende sein soll. Die Zustimmung von etwa zwei Dritteln der Delegierten war zwar etwas dünn - es gab eine Gegenkandidatin, die Stimmen kostete - aber ihre Euphorie ist ungebrochen. Mal sehen, wie es ihr weiter ergeht, die SPD könnte ein wenig ruhigeres Fahrwasser in der nächsten Zeit durchaus gebrauchen.


In Wien wurde in einer ATIB-Moschee die Schlacht um Gallipoli nachgestellt. Darsteller von Kämpfern und Toten waren allerdings Kinder - dementsprechend groß war die Aufregung. ATIB ist der Dachverband von ca. 60 türkischen Vereinen, untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet und ist an Weisungen der türkischen Botschaft gebunden.

Zufälligerweise gab es diese Gallipoli-Nachstellungen auch in Deutschland, allerdings gleich mal 80.


Derzeit sieht es ja ganz nach Entspannung zwischen Nord- und Südkorea aus. Der Diktator aus dem Norden kam sogar in den Süden und es gab eine herzerwärmende Umarmung mit dem Präsidenten des Südens - wer's glaubt. In der letzten Aprilwoche tauchten Berichte auf, dass das unterirdische Versuchsgelände in Nordkorea angeblich kollabierte, weil der eine oder andere Atomversuch doch zu heftig ausfiel. Auf Satellitenfotos soll ein Schlot zu sehen sein, der zwar inzwischen verschlossen ist, aus dem aber Radioaktivität ausgetreten sein soll.

Ich schätze mal, dass Kim Jong Un so lange etwas sanfter sein wird, bis die Anlagen wieder funktionsfähig sind, dann wird wieder mehr die alte Tonart zu hören sein.

Die Meldungen sind aber mit Vorsicht zu genießen, es gibt dazu unterschiedlichste Meinungen und nix Genaues weiß man nicht.

Einzelfälle

Der mehrfach einschlägig verurteilte Neonazi Gerd Honsik ist tot. Was Funktionäre der von so vielen Einzelfällen geplagten Partei aber nicht hinderte, auf facebook zu kondolieren.


Ein Mitarbeiter von Minister Norbert Hofer unterstützte auf facebook ein Gasthaus in Thüringen. Kein Problem, sollte man meinen. Der "Goldene Löwe" wird aber von Tommy Frenck betrieben, den der deutsche Verfassungsschutz als "Südthüringer Neonazi" bezeichnet. Dazu passt ins Bild, dass es in seiner Gaststätte am 20. April sämtliche Schnitzelgerichte um 8,88 EUR gibt.


Besonders hervorgetan hat sich ein Mitarbeiter im Burgenland, der aus Anlass des Wiener Marathons ein rassistisches Posting veröffentlichte. Das Posting war dann selbst der FPÖ zu steil und es wurde vom Netz genommen; es gibt aber noch einen screen shot davon, der im Beitrag des ORF zu sehen ist.


Gesellschaft

Egal, ob es jetzt 50 Millionen oder 87 Millionen facebook-User betrifft, deren Daten an Cambridge Analytica weitergegeben wurden: facebook schreibt ein Rekordergebnis nach dem anderen. Mark Zuckerberg erscheint vor dem US-Parlament, er wird nach Europa zitiert. Dort streut er jeweils ein wenig Asche auf sein Haupt, zerdrückt ein paar Krokodilstränen, gelobt Besserung und die Geschäfte und Machenschaften laufen unverändert weiter.

Viele große Firmen kennen seit mehr als einem Jahr praktisch nur noch ein Thema: die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie verpflichtet jeden, der personenbezogene Daten elektronisch verarbeitet, diese einerseits zu schützen und umfangreiche technische und organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Weiters sind verpflichtend Fristen einzuhalten, nach denen der Zugriff auf solche Daten eingeschränkt und diese in weiterer Folge auch zu löschen sind. Neu sind vor allem die Strafen, die ins Haus stehen: Je nach Delikt können 20 Mio EUR oder 4% des Jahresumsatzes verhängt werden, je nachdem, welcher Betrag der größere ist. Das kann für manche Unternehmen durchaus existenzbedrohend sein.

