Donnerstag, 5. Februar 2015

Alejandro González Iñáritu: Birdman

Dieser Film ist bei den kommenden Oscar-Verleihung gleich für neun Preise nominiert, darunter in den wichtigsten Kategorien. Da ich von diesem Regisseur schon einiges Gutes gesehen habe (21 Gramm, amores perros), der Film in den diversen Kritiken super beschrieben wird, und ich eh schon länger nicht mehr im Kino war, war dieser Film also praktisch ein Muss. Martin, Philip und ich haben ihn uns angesehen.





Die eigentliche Handlung ist in der Wiki-Beschreibung schon ganz gut wiedergegeben.

Im Kern behandelt der Film die Gemeinsamkeiten bzw. die Gegensätze der beiden Medien Theater und Film, bzw. was passiert, wenn diese beiden Welten aufeinander prallen.

  • Mit dem Film erreicht man normalerweise ein Millionenpublikum, vor allem wenn es sich um Blockbuster wie Batman oder "Birdman" handelt. Da kann ein Theaterstück noch so lange auf dem Spielplan stehen: so viele Menschen wird es nie und nimmer erreichen.
  • Bei Blockbustern wie "Birdman" ist das Schauspiel nicht so wichtig; da zählen Action, schneller Schnitt, auch die Handlung muss nicht so ausgefeilt sein.
  • Im Film gibt es schnelle Schnitte, im Theater gibt es höchstens Verwandlungen und Akte, die das Stück etwas unterteilen. Ansonsten ist auf der Bühne ein gewisses zeitliches Kontinuum gegeben.
  • So ein Broadway-Theater wird von einigen wenigen Personen finanziert; es ist auf gute Kritiken und Erfolg angewiesen, andernfalls wird es das Theater nicht mehr lange geben. Ein großes Filmstudio hat einen langen finanziellen Atem, das verkraftet auch einmal den einen oder anderen Flop.
  • Die Dreharbeiten sind in wenigen Wochen erledigt, die folgende Fertigstellung dauert dann noch einmal ein paar Monate, aber jedenfalls ist ein Ende abzusehen. Zumindest sind die Schauspieler nur eine relativ kurze Zeit mit einem Film gebunden. Beim Theater müssen die Darsteller Abend für Abend das gleiche Stück geben, und das möglicherweise über viele Monate oder gar Jahre hinweg.

Alle diese Aspekte werden in diesem Film wirklich gut aufbereitet. Vor allem was das Schauspiel der beiden Hauptdarsteller betrifft, wurde hier nicht gespart - erste Sahne! Blockbuster-Darsteller trifft auf erfolgreichen Broadway-Schauspieler: da sind Konflikte vorprogrammiert, und die leben sie im Film auch richtig aus.
Aber auch die weitere Darstellerriege ist nicht ohne, ich möchte da gar niemanden besonders hervorheben!

Ein besonderer Gag der Besetzung ist natürlich, dass Michael Keaton im wirklichen Leben vor 20 Jahren tatsächlich den Batman gegeben hat und danach nicht mehr wirklich in Erscheinung getreten ist.

Ebenfalls sehr gut eingefangen ist die zeitliche Einheit, die in einem Theater herrscht: der gesamte Film macht den Eindruck, als wäre er in einem Stück gedreht! Es gibt keine harten Schnitte, wenn es vielleicht doch einmal einen Schnitt gibt, dann ist er durch einen sanften Übergang maskiert - sehr beeindruckend! Emmanuel Lubezki hat übrigens auch schon bei Gravity die Kamera geführt; sicher kein Zufall, dass er hier wieder eingesetzt wird!

Auch das Drumherum des Theaterbetriebs ist toll eingefangen: vom Produzenten, über die Garderoben bis hin zur Kritikerin der New York Times, von der das Wohl und Wehe dieser Produktion abzuhängen scheint. In einer wichtigen Szene macht sie Riggan mit aller ihr zur Verfügung stehenden Arroganz klar, dass er als abgehalfteter Blockbuster-Film-Schnösel in der edlen Theaterwelt des Broadway nicht willkommen ist. Sie wird daher das Stück in ihrer demnächst erscheinenden Kritik zerreissen, ohne es überhaupt gesehen zu haben.

Insgesamt also beste Voraussetzungen für einen äußerst gelungenen Kinoabend.

Aber dennoch. Der Film hat bei mir auf eine erstaunliche Art eine gewisse Leere hinterlassen; der letzte Funke wollte nicht so richtig überspringen. Er hat mich nicht so gepackt wie etwa "21 Gramm". Ich kann es nicht wirklich beschreiben. Vielleicht hilft ein Vergleich aus der Küche: mir hat etwas Salz in der Suppe gefehlt; der Pepp, der den Gaumen zum Jubeln bringt.

Egal: das ist Gejammere auf hohem Niveau. Hingehen, anschauen!

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