Samstag, 4. März 2017

Sinclair Lewis: It can't happen here ★★★★☆

Sinclair Lewis: It can't happen here 


Cover: feedbooks.com


Vor etwa einem Jahr begann der rasante politische Aufstieg Donald Trumps. Bereits im Vorwahlkampf der Republikaner dachten viele in Europa (so auch ich), dass er die Vorwahlen nicht überstehen würde und dass "so etwas" dort nicht geschehen kann. Doch, er hat sie überstanden, die Republikaner haben ihn sogar als Kandidaten nominiert und letztendlich ist er sogar gewählt worden. Wir kennen die Geschichte zur Genüge.

Schon damals im Vorwahlkampf wurde immer wieder Sinclair Lewis' Roman "It Can't Happen Here" erwähnt. Die Nennungen wurden immer häufiger je näher der Wahltermin rückte. Jetzt, nach der Inauguration, war ich neugierig genug gemacht, ich musste dieses Buch lesen.

Und tatsächlich: man kann dieses Buch nicht lesen, ohne bei jedem Satz an Donald Trump zu denken; zumindest im ersten Drittel.

Schade, dass es dieses Buch nicht in deutscher Übersetzung gibt. Vielleicht findet sich ja aus aktuellem Anlass jetzt ein Verlag, der es übersetzen lässt; es hätte es sich verdient.

Geschrieben wurde es 1935 unter dem Eindruck der Entwicklungen in Deutschland und Italien. Sinclair Lewis (übrigens der erste US-Autor, der den Literaturnobelpreis bekam) wollte der allgemeinen Meinung "it can't happen here" dagegenhalten, dass ein solches Szenario durchaus auch in den USA möglich ist. Wie leicht das geht, sollte sein Roman zeigen.

Eine recht ausführliche Inhaltsangabe findet sich auf der Wikipedia - leider auch nur auf englisch. Ich werde daher eine ganz grobe auf deutsch liefern.

Doremus Jessup ist ein Herausgeber einer liberalen Zeitung in Vermont. Buzz Windrip ist Kandidat der Demokraten (!) und ist wegen seiner einfachen Antworten sehr populär (jeder bekommt 5.000$ pro Jahr, wir machen Amerika wieder stark, wir konzentrieren uns auf den Binnenhandel, Mexiko ist der Feind, die liberale Presse gehört gezügelt, Kampf dem Establishment, der einfache Mann bleibt auf der Streck etc.). Er ist ein begnadeter Redner, der sein Publikum zu fesseln weiß; und mehrere Prediger, die das neue Medium Radio genial zu nutzen wissen, sind sein Sprachrohr. Um seinen Argumenten Nachdruck zu verleihen, hält er sich eine Schlägertruppe, genannt Minute Men (MM, etwa wie die SA in Deutschland).

Hier enden die Analogien zu Donald Trump allerdings. Man kann über ihn viel sagen, aber Schlägertruppen hält er nicht. Andere starke Männer in der Türkei, in Russland oder auf den Philippinen sind da schon ein paar Schritte weiter.

Nach seiner Wahl werden die MM sofort mit Waffen der Armee ausgestattet, es entstehen die ersten Arbeits- und Konzentrationslager und es herrscht der gnadenlose Geist "wer nicht für uns ist, ist gegen uns"; dementsprechend rasch füllen sich die Lager. Missliebige werden wahllos inhaftiert oder gleich an Ort und Stelle liquidiert; es gibt Schnell-Prozesse und so weiter. In Wirklichkeit erfüllt Windrip damit bloß seine Wahlversprechen, nichts anderes hat er angekündigt; er erfüllt eigentlich alle, bis auf das mit den 5.000$.

Einigen Politikern gelingt die Flucht nach Kanada und sie versuchen von dort aus, Widerstand und weitere Fluchtmöglichkeiten zu organisieren. Auch Doremus Jessup ist anfangs erfolgreich darin, aber letztlich landet er doch im Konzetrationslager. Nach sechs Monaten gelingt es seiner Tochter, einen Wächter zu bestechen, der ihn frei lässt. Er kann sich bis Kanada durchschlagen, wo er auf die Exil-Widerständler trifft und sich ihnen anschließt.

Windrip wird von seinem Vize gestürzt und ins Exil nach Frankreich geschickt. Aber auch sein Vize wird in einem Putsch erschossen und ein General übernimmt das Kommando. Das Land versinkt im Bürgerkrieg.

Der Roman schließt mit einem offenen Ende. Doremus Jessup wird nach Minnesota geschickt, um dort den Widerstand zu organisieren.

Der Roman ist sehr interessant und fesselnd geschrieben, zeitweise witzig bis hin zu zynisch. Kann durchaus sein, dass ich nächster Zeit weitere Bücher von Sinclair Lewis lesen werde!

* * * * * * *

Einen ähnlich gelagerten Roman gibt es auch von Philip Roth: "Verschwörung gegen Amerika". Dort ist die zentrale Figur der Flugpionier Charles Lindbergh, der im wirklichen Leben tatsächlich Fan des deutschen NS-Regimes war. Es ist schon einige Zeit her, dass ich diesen Roman gelesen habe; ich habe ihn aber in sehr guter Erinnerung und kann ihn uneingeschränkt empfehlen!

1 Kommentar:

  1. Sehr interessant! Ist schon auf meiner to-read Liste!

    @ Demokraten (!)
    Die Demokraten und Republikaner haben in den letzten ~100 Jahren in vielen Themen die Rollen getauscht. Z.B. War Lincoln, der sich für die Rechte der schwarzen Bevölkerung einsetzte Republikaner, heute wäre er sicher Demokrat. Ich weiß nicht genau, wann sich dieser Wechsel vollzogen hat, aber es könnte sein, dass mit Buzz Windrip die politische Meinung verkörpert wird, die heute eher von Republikanern gehalten wird.

    KTH

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