Mittwoch, 23. Dezember 2015

Ian McEwan: Amsterdam ★★★★☆

Ian McEwan: Amsterdam 


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Clive und Vernon sind seit vielen Jahren befreundet; der Anlass ihres Treffens diesmal ist allerding traurig: ihre gemeinsame Freundin Molly ist tot. Mitten aus dem Leben gerissen, dämmerte sie noch einige Zeit in ihrem Bett dahin, streng bewacht und abgeschirmt durch ihren krankhaft eifersüchtigen Mann George.
Die Eifersucht war nicht ganz unbegründet: Clive und Vernon sind nur zwei ehemalige Liebhaber Mollys, weitere sind ebenfalls zur Beerdigung erschienen, darunter der derzeitige Außenminister.

Dieses Ende hat Molly nicht verdient, da sind sich die beiden einig. Sie selbst hätte sicher ein schnelles Ende bevorzugt als wochenlang unter der Fuchtel von George hilflos ans Bett gefesselt zu sein. Clive und Vernon versprechen daher einander, den anderen rechtzeitig bei der Sterbehilfe zu unterstützen.

In Amsterdam soll es ja Ärzte geben, die die dort geltenden einschlägigen Gesetze bis an den Rand der Legalität ausreizen.



Vernon ist Chefredakteur einer Zeitung, deren Auflage im Sinkflug liegt. Pikante Fotos aus der Vergangenheit des ohnehin verhassten Außenministers sollen sie wieder in die Höhe treiben. Clive allerdings rät ihm davon ab, bei einem Treffen kommt es deswegen zu einem ersten Zerwürfnis.

Clive plagt sich inzwischen mit dem letzten Satz seiner Milleniums-Symphonie ab; die Idee will und will sich nicht so recht einstellen. Das Concertgebouw-Orchester wird bereits nervös, weil wenige Tage vor der Uraufführung noch immer keine vollständige Partitur vorliegt. Clive versucht, bei einer Wanderung in den Bergen die rechte Inspiritation zu finden. Dabei macht er aus einem Versteck heraus zufällig die Beobachtung, wie ein Wanderer eine Frau bedrängt. Clive beschließt aber, sich ruhig zu verhalten, nicht einzugreifen und auch nicht zur Polizei zu gehen. Selbst dann nicht, als sich herausstellt, dass der Mann offenbar ein gesuchter Serientäter sein dürfte. Dieses Verhalten wiederum versteht nun Vernon nicht, und so kommt es zum nächsten Streit zwischen den beiden.

Clive reist nach Amsterdam zu den Proben seiner Symphonie. Vernon, der sich ebenfalls in Amsterdam aufhält, trifft ihn in der Hotel-Lobby, und die beiden beschließen, ihre alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen und die albernen Streitereien zu vergessen. Die Versöhnung soll mit einem Glas Champagner besiegelt werden.

Der Roman beginnt etwas langsam, steigert sich aber so nach und nach. Besonders gelungen fand ich die Schilderungen der Szenen in der Redaktion und den Umgang der Familie des Außenministers mit den kompromittierenden Fotos aus dessen Vergangenheit. Streckenweise sehr witzig und satirisch geschrieben, sprachlich wieder auf gewohnt hohem McEwan-Niveau!

1 Kommentar:

  1. Hab es gestern Abend fertig gelesen. Sehr empfehlenswert und überraschend kurz(-weilig). Abgesehen von der Handlung haben mir besonders die Beschreibungen des Komponierens und der Musik gefallen. Ich würde mir die Symphonie jetzt so gern anhören können. - KTH

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