Donnerstag, 5. Januar 2017

"Hexenjagd" im Burgtheater

Die erste Vorstellung im Burgtheater im neuen Jahr!

Naja, es gab da ein paar Vorzeichen zu diesem Termin, die uns irgendwie skeptisch in die Vorstellung gehen ließen.
Da war einmal die lange Dauer: Dreieinhalb Stunden brutto (eine Pause). Und da war dann noch die Kritik in der Presse, in der von Längen die Rede war, dass Zuschauer deshalb eingeschlafen wären und Ähnlichem mehr.

Wir machten uns auf das Schlimmste gefasst und hatten die Flucht in der Pause bereits eingeplant.

Seltsame Ohnmachtsanfälle? Da können nur Satan und seine Hexen dahinter stecken!
[Quelle: Burgtheater / Reinhard Werner]



"Hexenjagd" von Arthur Miller basiert auf wahren Tatsachen. In Salem (Massachusets) kam es 1692 tatsächlich zu Hexenprozessen, bei denen zahlreiche Einwohner der Hexerei beschuldigt und 20 tatsächlich hingerichtet wurden. Miller verwendet sogar historische Namen; und so war es damals als auch im Stück vor allem Abigail Williams, die durch ihre falschen Anschuldigungen einen ganzen Ort ins Unglück stürzte.
Nur das kurze Techtelmechtel von Abigail und dem Farmer Proctor hat es historisch nicht gegeben, das ist ein dramaturgischer Kunstgriff Arthur Millers, allerdings ein wichtiger. Vor Gericht hat Proctor seinen Ehebruch bereits gestanden; als dann aber seine Frau in den Saal geholt und zu eben diesem Verhältnis befragt wird, versuscht sie, ihn zu schützen, indem sie dieses Verhältnis wider besseres Wissen verleugnet. Hat ein wenig Ähnlichkeit zum klassisches Gefangenen-Dilemma, hier leider mit schlechtem Ende.

Die puritanischen Siedler brachten also nicht nur ihre Religion und ihre Vorstellung eines gesellschaftlichen Zusammenlebens aus Europa mit, sondern auch sexuelle Verklemmung sowie den Glauben an Satan, Hexen, deren Umtriebe und wie man damit umzugehen hat - mit Hexenprozessen eben.

Wenn dann ein paar Mädchen nackt im Wald tanzen und dabei vom Pastor überrascht werden; wenn dieser Pastor wegen seiner Geldgier ohnedies einen schweren Stand in der Gemeinde hat; wenn es schon Unstimmigkeiten und alte Rechnungen untereinander gibt; wenn die Mädchen erkennen, dass sie andere bloß durch das Zauberwort "Hexe" in ärgste Bedrängnis bringen und so von ihren Tänzen im Wald ablenken können; wenn dann ein zynischer und selbstgefälliger Gouverneur als Richter auftritt, der auch dann noch auf den Hinrichtungen besteht, als er selbst bereits die Ungerechtigkeit einsieht: Dann nimmt das Unheil eben seinen Lauf.

Zurück bleiben leere Höfe, allein gelassene Haustiere, nicht bewirtschaftete Felder, ein zerrüttetes Sozialgefüge und vor allem verlassene und herumstreunende Waisen.

Und jetzt nocheinmal zur eingangs erwähnten Kritik in der Presse. So gut sie zunächst auch beginnt: aber Längen konnten wir nicht feststellen und eingeschlafen ist auch niemand. Dazu war auch gar keine Gelegenheit, denn diese drei Stunden Spielzeit vergingen wie im Flug. Dafür ist das Stück zu gut aufgebaut, zu spannend und zu interessant; und dafür ist die schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles einfach zu gut! Da gab es etliche Momente, bei denen es muxmäuschenstill im Saal war.

Insgesamt also ein total interessanter und spannender Theaterabend. Der lange Schlussapplaus war eine verdiente Belohnung für diese tolle Gesamtleistung!

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