Sonntag, 14. April 2013

"Liliom" im Burgtheater

Gestern sahen wir im Burgtheater "Liliom" von Franz Molnar. Leider schon die letzten Veranstaltung in dieser Abo-Saison. Und um es kurz zu machen: es war eine würdige Abschlussvorstellung!

Der Inhalt ist im Wikipedia-Artikel recht gut beschrieben, seine Ausführung erspar ich mir an dieser Stelle.

Die Inszenierung ist insgesamt sehr gelungen: schönes Bühnenbild, die Drehbühne ist wirkungsvoll eingesetzt: einerseits natürlich für Szenenwechsel, andererseits aber für die Veranschaulichung von Zeit. Während zum Beispiel Liliom im Fegefeuer schmort, dreht sich die Bühne und zeigt, was die Hinterbliebenen in dieser Zeit so erleben. Sie hält, sobald Julie und ihre gemeinsame Tochter Luise im Vordergrund erscheinen.

Der Originalschauplatz ist das Budapester Stadtwäldchen, in der deutschen Übersetzung von Alfred Polgar spielt die Handlung im Wiener Prater. Es ist üblich, den Schauplatz in den jeweiligen Rummelplatz zu verlegen, in dessen Stadt die Aufführung stattfindet; in Wien also im Prater. Insofern kommt in der aktuellen Inszenierung der Lokalkolorit leider nur zum Teil rüber. Einerseits sind die Rollen des Liliom und der Frau Muskat gut besetzt, das gleiche gilt auch für die köstliche Landpomeranze Marie. Die Hauptrolle Julie spricht leider nicht wienerischen Akzent ebensowenig der Strizzi Ficsur, der insgesamt etwas farblos wirkt.
Mag sein, dass meine Einschätzung etwas chauvinistisch klingt, aber ich hab halt noch die Inszenierung des Burgtheaters von 1963 (siehe Wiki-Artikel) dunkel in Erinnerung, die ich als Jugendlicher einst im Fernsehen sehen konnte, und die eben authentisch wienerisch besetzt war.
Umgekehrt glaube ich aber auch, dass ein Wiener Schauspieler nicht wirklich und echt den Hauptmann von Köpenick spielen kann. Aber was soll man machen: man möchte dieses Stück zwar überall spielen, aber man hat eben nicht überall Berliner Schauspieler zur Verfügung.

Hauptthema des Stückes ist die unausgesprochene Liebe zwischen Liliom und Julie bzw. die Unfähigkeit der beiden, sich gegenseitig diese Liebe einzugestehen. Liliom erfährt zB. gerade, dass er Vater wird, führt einen Freudentanz deswegen auf, aber nur, wenn er allein ist. Sobald Julie dazu kommt, ist er wieder der gleiche Macho wie vorher, der nicht zögert, seine geliebte Frau zu schlagen.

Apropos schlagen, das eine große Rolle in diesem Stück spielt.. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht (hoffentlich nicht). Aber die Aussagen von Julie wie "die Schläge haben ja gar nicht weh getan, weil ich weiß, dass er mich liebt" kann ich nicht so recht nachvollziehen. Schläge bleiben Schläge, Punkt. Es gibt glaube ich genug Gewalt in der Familie, die muss man nicht auch noch verharmlosen oder klein reden. Meiner Meinung nach ist die Rolle von Julie nahe dran am Stockholm-Syndrom.

Sei es wie es sei, so ist das Stück nun einmal.

Wer einen gelungenen Theaterabend erleben möchte, dem kann dich die Aufführung im Burgtheater durchaus ans Herz legen!




1 Kommentar:

  1. Die Verharmlosung von Schlägen finde ich auch sehr bedenklich.

    Witzig, im nachhinein betrachtet war ich (unbeabsichtigt) im März mit Angelika und Philip auf den Spuren Molnárs unterwegs:
    Ihr Hotel war nur ein paar zig meter vom vígszínház (Komödientheater) entfernt, in dem die Uraufführung stattfand, wir waren gemeinsam im Café New York, in dem er Liliom geschrieben hat und wir waren im város liget (Stadtwäldchen), in dem das Ganze im Original spielt.

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