Dienstag, 15. Dezember 2015

Simon Urban: Gondwana ★★★★☆

Simon Urban: Gondwana 


Cover: Schöffling Verlag

Die vier großen Weltreligionen Katholizismus, Protestantismus, Islam und Judentum haben sich zusammengeschlossen. Das religiöse und spirituelle Zentrum liegt auf der Pazifikinsel Gondwana. Hier leben nur komplett überzeugte Anhänger, dafür aber völlig friedlich nebeneinander.

Bis einer der vier Oberrepräsentanten ermordet wird. 

In zwei Tagen soll aber der religiöse Höhepunkt stattfinden, bei dem sich einmal im Jahr alle vier der jubelnden Menge zeigen. Wenn dann einer dieser Quadriga fehlen würde, würde das der Menge sicherlich ungut auffallen.

Die religiöse Oberaufsicht in Lyon schickt also ihren versiertesten Ermittler auf die Insel, um den Mord zu klären. Platon Ahorn, so sein Name, ist aber ein atheistisches, zynisches Ekelpack, das den restlichen drei Oberen das Leben in diesem himmlischen Paradies auf Erden zur Hölle macht. Da prallen Welten aufeinander!
In dieser vereinigten Religion gelten leider sämtliche Gebote und vor allem Verbote der vier Ursprungsreligionen - und zwar für alle, und da sind immerhin fast vier Milliarden Menschen betroffen. Das bedeutet etwa für Frauen nix Gutes: sie müssen ständig vollkommen verschleiert unterwegs sein, dürfen im Bus nur die hinteren Reihen besetzen und haben auch sonst nur wenige Rechte. Fleisch und Alkohol sind streng verboten, und was es halt sonst noch so an Verboten gibt. Die Überwachung durch Kameras ist total, es herrscht Gesinnungsterror allerorten à la Calvin, Rousseau, Robespierre oder Cromwell.

Platon Ahorn macht das den drei Oberen ständig zum Vorwurf, was die drei natürlich ebenso ständig auf die Palme bringt. Im Laufe des Romans werden so ziemlich alle Argumente gegen Religion an sich und die vier Glaubensgemeinschaften im speziellen angeführt; das Buch ist also auch gewissermaßen ein Nachschlagewerk und Argumentationsstütze in dieser Beziehung.

Der Roman ist reich an Wendungen, an zentraler Stelle leider etwas zu überdreht - weniger wäre hier mehr gewesen. Die durch Drogen induzierte Schizophrenie einer Hauptperson macht es dem Leser ziemlich schwer, etwa in der Mitte des Buches der Handlung zu folgen.
Außerdem hat die Geschichte einen gravierenden Logik- und Dramaturgiefehler rund um die Frage "Wer kennt die Mitglieder der Quadriga und warum?"

Ich hab daher lange überlegt, ob ich hier nur drei oder doch vier Sterne vergeben soll; aber der Roman liegt sicherlich über dem Durchschnitt, daher doch die vier Sterne.





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