Freitag, 26. Oktober 2012

"Elektra" im Burgtheater

Heute Abend gab es im Burgtheater "Elektra" von Hugo von Hofmannsthal.
Wir hatten das Stück noch nie vorher gesehen, es wird eher selten gespielt. Viel bekannter dürfte die Oper "Elektra" von Richard Strauss sein, die auf dem Hofmannsthal'schen Stück basiert. Der Inhalt der Oper ist - nahe liegender Weise - fast identisch mit dem des Stückes.



Es war eine sehr minimalistische Inszenierung, die wir da zu sehen bekamen; die Bühne bestand nur aus einem schmalen Holzrahmen, ca. 2m über dem Boden schwebend, in dem gerade einmal zwei Personen nebeneinander Platz hatten (s. Bilder auf der Burtheater-Seite). Ein Gang hinter diesem Holzrahmen führte in das Innere des Palastes. Elektra war ständig auf der Bühne, die anderen Personen traten nach und nach über diesen Gang auf bzw. traten wieder ab; es waren nie mehr als zwei Personen gleichzeitig zu sehen. Ich interpretiere diesen Holzrahmen als Fenster, Tor, Balkon oder Mauerspalt, eine kleine Öffnung zur Außenwelt im ansonsten nach draußen abgeschlossenen Palast. Erst nach dem Tod der Mutter, der von Elektra als Befreiung empfunden wird, kann sie diesen Rahmen und somit den Palast verlassen.

Dieser Minimalismus geht meiner Meinung nach auch in Ordnung, denn das Stück lebt im wesentlichen von den Dialogen, die man sich auch ohne weitere Requisiten erzählen kann. Etwas seltsam war die Besetzung und Ausstattung des Orest: unserer Meinung nach viel zu alt im Vergleich zu Elektra; und warum er nur mit Hemd, Sakko und Unterhose auf die Bühne kam, wird uns ewig ein Rätsel bleiben.
Dezent untermalt wurde die Inszenierung von einer Komposition von soap&skin, nur bei der Ermordung der Mutter wurde schon ziemlich ohrenbetäubend eingespielt.
[soap&skin hatte im Sommer 2010 einen ziemlich skurrilen und einsilbigen Auftritt bei "Willkommen Österreich" - aber das ist eine andere Geschichte]

Getragen wurde dieses textlastige Stück - es dauerte übrigens nur 75 Minuten - von einem wirklich starken Dreier-Damengespann (die beiden Herren haben nur sehr kurze Auftritte). Insofern hätte meinem Gefühl nach der Applaus durchaus ein wenig kräftiger ausfallen können. Die diversen Kritiken in den Zeitungen waren etwas durchwachsen (teilweise kritisch der Standard, eher neutral bis wohlwollend die FAZ, sehr wohlwollend die Wiener Zeitung), das heutige Publikum dürfte eher so in der Mitte gelegen sein.

Empfehlung? Ja, aber: Den Minimalismus muss man mögen und reine Dialoge ohne unterstützende Handlungen oder Requisiten erfordern etwas Konzentration...

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