Nicht so in Österreich. In einer Nacht- und Nebelaktion (am 20. April, was für ein Datum!) wurden öffentliche Einrichtungen ausgenommen und auch den Strafdrohungen weitgehend die Zähne gezogen. Jetzt wird ermahnt und erst dann gestraft. Diese Regelungen werden vor EU-Gerichten wahrscheinlich nicht halten, aber bis da eine Entscheidung getroffen ist, vergehen Jahre. Und um diesen Zeitgewinn dürfte es vor allem gehen. Der Großteil der mittleren und kleineren Unternehmen hat von einer DSGVO bisher noch nichts gehört oder sie einfach ignoriert oder deren Auswirkungen unterschätzt.

Dafür, dass unabhängigen Datenschutz-Organisationen (zB Max Schrems) die Arbeit de facto unmöglich gemacht wird, mache ich eine gewisse Orbánisierung verantwortlich, die derzeit bei uns um sich greift. Das unterstelle ich jetzt einfach einmal so, es gibt aber "stichhaltige Gerüchte".

Diese ganze Geschichte ist nebstbei auch ein Armutszeugnis für die österreichische Medienlandschaft. Denn die ersten, die darüber berichtet hatten, waren deutsche Medien (heise, ARD, FAZ, ...). Hierzulande hat man weitere zwei Tage gebraucht, bis es in den Redaktionen angekommen ist, und selbst dann hat der Standard nur den heise-Artikel zitiert. Der ORF kam am Mittwoch damit heraus.

Am 25. Mai 2018 wird sie jedenfalls wirksam, diese DSGVO.

Weitere Highlights dieses 20. Aprils: Ende der anonymen SIM-Karten und vor allem der Bundestrojaner; dh. Installation von Spionagesoftware auf Computern oder smartphones auf Anordnung von Gerichten.



Bei manchen Themen kann ich mich nicht entscheiden, ob ich sie unter Politik oder Gesellschaft einreihen soll. So auch bei diesem. Ich bleib diesmal bei Gesellschaft, vor allem weil es nahtlos an die Orbánisierung anschließt.

Norbert Steger möchte nämlich dem ORF die Auslandskorrespondenten streichen, wenn sie nicht "unabhängiger" berichten; was von allen so verstanden wurde, als was es gemeint war, als offene Drohung nämlich. Dazu muss man wissen, dass Norbert Steger im Zuge der türkis-blauen Umfärbungen neuer Vorsitzender im ORF-Stiftungsrat werden soll. Vor 35 Jahren war er schon einmal Vizekanzler dieser Republik. Damals war er noch ein Liberaler, zumindest an den Maßstäben seiner Partei gemessen.


Chronik / Panorama

Einer der ganz großen Filmemacher des 20. Jahrhunderts ist gestorben: Milos Forman. Er emigrierte nicht freiwillig in die USA, sondern seine tschechische Heimat ließ ihn nach einem Paris-Aufenthalt einfach nicht mehr einreisen. Was-wäre-wenn ist natürlich immer so eine Sache. Aber ich behaupte einmal, dass seine Filme "Einer flog über das Kuckucksnest" oder "Amadeus" in der CSSR nicht entstehen hätten können. Die Welt wäre zumindest um diese beiden Meisterwerke ärmer!


China wollte Deutschland ein Geschenk machen und schickte eine 4,5m hohe Karl Marx-Statue. Weimar hat dankend abgelehnt, aber in Trier, seiner Geburtsstadt, fand sich doch noch ein Plätzchen. Anlass ist der kommende 200. Geburtstag des Philosophen am 5. Mai

Wie: Echt jetzt? Kurioses, Skurriles

Diese Meldung könnte/sollte auch in der Rubrik Politik oder Gesellschaft erscheinen, ich hab mich aber dann doch für diese entschieden.

In Bayern müssen nämlich ab jetzt wieder Kreuze aufgehängt werden! Die Räumlichkeiten von Behörden machen damit wieder auf das "christliche Erbe" des Abendlandes aufmerksam.

Für den Postillon war das natürlich ein gefundenes Fressen! Gleich fünf Meldungen widmete er dieser Geschichte. Mir persönlich gefällt die am besten, dass die Beamten in Bayern jeden Satz wieder mit "Amen" abschließen müssen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen